“Unterworfene Völker massenhaft Frondienst, insbesondere um öffentliche Bauten zu erstellen, aber auch bei anderen öffentlichen Arbeiten”

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Wie sah der Frondienst in der Welt des Feudalismus aus? Der Frondienst war eine zentrale Institution im feudalen System und prägte das Leben vieler Menschen. Insbesondere Kontext der heutigen Zeit – mit verpflichtenden Beschäftigungsmaßnahme und einer Dienstpflicht – stellt sich die Frage, wie genau dieser Frondienst eigentlich aussah?

“Etwa 90 Prozent der abhängigen Bevölkerung”  – “Form der Dreiviertel-Sklaverei eines ganzen Volkes”

>>Karl der Große: Die Korrektur eines Mythos von Rolf Bergmeier (Buch) <<

“Der weltliche Feudalismus tritt nicht weniger anspruchsvoll auf. Er muss zwar die Balance zwischen König und Aristokratie aushalten, aber räumt dem Volk aus Unfreien, die an Grundherrn und Boden gebunden sind, unentgeltliche Frondienste und Abgaben zu leisten haben, kein Eigentum an Grund und Boden und keine politischen Rechte besitzen und deren Kinder wieder als Unfreie geboren werden, keinerlei verbriefte Mitsprache ein. Der Frondienst für den Grundherrn beträgt »zwei Wochen Feldarbeit im Herbst, zwei Wochen im Vorfrühling, zwei Wochen im Juni, je Woche an fünf Tagen«, und die Arbeit verlangt im Regelfall Zugtiere. Wer kein »taugliches Pflugvieh« hat, muss »mit dem Grabscheit« (Spaten) das Feld bestellen. Das äußere Zeichen der Unfreien ist das geschorene Haupt und das enge, kurze Gewand, der »Bauernkittel«. Der Historiker FRIEDRICH PRINZ umschreibt diese Form der Dreiviertel-Sklaverei eines ganzen Volkes nebelhaft mit »organisatorischer Verortung« von »etwa 90 Prozent der abhängigen Bevölkerung«. KARL MARX spricht von Ausbeutung.”

“Volk aus Unfreien, die an Grundherrn und Boden gebunden sind, unentgeltliche Frondienste und Abgaben zu leisten haben”

Im Mittelalter waren die Unfreien an ihre Gutsherren und den Boden gebunden. Sie mussten unentgeltliche Frondienste und Abgaben leisten, hatten jedoch kein Eigentum an Grundbesitz oder politische Rechte. Dadurch wurden sie zu einer Art Arbeitskraft für ihre Herren, ohne selbst über ihr Schicksal bestimmen zu können. Teilweise waren diese noch schlechter als Sklaven gestellt.

“Sklave war somit gesetzlich geschützt vor schneller Tötung mit Vorsatz”

>>Weltgeschichte der Sklaverei von Egon Flaig (Buch) <<

“Beim Strafen war der Herrengewalt eine Grenze gezogen: starb der Sklave an den Folgen einer Züchtigung mindestens einen Tag später, dann blieb der Herr straffrei; starb der Sklave vorher, dann hatte sich der Herr einer Tötung schuldig gemacht. Der Sklave war somit gesetzlich geschützt vor schneller Tötung mit Vorsatz. Diese Regelungen zeigen, daß die Institution fest verankert war; trotzdem war die Sklavenquote relativ niedrig, unter 10%. Während der Königszeit (10. bis 7. Jh. v. Chr.) leisteten unterworfene Völker massenhaft Frondienst, insbesondere um öffentliche Bauten zu erstellen, aber auch bei anderen öffentlichen Arbeiten.”

“Unterworfene Völker massenhaft Frondienst, insbesondere um öffentliche Bauten zu erstellen, aber auch bei anderen öffentlichen Arbeiten”

Es mag vielleicht verwundern. aber ein Sklave konnte in vielen Fällen nicht einfach Soldat werden. Denn ein wichtiger Aspekt des Frondienstes war auch die Heerespflicht zum Kriegsdienst. Die unfreie Bevölkerung wurde dazu verpflichtet, im Falle eines Krieges für ihren Herrn zu kämpfen. Dies war im Mittelalter auch ziemlich klar geregelt.

“Wer sich den Anforderungen der Gutsherren verweigert, läuft Gefahr, durch »Bauernlegen« enteignet zu werden”

>>Karl der Große: Die Korrektur eines Mythos von Rolf Bergmeier (Buch) <<

“Wer sich den Anforderungen der Gutsherren verweigert, läuft Gefahr, durch »Bauernlegen« enteignet zu werden: Der Bauer bzw. Hörige wird im Rahmen der Heerespflicht zum Kriegsdienst eingezogen, bis er verarmt ist und sein Eigentum wohl oder übel übergeben oder verkaufen muss. Diese Praxis soll das Einkommen der Gutsbesitzer durch Übernahme der Höfe und deren unmittelbare Bewirtschaftung erhöhen und wird von Bischöfen, Äbten und Grafen gleichermaßen angewendet. Es hat nicht unwesentlich zu dem großen Grundbesitz der Klöster beigetragen.”

“Rahmen der Heerespflicht zum Kriegsdienst eingezogen, bis er verarmt ist und sein Eigentum wohl oder übel übergeben oder verkaufen muss”

Oftmals bedeutete dies, dass sie ihr Eigentum wegen des Kriegsdienstes aufgeben oder verkaufen mussten. – Dieser Aspekt wurde selbst bei der Wehr- oder Dienstpflicht unserer Tage gern übersehen. Die Lebenshaltungskosten laufen weiter, während gleichzeitig der Verdienst auf das Existenzminimum oder teilweise auch darunter sinkt. – Bei diesem Punkt weisen Moderne und Vergangenheit verblüffende Parallelen auf. Der Frondienst hatte somit weitreichende Auswirkungen auf das Leben der Unfreien im feudal geprägten Gesellschaftssystem. Diese waren von ihren Herren abhängig und hatten nur begrenzte Möglichkeiten zur Selbstbestimmung und der freien Entfaltung der Persönlichkeit. Der Geist der unfreiwillige Verpflichtung zur Arbeit lebt aber bis in die Gegenwart fort und das ist nicht nur auf die Dienstpflicht – respektive Dienstpflicht – beschränkt.

“Ich bleibe bei der Bezeichnung ’Null-Euro-Jobs‘, weil der Senat diese Maßnahmen als Teil des sozialen Arbeitsmarktes aufführt”

>>taz<<

„Hamburg startet ab Dezember eine Beschäftigungsmaßnahme für 510 Langzeitarbeitslose, die nicht einmal jene 1,70 Euro pro Stunde in die Hand bekommen, die bei 1-Euro-Jobs üblich sind. Der Begriff „Null-Euro-Job“ sei aber „irreführend“, sagt Jobcenter-Sprecherin … . Es handle es sich um eine Qualifizierungsmaßnahme. Da seien „Motivationsprämien“ nicht üblich. … , Geschäftsführerin des Beschäftigungsträgers „Alraune“, sieht das anders. „Ich bleibe bei der Bezeichnung ’Null-Euro-Jobs‘, weil der Senat diese Maßnahmen als Teil des sozialen Arbeitsmarktes aufführt.“ Alraune werde sich nicht bewerben. Der Bürgerschaftsabgeordnete … , spricht gar von „Zwangsarbeit“. Schließlich drohe jenem, der so eine Maßnahme nicht antritt, eine Sanktion.“

“Zwangsarbeit” – “Schließlich drohe jenem, der so eine Maßnahme nicht antritt, eine Sanktion”

Sanktion bedeutet im Endeffekt, dass das Existenzminimum gekürzt oder auf Null gekürzt werden kann. Ein sehr seltsames Verständnis von “Qualifizierungsmaßnahme” – auch sonst ruft die Tätigkeit eher Erinnerungen an ganz andere Zeiten wach.

“Null-Euro-Jobs” – “Landschaftspflege mit Laubharken”

>>taz<<

“Demnach dauert eine Maßnahme 39 Wochen. Und es ist in der Tat ein Anteil von 15 Stunden pro Woche für Bildung vorgesehen, bei einer 30-Stunden-Woche. In der übrigen Zeit sind „produktionsorientierte Tätigkeiten“ vorgesehen wie „Landschaftspflege mit Laubharken“ oder „Herstellung von Speisen“.

“Null-Euro-Jobs” – “Herstellung von Speisen”

Ein Landschaftsgärtner oder Koch führt genau dieselben Tätigkeiten aus, nur würden jene keine Null-Euro-Rechnung schreiben. Dafür können sie sich – mangels bezahlter Arbeit – dann wohl demnächst beim Sozialamt melden. Es ist wichtig, diese historischen Gegebenheiten zu verstehen und sich bewusst zu machen, dass die heutigen Hand- und Spanndienste mittelbar aus der Zeit der Frondienste erwachsen sind. Auch die heutige Dienstpflicht steht hier sehr nahe.

“Ist aber wohl grundgesetzwidrig” – “Nach der Schule verpflichtend ein Jahr gemeinnützig tätig sein”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Nach der Schule verpflichtend ein Jahr gemeinnützig tätig sein: Das soll den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, ist aber wohl grundgesetzwidrig. … Junge Frauen, Männer und Diverse sollen nach der Schule ein Jahr lang gemeinnützig arbeiten und sich so in die Gesellschaft einbringen. Die Tätigkeit könnte im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich sein. Auch ein Engagement in der Bundeswehr wäre denkbar.”

“Auch ein Engagement in der Bundeswehr wäre denkbar”

Insgesamt zeigt sich also, dass die Frondienste und deren Geist bis in die Gegenwart eine bedeutende Rolle und das Leben stark beeinflusste. Es wäre daher wichtig, dieses Thema auch im Kontext der Vergangenheit zu verstehen, um die Entwicklung der Gesellschaft besser nachvollziehen zu können.