“Mit der höheren Inflation kommt die Forderung auf, der Staat müsse nun endlich eingreifen” – Und die Folgen von Höchstpreisen

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Inflation und steigende Preise sollen bekämpft werden: Die Forderungen nach Preiskontrollen dürfte mittlerweile jeder irgendwo gehört haben. Wären die Preise festgesetzt, dann blieben die Waren und Dienstleistungen im Preis gleich. Über die Kehrseite der Medaille wird indes nur selten geredet.

“Mit der höheren Inflation kommt die Forderung auf, der Staat müsse nun endlich eingreifen”

>>Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung<<

“Mit der höheren Inflation kommt die Forderung auf, der Staat müsse nun endlich eingreifen. Er solle zum Beispiel Preissteigerungen verbieten oder Preise festsetzen.”

“Preissteigerungen verbieten oder Preise festsetzen”

Die Inflation wäre mit staatlich festgesetzten Preisen beendet. Tatsächlich ist die Idee keineswegs neu, denn schon im antiken Römischen Reich war eine vergleichbare Ausgangslage zu beobachten.

Folgen des Währungsverfalls im Römischen Reich: “Höchstpreisedikt” – “Festsetzung von Höchstpreisen”

>>Rechtsgeschichte von Susanne Hähnchen (Buch) <<

“Die ökonomische Entwicklung des Dominats ist gekennzeichnet durch Währungsverfall und Rückkehr zur Naturalwirtschaft. Beispielsweise der oströmische Kaiser Diokletian versuchte, dem Niedergang durch eine Reform der Besteuerung (z.T. in Naturalien!) und durch die Festsetzung von Höchstpreisen (das Höchstpreisedikt ist sehr aufschlussreich für das damalige Preisniveau) entgegenzuwirken, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg.”

Römischen Reich: “Ökonomische Entwicklung des Dominats ist gekennzeichnet durch Währungsverfall und Rückkehr zur Naturalwirtschaft”

Zwar war zu jenen Zeitpunkt das Römische Reich noch existent, aber der wirtschaftliche Niedergang für jeden bereits sichtbar. Auch im Mittelalter in der angehenden Neuzeit waren Preiskontrollen sehr wohl bekannt.

Jahr 1517: “Wussten die Magistrate bereits durch Kornbevorratung und Preiskontrolle bei Mehl und Brot gegenzusteuern”

>>1517 – Weltgeschichte eines Jahres von Heinz Schilling (Buch) <<

“In den wohlorganisierten größeren Städten allerdings wussten die Magistrate bereits durch Kornbevorratung und Preiskontrolle bei Mehl und Brot gegenzusteuern. Ein einzelnes, moderat schlechtes Wetterjahr wie 1517 konnten die Menschen damals bewältigen, zumal wenn man wie die niederländischen und westdeutschen Städte über den Wasserweg an die Kornzufuhr aus dem Baltikum angeschlossen war. Die Nahrungsversorgung der breiten Schichten blieb dort in der Regel stabil.”

Jahr 1517: “Die Nahrungsversorgung der breiten Schichten blieb dort in der Regel stabil”

Inwieweit die sehr wohlmeinende Geschichtsschreibung des Stadtchronisten der Wahrheit entspricht, das kann an dieser Stelle mal offen bleiben. Denn ein Zeitgenosse – Nikolaus Kopernikus – wusste etwas ganz anderes zu berichten.

“Niedergang ganzer Reiche, Monarchien wie Republiken, herbeiführen”

>>Nikolaus Kopernikus<<

“Unter den zahlreichen Plagen, die den Niedergang ganzer Reiche, Monarchien wie Republiken, herbeiführen, sind nach meiner Meinung vier die wichtigsten: Zwietracht, Seuchen, Mißwuchs (Mißernten) und Münzverschlechterung.”

“Zwietracht, Seuchen, Mißwuchs (Mißernten) und Münzverschlechterung”

Die damalige “Münzverschlechterung” lässt sich durchaus mit Inflation gleichsetzen und auch die Kontrolle von Preisen kommt irgendwie bekannt vor? Selbst die heute vielfach verklärte Weimarer Republik bot an vielen Stellen recht wenig Freiheitsrechte an. Auch dort wurde die Inflation teilweise mit Preiskontrollen bekämpft.

Weimarer Republik: “Handwerk litt unter der gesunkenen Nachfrage, der Handel unter Preiskontrolle und Bewirtschaftungsmaßnahmen”

>>Die Weimarer Republik von Gunther Mai (Buch) <<

“Der gewerbliche Mittelstand war überwiegend ein Verlierer. Zwar überlebten Handwerk und Handel als Wirtschafts- wie als Sozialgruppen, Teile des Handwerks gar in guter Verfassung. Aber das Handwerk litt unter der gesunkenen Nachfrage, der Handel unter Preiskontrolle und Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie der traditionellen Überbesetzung. Hausbesitzer konnten ihre Hypotheken tilgen, doch mangelnde Reparaturmöglichkeiten und Mietpreisbindungen ließen den Wert der Mieten 1923 auf ein Fünftel des Wertes von 1913 absinken und beeinträchtigten den Substanzerhalt. Hart getroffen waren die Rentiers, die von Geld- und Aktienbesitz lebten. Sie wurden, so wie die Sparer insgesamt, fast durchgängig enteignet.”

Weimarer Republik: “Mietpreisbindungen ließen den Wert der Mieten 1923 auf ein Fünftel des Wertes von 1913 absinken”

Selbstverständlich hat auch die ehemalige DDR auf “feste Preise” gesetzt. Eine Inflation durfte es nicht geben. Jedoch griff die DDR-Preispolitik teilweise auf Preise auf Grundlage der Vorkriegszeit zurück und ist weitaus älter als der Staat selbst.

“Die Wurzeln der DDR-Preispolitik reichen zurück bis in die Nachkriegszeit” 

>>Jetzt reden wir Weiter: Was heute aus der DDR-Wirtschaft zu lernen ist von Kombinatsdirektoren  (Buch) <<

“Die Wurzeln der DDR-Preispolitik reichen zurück bis in die Nachkriegszeit. Zwei Befehle der sowjetischen Militäradministration sind maßgeblich für die weitere Entwicklung: Befehl Nr. 9 forderte einen Preisstopp für alle Waren und Leistungen auf das Niveau des Jahres 1944, bei Mieten auf das Niveau von 1936. Und Befehl Nr. 163 verlangte die strenge Einhaltung dieser Preispolitik. Der geringste Verstoß wurde als Sabotage gegen den Neuaufbau bewertet und strengstens geahndet. 1970 unterstrich der Ministerrat diese Politik, indem er die »Zentrale staatliche Preiskontrolle für Investitionen« beschloss.”

“Befehle der sowjetischen Militäradministration” – “Befehl Nr. 9 forderte einen Preisstopp für alle Waren und Leistungen auf das Niveau des Jahres 1944”

Die heute vielfach zitierte DDR-Mangelwirtschaft ist zum erheblichen Teil auf ihre Preispolitik zurückzuführen. Die ökonomischen Regeln lassen bis in die Antike hinein beobachten. Und neben der Einführung von Preiskontrollen ist noch ein anderes Phänomen zu beobachten.

“Es wird ein Schwarzmarkt entstehen”

>>Warum andere auf Ihre Kosten immer reicher werden von Andreas Marquart & Philipp Bagus (Buch) <<

“Die Alternative wäre gewesen, alle Preiskontrollen wieder aufzugeben und die Problemlösung dem Markt zu überlassen. Er hat es nicht getan und musste logischerweise weitere Maßnahmen ergreifen. Am Ende wird der König sogar überwachen müssen, dass die Bauern die Preiskontrollen nicht umgehen. Auch die Bürger werden vielleicht versuchen, durch Zahlung höherer Preise an die dringend benötigte Milch zu kommen. Es wird ein Schwarzmarkt entstehen. Und wie wird der König diesen Schwarzmarkt verhindern? Er wird Strafen androhen und sie verhängen, wenn jemand erwischt wird. Vielleicht wird er seine Bevölkerung sogar bespitzeln lassen, um Milch-Schwarzhändler zu entlarven und zu überführen. Kommt Ihnen das bekannt vor? Bis 1989 gab es in der DDR auch so ein System.”

“Bürger werden vielleicht versuchen, durch Zahlung höherer Preise an die dringend benötigte Milch zu kommen”

Zu den staatlich festgesetzten Preisen gesellt sich meist noch ein ausgeklügeltes Überwachungs- und Bestrafungssystem hinzu. Schließlich muss die staatliche Autorität gewahrt bleiben und dieses Phänomen ist keinesfalls auf die DDR-Zeit beschränkt.