Sittenwächter im Einsatz: Prangerstrafen für Schüler

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Der Pranger war in der Regel eine Säule mit Eisenspange, die als Instrument der Strafgerichtsbarkeit diente. Ab dem 13. Jahrhundert war er als Ehrenstrafgerät weit verbreitet. Bei diversen Vergehen wurde der überführte Täter öffentlich ausgestellt. Dazu zählten Sittlichkeits- und kleinere Vermögensdelikte.“ So zu lesen auf den Internetportal >>Das Leben im Mittelalter<<. Der mittelalterliche Pranger kommt in öffentlichen Schulen wieder vermehrt zum Einsatz. Lehrer übernehmen dabei die Rolle des Sittenwächters und verhängen Strafen bei vermeintlich „unangemessener“ Bekleidung der Schüler.

>>Handelsblatt<<

„Ab sofort gilt für alle Techniker bei Goldman Sachs eine lässige Kleidervorschrift, sie dürfen sich kleiden wie in der Freizeit. „Ich hoffe, diese Initiative verbessert die Arbeitsumgebung und die Befindlichkeit unserer Mitarbeiter“, heißt es in einer Hausmitteilung. Rund 9000 Mitarbeiter, etwa ein Viertel der Belegschaft, arbeiten in technischen Berufen. … JP Morgan hat eine ähnliche Vorgabe gemacht. … JP-Morgan-Chef Jamie Dimon zeigt sich ganz gerne mit Anzug und offenem Hemdkragen. Zum Teil tragen seine Banker auch Jeans. … Vor dem Hintergrund stehen die Banken auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zu Technik-Unternehmen, die zum Teil sehr gut bezahlen und einen lässigen Stil im Büro pflegen. Nadelstreifen und Investmentbanking waren einmal der Traum der Ehrgeizigen, heute können Google & Co. locker mithalten. Außerdem werden allgemein im Geschäftsleben die Sitten lässiger.“

 

>>Stern<<

„Dass eine Schule überhaupt bauchfreie Tops, Hotpants und Co. mittels Hausordnung verbieten kann, ermöglicht das Hamburger Schulgesetz. Dort sagt der Paragraph 31 klipp und klar: „Die Schule legt in der Hausordnung Näheres über die Rechte und Pflichten der Schülerinnen und Schüler (…) fest.“ Über diese Ordnung muss die Schulkonferenz, bestehend aus Vertretern der Schulleitung, der Lehrer, der Schüler und der Eltern, entscheiden. Auch wenn der Kleiderkodex am Gymnasium Eppendorf damit auf einem Konsens der Beteiligten beruht, löste er dennoch Diskussionen aus: Sie sehe überhaupt nicht ein, „wozu wir so eine Verordnung brauchen“, zitiert die Zeitung eine 15-jährige Schülerin.“

 

>>RTL<<

„Doch bereits kurz nach der Einführung regte sich in Würzburg großer Widerstand: Vor allem ehemalige Schüler des Gymnasiums forderten im Internet, den Dresscode wieder abzuschaffen, weil durch die Vorschrift das ‚Grundrecht auf freie Entfaltung‘ gefährdet sei. Ebenfalls umstritten: Wer von den Schülern in Würzburg gegen den Dresscode verstößt, muss mit einer Strafe rechnen und für den restlichen Tag das einheitliche Schul-T-Shirt überziehen.“

Mit den sogenannten „Schul-T-Shirt“ feiert der tot-geglaubte mittelalterlicher Pranger seine Wiederauferstehung und die Schulverwaltungen allenorten feiern es auch noch als Fortschritt. Selbst in großen Unternehmen kleiden sich selbst die Bosse recht lässig und ein gewagtes Abendkleid hat bisher noch nirgendwo die Sittenpolizei alarmiert. Nur die Behörden in den jeweiligen Schulverwaltungen gehen den umgekehrten Weg: Bei Schülern ruft das Verhalten nur kopfschüttelnd hervor und selbst ehemalige Schulangehörige verstehen die Welt nicht mehr.