“Unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr” – Zwischen Geschichte & Gegenwart: “Zivilschutzübungen an Schulen”

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Die Bundeswehr organisiert jedes Jahr zahlreiche Veranstaltungen an Schulen und anderen Einrichtungen in Zusammenarbeit mit ihren Jugendoffizieren, wodurch ein beträchtlicher Teil der Kinder und Jugendlichen erreicht wird. Nun wird über einem weiteren Schritt nachgedacht.

“Zivilschutzübungen an Schulen abzuhalten und dazu aufgerufen, ein “unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr” zu entwickeln”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Die FDP-Politikerin hatte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe dafür plädiert, Zivilschutzübungen an Schulen abzuhalten und dazu aufgerufen, ein “unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr” zu entwickeln. “Ich halte es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut.” Dass es da Vorbehalte gebe, könne sie nicht nachvollziehen.”

“Ich halte es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen”

Diese Übungen dienen unter anderen dazu, Schüler auf den Ernstfall vorzubereiten und ein Bewusstsein für Sicherheitsmaßnahmen zu schaffen. Es ist wichtig, dass diese Übungen “altersgerecht” gestaltet werden und damit Schüler keine Ängste entwickeln. Vielmehr sollen sie lernen, wie man sich in Notsituationen verhält und welche Maßnahmen im Falle eines Kriegsfalls ergriffen werden müssen.

“Die sozialistische Wehrerziehung und vormilitärische und wehrsportliche Ausbildung der Bevölkerung, insbesondere der Jugend”

>>Frauen in der DDR von Anna Kaminsky (Buch) <<

“Zu den ersten staatlich geförderten sportlichen Betätigungen gehörten die von der 1952 gegründeten Gesellschaft für Sport und Technik (GST) angebotenen Sportarten wie Schießen oder Fallschirmspringen – mit dem Ziel, »die sozialistische Wehrerziehung und vormilitärische und wehrsportliche Ausbildung der Bevölkerung, insbesondere der Jugend« zu gewährleisten. Bis 1980 waren 60 000 Frauen und Mädchen unter den etwa 530 000 Mitgliedern in der GST. Sie gehörten zu den Sportschützen, trainierten militärischen Mehrkampf sowie verschiedene Flug- sowie Wassersportarten und Tauchen. Den meisten, die Mitglied der GST wurden, dürften die ideologischen und wehrsportlichen Erwartungen der SED-Führung herzlich egal gewesen sein. Für viele war die GST die einzige Möglichkeit, Sportarten zu betreiben, die es außerhalb der Organisation kaum gab.”

“Bis 1980 waren 60 000 Frauen und Mädchen unter den etwa 530 000 Mitgliedern in der GST”

Da in der Gegenwart vieles schlicht verboten ist, werden Jugendliche mit ähnlichen Argumenten zur Bundeswehr angeworben. Heutzutage wird die “Wehrerziehung” vorzugsweise nur auf die DDR beschränkt, aber schon in der Weimarer Republik wurden ähnliche Gedanken verfolgt. Hierbei wurde diskutiert, wie die Beschränkungen des Friedensvertrag von Versailles umgangen werden könnten.

“Herabsetzung der Dienstzeiten auf einige wenige Jahre so viele Menschen durch die Wehrerziehung durchlaufen lassen können”

>>Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier von Henry Picker (Buch) <<

“Ebenso hätte man das 100 000-Mann-Heer zu einer reinen Unteroffiziers- und Offiziersschule ausbauen können und durch Herabsetzung der Dienstzeiten auf einige wenige Jahre so viele Menschen durch die Wehrerziehung durchlaufen lassen können, dass man notfalls immer ein Heer von 800 000 bis 900 000 Mann zur Verfügung gehabt hätte.”

“Notfalls immer ein Heer von 800 000 bis 900 000 Mann zur Verfügung gehabt hätte”

Diese Gedankenspiele sind letztlich im Paramilitärischen Verband der sogenannten “Hitlerjugend” aufgegangen. Aus diesem geschichtlichen Hintergrund wird die Debatte mit viel Skepsis betrachtet. Nach amtlichen Verlautbarungen laut mehr oder minder die Ansage, dass hierfür ein unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr ist dabei unabdingbar. Es solle angebliche nicht darum gehen, die Jugendlichen militaristisch zu indoktrinieren, sondern ihnen einen realistischen Einblick in mögliche Szenarien zu geben.

“Was macht die Armee in der Schule?”

>>taz<<

“Was macht die Armee in der Schule? – Ob Soldaten vor Schülern sprechen sollten, ist eine ständige Debatte. Aber was tut die Bundeswehr im Klassenzimmer eigentlich? … Der 28-jährige Jugendoffizier redet über das Raketenabwehr-System „Mantis“, über die blaue Uniform, die die Zugehörigkeit zur Luftwaffe symbolisiert. Dann wendet er sich an die Klasse und fragt, wofür man Jugendoffiziere wie ihn braucht. „Na, um Leute anzuwerben“, antwortet ein Schüler. „Ist doch der perfekte Ort.“ Gram schüttelt den Kopf. „Das ist mir verboten“, entgegnet er und spricht stattdessen von Transparenz. „Noch nie wurde in Deutschland so viel Geld fürs Militär ausgegeben. Da haben wir die Pflicht, Auskunft zu geben.“

“Wofür man Jugendoffiziere wie ihn braucht” – “Na, um Leute anzuwerben”

Dies Veranstaltungen geschehen in enger Kooperation mit Offizieren der Bundeswehr, die ihr Wissen weitergeben. Handelt es sich hierbei um einenm kKontroverser Einsatz zur Anwerbung von Jugendlichen für die Bundeswehr oder objektive Informationsveranstaltung? Selbst zwischen dem Lehrerverband und den Eltern gibt es Uneinigkeit darüber, ob es angemessen ist, dass Jugendoffiziere der Bundeswehr Vorträge an Schulen halten – und ob Schüler dazu verpflichtet werden sollten, daran teilzunehmen.

“Fragwürdiger Einsatz, um Nachwuchs für die Bundeswehr zu rekrutieren oder neutrale Informationsveranstaltung?”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Fragwürdiger Einsatz, um Nachwuchs für die Bundeswehr zu rekrutieren oder neutrale Informationsveranstaltung? Lehrerverband und Eltern streiten darüber, ob Jugendoffziere der Bundeswehr Vorträge in Schulen halten sollen – und ob Schüler daran teilnehmen müssen.”

“Lehrerverband und Eltern streiten darüber, ob Jugendoffziere der Bundeswehr Vorträge in Schulen halten sollen”

Nun soll es zur Vorbereitung auf den Ernstfall gehen. Die Diskussion um eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht oder allgemeinen Dienstpflicht wird durch solche Übungen angestoßen. Es gilt abzuwägen, ob diese Maßnahmen wirklich notwendig sind und ob sie tatsächlich einen Beitrag zur Sicherheit leisten können.