Die Spinnstube – im Niedersorbischen als Pśeza bekannt – entstand aus gemeinschaftlicher Arbeit. Nach der Erntezeit im Herbst trafen sich abends täglich die unverheirateten, anständigen Mädchen des Dorfes in der Spinnstube. Während dieser Zeit wurde fleißig gesponnen, da die aus dem Garn gefertigte Leinwand für den Haushalt unerlässlich war und zudem eine üppige Mitgift sowie gute Heiratsmöglichkeiten bedeutete.
Die Spinnstube fungierte als Trägerin vieler sorbischer und wendischer Traditionen und war sowohl der Ausgangspunkt für die Planung und Organisation aller Jugendfeste im folgenden Jahr als auch die Hauptform zur Verbreitung und Festigung des sorbischen und wendischen Liedguts. Während sie arbeiteten, erzählten sie sich Geschichten, Sagen, Rätsel oder sangen Volkslieder und Choräle, die von einer Vorsängerin – im Niedersorbischen „kantorka“ genannt – angestimmt wurden.
In der Regel hatten die Jungen keinen Zugang zur Mädchenspinte. Männliche und weibliche Jugendliche durften sich nur an bestimmten Abenden treffen, etwa zum Beginn der Spinte – Burkhardstag – am 11. Oktober, am letzten Abend vor Weihnachten und während der Fastnacht, die als Höhepunkt der Spinnstube diese winterliche Gemeinschaftsarbeit abschloss.
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