Etwas scheint hier nicht zu stimmen, denn normalerweise ist derjenige pleite, der in Schulden ertrinkt. Bei Staaten verhält es sich jedoch anders. Wenn die Schulden das wirtschaftliche Potenzial einer Person oder eines Landes übersteigen, beginnt der Prozess der Überschuldung. Dieser führt in der Regel zu einer Insolvenz. Bei Staaten jedoch existiert eine solche Pleite nicht – zumindest nicht im Sinne einer Insolvenz. Staaten können jedoch durchaus überschuldet sein. Bei 100 Prozent oder sogar 200 Prozent Staatsschulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde man nach gängiger Auffassung von einer »zu hohen« Verschuldung sprechen. Diese Werte übersteigen schließlich deutlich die im Vertrag von Maastricht festgelegte Grenze von 60 Prozent. Doch warum droht Griechenland eine Staatspleite, während Japan und die USA davon verschont bleiben?
Im Grunde gibt es zwei Erklärungen für dieses Paradoxon. Zunächst spielen viele psychologische Faktoren eine entscheidende Rolle. Dies wird besonders am Beispiel der USA deutlich. Die Vereinigten Staaten profitieren nach wie vor von den Vorteilen, die mit dem Status einer wirtschaftlichen, politischen und militärischen Weltmacht verbunden sind. Man traut den Amerikanern schlichtweg mehr zu oder hat nach wie vor großen Respekt vor Uncle Sam.
Die zweite Erklärung bezieht sich auf die Struktur der Schulden. Eine Gesellschaft, die in Bezug auf ihre Schuldenbeziehungen relativ isoliert ist, hat kaum Schwierigkeiten mit einer Kollektivpleite. Erst wenn zahlreiche externe Gläubiger auftreten und ihre Ansprüche durchsetzen wollen, wird die Situation kritisch. In diesem Zusammenhang hat Japan gute Karten; mehr als 90 Prozent des Schuldenberges werden von japanischen Gläubigern gehalten.
Griechenland hingegen hat in vielerlei Hinsicht Pech. Das Vertrauen in seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist stark gesunken. Neben den sicherlich vorhandenen strukturellen Problemen in Wirtschaft und Gesellschaft – wie etwa der weit verbreiteten Steuerhinterziehung – haben auch zahlreiche populistische Medienkampagnen dazu beigetragen. Zudem hilft die Beschwörung des Arguments, dass Griechenland schließlich die »Wiege der europäischen Demokratie« sei, momentan nicht weiter. Auch militärisch kann das Land am Peloponnes keinen großen Eindruck hinterlassen. Letztlich sind die Griechen durch ihre Zugehörigkeit zur Gemeinschaftswährung Euro stark von ausländischen Gläubigern abhängig. Zu den Großgläubigern zählen – über diverse Anleihenkäufe – die Europäische Zentralbank sowie im Rahmen des Rettungsschirms die anderen Euroländer.
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