Geschichte des Christentum: Zwischen politischer Macht und religiöser Überzeugung

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Noch heute werden Kirchenämter teilweise wie ganz normale Dienststellen einer Behörde behandelt und so bezahlt. Die Kirchensteuer treibt das sehr unreligiöse Finanzamt ein. Und so mancher Kirchenvertreter mischt sich schon mal in sehr weltliche Tagespolitik ein.

Römischer Kaiser Konstantin: Warum noch heute das unreligiöse Finanzamt die Kirchensteuer eintreibt

Doch es handelt sich dabei um keine neue Modeerscheinung, sondern deren Anfänge lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Schon der römische Kaiser Konstantin der Große hat damit angefangen. Aber es gab auch immer schon Christen die diesem Weg nicht mitgehen wollten.

Konstantin der Große – „Der erste christliche Kaiser Roms“

>>Zelot Jesus von Nazaret und seine Zeit von Reza Aslan (Buch) <<

„Es war im Sommer des Jahres 325 n. Chr. Die Männer waren von Kaiser Konstantin zusammengerufen worden, um endlich einen Konsens über die Doktrin jener Religion zu finden, die er kürzlich selbst angenommen hatte. Gehüllt in Gewänder aus Purpur und Gold und mit einem Lorbeerkranz auf dem Kopf, rief der erste christliche Kaiser Roms das Konzil zur Ordnung, als wäre es ein römischer Senat – was verständlich ist, wenn man bedenkt, dass jeder der fast 2000 Bischöfe, die er nach Nicäa bestellt hatte, um das Christentum dauerhaft zu definieren, ein Römer war.“

Konzil von Nicäa: „Um das Christentum dauerhaft zu definieren“

Trotz zahlreicher Repressalien und zeitweiser massiver Verfolgung im Römischen Reich hat sich das Christentum zum Machtfaktor hin entwickelt. Alleine die stattliche Zahl von fast 2.000 Bischöfe steht für sich selbst. Dabei hatte mal alles sehr Klein angefangen.

„Das Christentum wuchs rasant“

>>Die Griechen und die Erfindung der Kultur von Edith Hall (Buch) <<

„Das Christentum wuchs rasant. Im Jahr 100 gab es noch nicht einmal 10 000 Christen, ein Jahrhundert später jedoch bereits elfmal so viele. Trotz der zeitweiligen Verfolgung, die unter Diokletian an der Schwelle zum 4. Jahrhundert einen Höhepunkt erreichte, wurden von Portugal bis Köln, von der Donau bis an den Nil und nahezu entlang der gesamten nordafrikanischen Küste christliche Gemeinden gegründet. Im Jahr 301 wurde der armenische König Tiridates der Große das erste nationale Oberhaupt, der das Christentum zur offiziellen Religion erklärte.“

Christentum als offizielle Religion: „Im Jahr 301 wurde der armenische König Tiridates der Große das erste nationale Oberhaupt“ 

Rein Formal mag Armenien zu dieser Zeit ein unabhängiger Staat gewesen sein, wobei der römische Einfluss sicherlich wenig Spielraum übrig ließ. Nichtsdestotrotz war das Christentum zu einem unausweichlichen Faktor im Römischen Reich angewachsen. Aus diesem Grund fand auch das erste Konzil von Nicäa im Jahre 325 statt.

Konzil von Nicäa: Christentum sollte mit der römischen Politik kompatibel werden

Deswegen drehte es sich beim Konzil von Nicäa weniger um theologische, sondern eher um machtpolitische Fragen herum. Vereinfacht: Das Christentum sollte mit der römischen Politik kompatibel werden. Dafür setzte sich auch der Römischer Kaiser höchstpersönlich ein. Viele hohe Geistliche tauschten liebend gern die prunkvollen Ämter des Römischen Reich gegen die dunklen Verschläge einer Untergrundkirche ein. Doch nicht alle wollten jenen neuen Weg mitgehen. Etwa 1.000 Jahre vor Martin Luther fand bereits die ersten Kirchenspaltung statt.

Konzil von Nicäa im Jahre 325: Erste Kirchenspaltung etwa 1.000 Jahre vor Martin Luther

>>Karl der Große von Rolf Bergmeier (Buch) <<

„In diesem frühchristlichen Kosmos werden Abweichler von der nicäisch-trinitarischen Norm des Jahres 325, die den Katholizismus maßgeblich prägen wird, als »Häretiker« bezeichnet. Sie gelten den »Trinitariern« als die schlimmsten Feinde der eigenen Auffassung, schlimmer noch als Ketzer und Heiden. Diese »häretischen« Bewegungen werden, ebenso wie die kleinteilige Gemeindestruktur der Jesus-Anhänger, in der Literatur durch die Bank kleingeredet.“

„Abweichler von der nicäisch-trinitarischen Norm des Jahres 325“

Allerdings nach den ersten Konzil von Nicäa im Jahre 325 hatte sich für die „Abweichler“ eigentlich nicht viel geändert. Für die „offizielle Kirche“ waren sie zwar lange Zeit ein Dorn im Auge, aber mehr auch nicht. Die eigentliche Verfolgung der „Häretiker“ setzte erst im späten Mittelalter ein. Allgemein fällt diese Zeit mit dem Kreuzzügen zusammen, wo auch vor Christen nicht halt gemacht wurde. Die nunmehr „bösen Christen“ waren praktisch als Vogelfrei anzusehen.Tatsächlich ist die Trennlinie nach einem ganz infantilen Schema verlaufen.

„Nachfolge des armen Jesus wurde zum beherrschenden Thema in der Kirche“

>>Krypta: Unterdrückte Traditionen der Kirchengeschichte von Hubert Wolf (Buch) <<

„Die Nachfolge des armen Jesus wurde zum beherrschenden Thema in der Kirche und ergriff alle Schichten. Für die klassische Kirchengeschichtsschreibung gab es dabei «gute» Armutsbewegte, die sich selbstverständlich in die Ordnung der Kirche einfügten und sich in einem der neuen Bettelorden als Franziskaner, Dominikaner oder Augustiner-Eremiten wiederfanden, und «böse» Armutsbewegte wie die Waldenser, Katharer oder Humiliaten, die sich in häretischen Sekten organisierten, die von Anfang an außerhalb der Kirche gestanden und diese bekämpft hatten.“

Infantile Einteilung in „gute“ und „böse“ Christen

Sogar die Namen Waldenser, Katharer und Humiliaten wurden durch ihre Feinde vergeben. Lediglich die Waldenser haben sich in ihrer späteren Geschichte selbst so genannt. Der Name rührt übrigends vom alpinen Waldensertäler im Südfrankreich her. Im Prinzip leben sie immer noch an der selben Stelle, wohin sie sich nach den ersten Konzil von Nicäa im Jahre 325 zurückgezogen hatten.