Iran: Freispruch für neun Christen

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Ein Teheraner Berufungsgericht hat neun bereits verurteilte Christen am 28. Februar von allen Anklagepunkten freigesprochen. In der Urteilsbegründung machten die Richter deutlich, dass die Mitgliedschaft in einer Hauskirche keine „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ darstelle – ein häufiger Vorwurf gegen christliche Konvertiten. Daraus einen Kurswechsel Irans beim Umgang mit Christen und dem Thema Religionsfreiheit abzuleiten, scheint dennoch verfrüht.

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Von Open Doors

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Keine Beweise für eine Straftat

Bei den Freigesprochenen handelt es sich um Khalil Dehghanpour, Hossein (Elisha) Kadivar, Kamal Naamanian, Mohammad Vafadar, Shahrooz Eslamdoust, Babak Hosseinzadeh, Mehdi Khatibi und Behnam Akhlaghi sowie Pastor Abdolreza (Matthias) Ali-Haghnejad. Sie alle sind aus dem Islam konvertiert und gehören derselben Kirche an. Die Männer waren im Oktober 2019 wegen „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ und „Mitgliedschaft in einer Hauskirche“ zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Ende November 2021 ordnete der Oberste Gerichtshof überraschend eine Überprüfung ihres Falles an, da man festgestellt habe, dass die Männer keine Straftat begangen hätten. Sie wurden daraufhin bis zur Überprüfung ihres Falles unter Auflagen freigelassen. Während die neun Männer aufgrund dieser Anschuldigungen bereits insgesamt fast 20 Jahre hinter Gittern verbracht haben, sagten die Richter, es gebe „unzureichende Beweise“ für ihre angeblichen Verbrechen.

In seinem Urteil vom 28. Februar griff das Berufungsgericht laut einem Bericht von Article18 nun die Argumente der Verteidigung auf, wonach die neun Männer lediglich „in Übereinstimmung mit den Lehren des Christentums“ an Treffen der Hauskirche teilgenommen hätten. Als Christen seien sie zudem gelehrt worden, „in Gehorsam, Unterordnung und Unterstützung der Behörden“ zu leben.

Anwalt beklagt Willkür der Gerichte

Das Urteil und die Argumente sind ein starkes Hoffnungszeichen für Christen muslimischer Herkunft in Iran. Es stellt jedoch keinen Präzedenzfall für künftige Prozesse dar, da der Fall nicht zur endgültigen Entscheidung an den Obersten Gerichtshof zurückverwiesen wurde, wie Artikel 18 erläutert.

Die Justiz in Iran geht zudem mit Christen sehr uneinheitlich um. Während die neun Christen vom Berufungsgericht vollständig freigesprochen wurden, sind zwei von ihnen bereits mit neuen Anklagen konfrontiert. Ein dritter wurde im Januar von einem anderen Richter des Obersten Gerichtshofs aufgrund eines offensichtlichen Fehlers eines Berufungsgerichts in einem sieben Jahre alten Fall bereits wieder ins Gefängnis zurückgeschickt.

Der christliche Konvertit Nasser Navard Gol-Tapeh erhielt im vergangenen Monat den Bescheid, dass sein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom Obersten Gerichtshof abgelehnt wurde – und das, obwohl seine zehnjährige Haftstrafe auf Anklagen basiert, die denen der neun nur wenige Tage zuvor Freigesprochenen sehr ähnlich sind. „Leider fällen die Arbeitszweige des Obersten Gerichtshofs ihre Urteile willkürlich und ohne Rücksicht auf die Rechte der Angeklagten“, sagte sein Anwalt Soleimani.

Auf dem Weltverfolgungsindex 2022 belegt Iran den 9. Platz unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.