Staatsbürger in Uniform: Zivilisten als neue Miliz

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Das Milizsystem in der Schweiz hat eine lange Tradition, aber auch anderswo gehört eine wohlgeordnete Miliz implizit zum Staatswesen dazu und hat sogar – wie in der USA – Verfassungsrang. Vergleichbares ist auch hierzulande zu finden: Aus den Farben des Lützowsches Freikorps ging später die Nationalflagge hervor.

>>Kurier<<

„Es ist dieser Zusatzartikel zur Bill of Rights aus dem Jahr 1791, an dem sich die politische und juristische Debatte in den USA spätestens scheidet. Wörtlich heißt es darin: „Da eine wohlgeordnete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates notwendig ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.“ … Soll dieses Gesetz nun im historischen Kontext, als vor dem Hintergrund einer Zeit, als die meisten Waffen mühsam nachgeladen werden mussten und die nationale Armee schwach war, interpretiert werden, oder im Wortlaut, wie das die Anhänger einer living constitution („lebendige Verfassung“) wollen? Es ist ein juristischer Streit, der erst 2008 mit einem Erfolg für die Befürworter liberaler Waffengesetze endete. Damals entschied das Oberste Gericht, dass das Second Amendment die Rechte Einzelner auf den Besitz und das Tragen von Waffen schützt.“

Natürlich muss die amerikanische Verfassung im Konnotation des Unabhängigkeitskrieges gelesen werden: Zu jener Zeit waren die 13 Staaten rein formal Kolonien von Großbritannien. Folglich konnten sie auch keine Streitkräfte aufstellen und mussten demzufolge eine Miliz bestehend aus Freiwilligen organisierten. Der Souveräne ist eben das – bewaffnete –  Volk: „Da eine wohlgeordnete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates notwendig ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.“  Der Gedanke, dass sich ein Staat vor äußeren – aber genauso vor inneren – Feinden verteidigt muss, ist in den USA viel tiefer verankert als beispielsweise hierzulande. Ein etwas anders gelagertes Schicksal erlebte das Land Polen im Laufe seiner Geschichte: Im 18 Jahrhundert war Polen-Litauen eines der territorial größten Staatsgebilde Europas – aber zugleich ein gescheiterten Staat. Die Nachbarstaaten haben sich das Staatsgebiet – gänzlich ohne Krieg – einverleibt.

>>Welt<<

„Und deswegen sind er und seine Kameraden Mitglieder der Organisation Masowische Landesverteidigung (Mazowiecka Obrona Terytorialna), einer Bürgerwehr. Dort wird das Schießen trainiert, aber auch verschiedene militärtaktische Schulungen gehören zum Programm. In ganz Polen gibt es etwa 70 solcher Organisationen, die größten davon haben mehrere Tausend Mitglieder. Schätzungen zufolge sind etwa 30.000 Frauen und Männer zur Verteidigung ihres Landes mit der Waffe bereit.“

 

>>Focus<<

„Die Bundeswehr will offenbar Zivilisten an der Waffe ausbilden. … Das berichtet die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf Informationen aus dem Reservistenverband. Die sogenannten Behelfsreservisten sollen demnach dann bei Wehrübungen, als Personalreserve oder bei der Katastrophenhilfe eingesetzt werden. Das Blatt zitiert den Präsidenten des Reservistenverbandes, Oswin Veith: „Wir wollen die Reservisten zu einer geeinten nationalen Reserve im besten militärischen Sinn machen. Denn letztlich stärkt das die Robustheit unserer Gesellschaft, um Krisen in Zukunft wehrhafter begegnen zu können.“ Das Verteidigungsministerium ist offenbar in die Pläne des Verbandes eingebunden. Wie die „Bild“ berichtet, wird das Projekt begleitet.“

 

>>Wochenkurier<<

„Die sogenannten Behelfsreservisten sollen demnach dann bei Wehrübungen, als Personalreserve oder bei der Katastrophenhilfe eingesetzt werden.“

Eine Armee als isolierter Fremdkörper einer Gesellschaft eingesperrt in Kasernen und auf Truppenübungsplätzen, die nur als Propagandakompanie in Schulen oder bei Volksfesten in Erscheinung tritt: Dies weckt wenig Sympathien, ja sogar offene Feindschaft bei der Bevölkerung.Die schwelende Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht macht die Lage keineswegs besser. Auch die massive Rekrutierung von Minderjährigen ist mitnichten ein Ruhmesblatt. Im Kern ist es einfacher sich auf die Aufgaben der Landesverteidigung zu beschränken, als rechtlich umstrittene Auslandseinsätze zu bewerben und die Gesellschaft aktiv in die Verteidigungsaufgaben mit einzubinden. Dem angestrebten Leitbild >>Staatsbürger in Uniform<< dürfte dies wohl auch viel eher entsprechen.