Risiko bezeichnet das Fehlen von ausreichenden Informationen bezüglich der Zielerreichung. Dieses Risiko lässt sich verringern, indem man entweder die angestrebten Ziele reduziert oder sich intensiver über die jeweilige Investition informiert. Letzteres gestaltet sich häufig als schwierig, da Außenstehende nicht immer Zugang zu allen relevanten Daten erhalten. Eine weitere Möglichkeit zur Risikominderung besteht darin, das investierte Kapital auf verschiedene Anlagen zu verteilen. Diese sogenannte Diversifikation dient als Schutz vor Unwissenheit.
Die Wahrnehmung von Risiken variiert von Anleger zu Anleger. Grundsätzlich zeigen sich die meisten Investoren jedoch risikoscheu und verlangen für das Eingehen von Risiken eine Prämie im Vergleich zu einer sicheren Anlageform. Wenn riskantere Anlagen wie Aktien keine höhere Rendite als sichere Investitionen erzielen, werden risikoscheue Anleger diese Aktien meiden. In der Folge sinken die Kurse, bis die Dividendenrendite wieder attraktiv genug ist. Dieser Anpassungsprozess findet langfristig statt.
Ein exakter Zeitraum für diesen Prozess lässt sich nicht festlegen. Studien gehen jedoch häufig von etwa zehn Jahren aus. In den vergangenen 200 Jahren gab es kein Zeitfenster von 30 Jahren, in dem Aktien schlechter abschnitten als Anleihen. Aufgrund der starken Zinssenkungen in den letzten drei Jahrzehnten erlebten Anleihen eine außergewöhnlich gute Phase, die sich voraussichtlich nicht wiederholen wird – es ist kaum vorstellbar, dass die Zinsen nochmals deutlich unter null fallen.
Langfristig übertrifft die Aktienanlage alle anderen Anlageklassen. Je länger der Anlagezeitraum ist, desto eher gleichen sich schlechte und gute Phasen aus, sodass die durchschnittliche jährliche Rendite sich dem langfristigen Mittelwert annähert. Wird beispielsweise eine Münze mit den Ergebnissen »-1« und »1« einmal geworfen, liegt das Ergebnis zwischen -1 und 1. Bei 100 Würfen hingegen wird der Durchschnittswert sehr wahrscheinlich nahe bei null liegen – das »Gesetz der großen Zahlen« sorgt dafür, dass sich die relative Häufigkeit eines zufälligen Ereignisses der theoretischen Wahrscheinlichkeit annähert.
Die Mehrheit der Kapitalanleger orientiert sich jedoch kurzfristig und überschätzt daher das Risiko. Institutionelle Investoren sind aufgrund von Bilanzstichtagen meist auf ein Denken in Jahresintervallen beschränkt. Auch viele Finanzprodukte haben nur kurze Laufzeiten. Obwohl Staatsanleihen Laufzeiten von bis zu 30 Jahren aufweisen können, sind fast zwei Drittel der nominalen Staatsschulden innerhalb von fünf Jahren fällig.
Versichert man sein Portfolio gegen Verluste mithilfe von Verkaufsoptionen (»Puts«), ist eine zehnjährige Versicherung deutlich günstiger als zehn aufeinanderfolgende Einjahresversicherungen. Dies liegt daran, dass der Preis für Optionen nicht linear mit der Zeit steigt. Langfristige Schwankungen gleichen sich aus, weshalb längerfristige Versicherungen geringere Prämien verlangen. Anleger mit flexiblen Anlagezeiträumen profitieren somit erheblich und können allein durch die eingesparte Versicherungsprämie bei einem »Langfristvertrag« zusätzliches Kapital erwirtschaften.
Die langfristige Rendite resultiert zum großen Teil daraus, zur passenden Zeit die richtige Anlageklasse ausgewählt zu haben (»Timing-Fähigkeit«). Ein geringerer Anteil entsteht durch die Auswahl der besten Instrumente innerhalb einer Anlageklasse (»Selektionsfähigkeit«). Deshalb ist es entscheidend, Rendite und Risiko von Anlageklassen einzuschätzen und diese im Zeitverlauf aktiv zu steuern, was im folgenden Kapitel erläutert wird.
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