“Ich bin fest davon überzeugt, dass die Menschen den sozialen Sektor wertschätzen. Das Problem ist jedoch, dass sich diese gesellschaftliche Wertschätzung weder in der Bezahlung noch in den Arbeitsbedingungen ausdrückt”, kommentiert Heidi Reichinnek, sozialpolitische Sprecherin und Vorsitzende der Gruppe Die Linke, die Studienergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Deutschen Roten Kreuzes, die eine Lohnlücke von 17 Prozent zwischen sozialem Sektor und anderen Berufszweigen belegen.

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Von Heidi Reichinnek & Ates Gürpinar

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Reichinnek weiter:

“Die Menschen in Pflegeeinrichtungen, Kitas, Krankenhäusern und Sozialarbeit halten den Laden am Laufen – oft auf Kosten ihrer eigenen physischen und psychischen Gesundheit. Es reicht nicht, wenn die Politik den Beschäftigten ihre Systemrelevanz attestiert und Applaus spendet. Die Menschen brauchen echte Wertschätzung, die sich auch in ihrem Geldbeutel niederschlägt. Gleichzeitig müssen die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Denn was wir uns als Gesellschaft wirklich nicht leisten können, ist, dass weiterhin Fachkräfte in Scharen das Berufsfeld verlassen, weil sie sonst ihre eigene Gesundheit gefährden. Damit lassen wir nicht nur die Beschäftigten im Stich, sondern auch alle, die auf deren Unterstützung angewiesen sind. Eine echte Förderung in Kitas, eine ausreichende Unterstützung durch Sozialpädagoginnen und -pädagogen in Schulen oder gute Sozialberatung ist nur möglich, wenn langfristig ausreichend Personal vorhanden ist. Wir müssen weg von Projektfinanzierung hin zu ausfinanzierten Strukturen, wir brauchen eine Fachkräfteoffensive mit Anreizen für Aus- und Weiterbildung und allgemeingültige Tarifverträge.”

Ates Gürpinar, Sprecher für Krankenhaus- und Pflegepolitik der Gruppe Die Linke, ergänzt: “Die fachliche Anforderung und die berufliche Verantwortung in der Pflege entspricht denen im Ingenieurswesen oder von Führungskräften in der Verwaltung. An das Gehalt kommen Pflegefachpersonen, insbesondere in der Altenpflege, nicht mal annähernd heran – und das bei deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen und -zeiten.

Ein Grund ist auch die Abwertung und Geringschätzung von Berufen mit einem hohen Frauenanteil. Das ist nicht nur ungerecht, sondern wir können es uns auch schlicht nicht leisten: Bereits jetzt sind die Wartelisten für einen Platz im Pflegeheim oder Hilfe durch einen ambulanten Pflegedienst endlos lang und es wird absehbar immer schlimmer. Es kann niemanden wundern, dass so viele Pflegekräfte den Beruf verlassen, dass es dafür sogar einen eigenen Begriff gibt – Pflexit. Wir brauchen eine auskömmliche Finanzierung von Pflege und Gesundheit. Die Finanzierung muss Gehälter ermöglichen, von denen Pflegefachpersonen gut leben können, ohne dass Pflegebedürftige immer weiter zur Kasse gebeten werden. Pflege ist kein privates Problem, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe.”