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Aufgrund der fortwährenden Ausweitung der Geldmenge befinden sich die Zinssätze auf einem historisch niedrigen Niveau. Dies erscheint eigentlich widersprüchlich. Unter normalen Umständen hätte das exzessive Gelddrucken der Zentralbanken zu deutlich höherer Inflation und gravierenden Währungsabwertungen führen müssen. Es lassen sich drei zentrale Gründe dafür anführen, warum dies bislang nicht eingetreten ist:

Erstens gelangt das frisch geschaffene Geld kaum zu den Bürgern oder in die reale Wirtschaft, sondern vornehmlich zu Spekulanten.

Zweitens verwenden Notenbanken und Geschäftsbanken dieses Fiatgeld, um Aktien, marode Staatsanleihen sowie minderwertige Unternehmensanleihen zu erwerben. Dadurch steigen die Kurse dieser Anleihen, während die Renditen sinken. Drittens ist die Bevölkerungsstruktur in den westlich geprägten Industrieländern derart veraltet, dass selbst massive Gelddruckmaßnahmen weder die Konsumnachfrage noch das Wirtschaftswachstum merklich ankurbeln können. Die expansive Geldpolitik hat somit die Zinsen auf ein historisches Tief gedrückt.

Mit diesen Mitteln kaufen die sogenannten Notenbanker den Geschäftsbanken minderwertige Wertpapiere ab, um deren Belastung zu verringern. Letztlich bleibt diese Last jedoch beim Steuerzahler hängen. Ein weiterer möglicherweise noch bedeutenderer Faktor ist die alternde Bevölkerung in den maßgeblichen westlichen Wirtschaftsräumen.

Die Babyboomer-Generation, heute zwischen 50 und 69 Jahre alt, zeichnete sich durch ihr stärkstes Konsumverhalten im Zeitraum von 1982 bis 2007 aus. In Japan erreichte der Konsumhöhepunkt dieser Generation bereits 1994 seinen Gipfel. 21 Jahre später liegt der Nikkei-Index immer noch etwa 50 Prozent unter seinem damaligen Rekordstand. Über zwei Jahrzehnte hinweg verharrten die japanischen Leitzinsen faktisch bei null, ohne nennenswerte wirtschaftliche Impulse hervorzubringen. (Der Leitzins bezeichnet den Zinssatz, den eine Zentralbank für die Refinanzierung von Geschäftsbanken festlegt.) In Japan wurde auf krankhafte Weise versucht, die Wirtschaft durch Finanzspritzen und zahlreiche fiskalische Maßnahmen zu stimulieren – jedoch ohne jeglichen Erfolg.

Wer sollte ernsthaft glauben, dass Europa oder Amerika einen anderen Ausgang nehmen würden? Das einzige Ergebnis dieser expansiven Geld- und Fiskalpolitik ist eine systemgefährdende Staatsverschuldung von irreparabler Dimension. Seit einigen Jahren sparen die europäischen und amerikanischen Babyboomer für ihren Ruhestand oder haben diesen bereits erreicht. Nun wiederholen Notenbanker und Politiker in den USA und Europa exakt jene Fehler, die Japan vor rund zwanzig Jahren begangen hat. Trotz endloser Finanzspritzen und umfangreicher Infrastrukturinvestitionen leidet die japanische Wirtschaft seit über zwei Dekaden.

Wie kann man so ignorant sein, denselben Fehler erneut zu begehen und dabei ein anderes Resultat als Überschuldung, Stagnation und ausgeprägte Deflation zu erwarten? Es gibt nahezu 300 Millionen Babyboomer. Wer oder was könnte diese Menschen zu einem unnatürlichen und irrationalen Konsumverhalten bewegen? Die Mehrheit dieser Personen wird eher sparen oder Schulden abbauen, sofern sie über mehr finanzielle Mittel verfügt.

Diese Generation – zu der auch der Autor zählt – verwendet ihr Geld für medizinische Behandlungen, nicht aber für das neueste Luxusautomodell. Keine expansive Geldpolitik wird das Kaufverhalten dieser großen Generation maßgeblich verändern können. Die grundlegende Annahme der expansiven Geldpolitik beruht letztlich auf Wunschdenken, denn diejenigen an der Macht – inklusive Banker und Superreiche – versuchen vergeblich, eine Dampfwalze mit einem Fiat 500 aufzuhalten und zum Stillstand zu bringen.

Es ist kein Zufall, dass der Nikkei-Index im Jahr 1994 zusammenbrach und der Immobilienmarkt zwischen 2006 und 2009 einbrach – jeweils zu dem Zeitpunkt, als die Babyboomer ihre Ausgabespitzen überschritten hatten. Seit 1994 hat der japanische Aktienindex real über 70 Prozent seines Wertes eingebüßt. Warum sollte es in Amerika oder Europa anders verlaufen?

Die Unternehmensgewinne werden – ähnlich wie in Japan – stagnieren oder sogar zurückgehen. Die Gewinnmargen werden größtenteils schrumpfen, ebenso wie Nettogewinne und folglich auch die Börsenkurse. Zudem werden auch die Bewertungsmultiplikatoren für diese Gewinne sinken. Diese negative Entwicklung wird sicherlich nicht alle Unternehmen gleichermaßen treffen, doch erfahrene Baissiers können bereits heute recht genau einschätzen, welche Firmen scheitern, leiden, überleben oder profitieren werden. Für 99 Prozent der Marktteilnehmer ist diese Entwicklung allerdings noch kaum erkennbar – sehr zum Vergnügen des etwas moralisch fragwürdigen Short-Sellers.