MENU

Kritische wirtschaftliche Gesamtanalyse: Das Ende langjähriger Unternehmen in der Lausitz durch Betriebsschließungen

Screenshot youtube.com Screenshot youtube.com

Das Verschwinden von gut bezahlten Industriearbeitsplätzen in der Lausitz – exemplarisch sichtbar an Standorten wie Bombardier/Alstom in Görlitz, dem Schokoladenwerk Kathleen in Oderwitz, der Zuckerfabrik Mühlberg sowie dem Waggonbau Niesky – steht stellvertretend für einen tiefgreifenden und anhaltenden Strukturwandel mit weitreichenden Konsequenzen für Wirtschaft, Gesellschaft und die Identität der betroffenen Regionen.

Industrieller Niedergang in der Lausitz

Die Lausitz war über Jahrzehnte hinweg geprägt von einer starken industriellen Basis, deren Schwerpunkte insbesondere in der Schwer- und Verarbeitungsindustrie, der Ernährungswirtschaft sowie im Maschinenbau lagen. Betriebe wie das traditionsreiche Bombardier/Alstom-Werk in Görlitz, gegründet 1849 und ein Symbol für mehr als 175 Jahre Industriegeschichte, bildeten das Fundament der regionalen Wertschöpfung. Mit mehreren Tausend Beschäftigten während der DDR-Zeit und noch etwa 700 Arbeitskräften bis 2025 prägte es das soziale Gefüge der Stadt maßgeblich. Der Übergang von Bombardier zu Alstom, wiederholte Restrukturierungen und schließlich die Übernahme durch den Rüstungskonzern KNDS markieren das schleichende Ende klassischer Industriekompetenz am Standort: Zum einen werden mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze abgebaut, zum anderen ersetzt jahrzehntelange Schienenfahrzeugentwicklung eine völlig andere Produktion mit ungewissem Wertschöpfungspotenzial für die Region. Dieser Verlust an industrieller Kontinuität stellt eine Zäsur für Görlitz dar; die Region verliert einen bedeutenden Teil ihres technischen Know-hows und ihrer wirtschaftlichen Identität.

Dieser Trend setzt sich auch an anderen Standorten fort: Das Schokoladenwerk Kathleen in Oderwitz, die Zuckerfabrik Mühlberg sowie der Waggonbau Niesky, allesamt Betriebe mit langer Tradition, sind entweder dauerhaft stillgelegt oder durch Eigentümerwechsel und nachlassende Investitionsbereitschaft nicht mehr als Motoren wirtschaftlicher Entwicklung präsent. Die Schließungen dieser Standorte sind kein Einzelfall, sondern Teil einer umfassenden Deindustrialisierungswelle, die seit der Wiedervereinigung besteht und sich in den letzten Jahren durch technische Herausforderungen, regulatorischen Druck, Kostenzwänge und Standortkonkurrenz weiter verschärft hat.

Anhaltende Deindustrialisierung und Strukturbruch

Mit dem Rückgang der genannten Industrien wird nicht nur der Verlust einzelner Arbeitsplätze sichtbar, sondern die gesamte regionale Wertschöpfungskette wird zerstört. Diese Entwicklungen sind geprägt von internationalem Wettbewerbsdruck, Verlagerungen in kostengünstigere Länder und fehlenden Investitionen. Wenn industrielle Kernbereiche wegfallen, verlieren Zulieferer, Handwerksbetriebe, Logistikunternehmen und Dienstleister ihre Auftraggeber und damit ihre finanzielle Grundlage. Unersetzlich gehen generationsübergreifende Erfahrungswerte, Ausbildungsstrukturen sowie Ingenieurkompetenzen verloren. Das industrielle Ökosystem gerät aus dem Gleichgewicht, wodurch die Attraktivität der Lausitz für potenzielle Investoren weiter sinkt – ein sich selbst verstärkender Abwärtstrend.

Soziale und wirtschaftliche Katastrophe für die Bevölkerung

Die Auswirkungen auf die Bürger sind gravierend und in vielen Bereichen spürbar. Der Wegfall gut bezahlter Industriearbeitsplätze führt unmittelbar zu steigender Arbeitslosigkeit und erhöht das Armutsrisiko bei ehemals hochqualifizierten Fachkräften. Das Lohnniveau in den nachfolgenden Branchen – etwa im Dienstleistungssektor oder im Niedriglohnsegment – ist meist deutlich niedriger. Gleichzeitig gehen tarifliche Schutzmechanismen, betriebliche Altersvorsorge und soziale Standards verloren. Junge Menschen mit beruflicher Qualifikation oder technischem Studium wandern ab, da es vor Ort kaum Perspektiven gibt. Dies führt zu einer demografischen Schieflage mit Überalterung und zunehmender Abwanderung, was wiederum die sozialen Sicherungssysteme belastet. Der Verlust industrieller Wertschöpfung zieht erhebliche Einbußen bei den kommunalen Steuereinnahmen nach sich, was zu Kürzungen bei Infrastruktur, Bildungseinrichtungen, sozialer Betreuung und Freizeitangeboten führt. Langjährig gewachsene Identifikationsanker und kulturelle Werte werden geschwächt. Ganze Gemeinden verlieren ihren Zusammenhalt und ihr Selbstbewusstsein, da die Industrie auch integrative und kulturelle Funktionen innehatte. Psychosoziale Folgen wie Resignation, Politikverdrossenheit oder eine erhöhte Anfälligkeit für populistische Strömungen verschärfen den sozialen Zerfall zusätzlich.

Fehlende Perspektive auf gleichwertigen Ersatz

Die Forderung nach wirtschaftlicher Vernunft bleibt bislang weitgehend unbeantwortet. Großprojekte zur Kompensation im Industrie- oder technologiegetriebenen Bereich sind rar gesät – die Initiativen der letzten Jahre bleiben kleinteilig und gleichen nicht annähernd den Verlust an Arbeitsplätzen, Know-how und unternehmerischem Engagement aus. Die Region verharrt somit in einem Teufelskreis aus wirtschaftlicher Schwäche, schwindender Innovationskraft und wachsender Perspektivlosigkeit.

Kritische Gesamtbetrachtung: Schließungen und Bedeutungsverlust traditionsreicher Betriebe

Die Schließungen sowie der Bedeutungsverlust von Traditionsbetrieben wie Bombardier/Alstom Görlitz, Kathleen Oderwitz, Zuckerfabrik Mühlberg und Waggonbau Niesky symbolisieren beispielhaft den Prozess einer dauerhaften Deindustrialisierung in der Lausitz. Zurück bleiben tiefe soziale Wunden, massive Einbußen an Lebensqualität und wirtschaftlicher Dynamik sowie eine verschärfte gesellschaftliche Krise. Ohne substanzielle politische und wirtschaftliche Gegenmaßnahmen droht der Lausitz ein weiterer Abstieg zur strukturellen Randregion – eine Entwicklung, aus der mittel- bis langfristig kaum noch eine Rückkehr zum früheren industriellen Wohlstand möglich sein wird.