Snapchat: Gelöscht ist nicht gleich gelöscht

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Snapchat ist gerade bei Jugendlichen sehr beliebt. Die Messenger-App verspricht, dass alle Nachrichten nach kurzer Zeit gelöscht werden. Hält Snapchat das Versprechen? Und welchen Bedingungen stimmt man bei der Nutzung automatisch zu?

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Von Valie Djordjevic

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Das ist Snapchat

Snapchat ist ein Messenger, mit der man sich Nachrichten in Form von Bildern und kurzen Video-Clips zuschicken kann. Das Besondere an Snapchat ist, dass die Nachrichten nach kurzer Zeit vom Gerät des Empfängers verschwinden.

Nach eigenen Angaben hat die App mehr als 265 Millionen aktive Nutzer*innen täglich (Stand Februar 2021). Sie ist vor allem unter Jugendlichen sehr beliebt, die Nutzungsbedingungen sehen ein Mindestalter von 13 Jahren vor.

2016 änderte das 2011 gegründete Unternehmen aus Kalifornien seinen Namen von Snapchat Inc. zu Snap Inc. Seit Januar 2019 sind versendete Inhalte Ende-zu-Ende-verschlüsselt.

Der Dienst verdient Geld durch spezielle Werbeformate: Firmen können gegen Bezahlung sogenannte “Discover-Channels” einrichten, Werbung in Form von “Stories” verbreiten oder eigene Foto-Filter anbieten.

Verschwinden Nachrichten restlos?

Private Nachrichten werden gelöscht, sobald beide Chattenden sie angesehen und den Chat verlassen haben. Es ist auch möglich, Nachrichten 24 Stunden aufzubewahren und sie erst danach verschwinden zu lassen. Nachrichten an Gruppenchats werden nach 24 Stunden gelöscht, auch wenn noch nicht alle Gruppenmitglieder sie angesehen haben.

Daneben gibt es sogenannte Storys, die 24 Stunden lang im eigenen Kanal sichtbar sind und innerhalb dieser Zeit beliebig oft angeschaut werden können. Sie bestehen aus Videos, Bildern und Animationen, die untertitelt und bearbeitet werden können. Man kann festlegen, wer die Storys sehen kann: Von der ganzen Welt bis zu bestimmten Kontakten ist alles möglich.

Wenn die Nachrichten „verschwinden“, werden sie allerdings nicht gleich vom Gerät gelöscht. Je nach Betriebssystem wird zunächst nur der Dateiname so verändert, dass der Foto-Manager einen sogenannten Snap nicht mehr als Foto erkennt. Mit etwas technischem Hintergrundwissen und zusätzlichen Apps lassen sich die Snaps aber wiederherstellen.

Die Bilder werden nicht nur auf dem Gerät, sondern auf den Servern von Snapchat in den USA gespeichert. Dort bleiben sie so lange, bis sie von den Nutzer*innen abgerufen werden oder die Anzeigedauer abgelaufen ist. Danach werden sie automatisch gelöscht. Wann genau welche Inhalte gelöscht werden, erklärt der Dienst auf seinen Support-Seiten.

Trotz der Flüchtigkeit gilt also auch bei Snapchat: Bevor man etwas versendet, sollte man sich ganz sicher sein, dass man damit leben kann, wenn dieses Bild – aus welchen Gründen auch immer – doch länger im Umlauf bleibt.

Filter und Gesichtserkennung

Beliebt ist Snapchat vor allem wegen der Spaßfilter, mit denen Nutzer*innen Bilder bearbeiten können. Diese Filter heißen bei Snapchat „Linsen“. Mit ihnen kann man Portraits animieren und zum Beispiel eine Hundezunge hinzufügen. Dafür scannt Snapchat das Gesicht und legt dann eine Schablone darüber.

Früher erklärten die Snapchat-Hilfeseiten, dass es sich dabei um Objekterkennung, nicht Gesichtserkennung handle. Die Linsen sollen zwar erkennen können, dass es sich um ein Gesicht handelt und wo zum Beispiel die Augen sind. Sie sollen aber kein bestimmtes Gesicht erkennen können. Im April 2021 waren Firmenangaben zu diesem Punkt nicht mehr auffindbar.

Aus einem Patent, das Snapchat 2016 laut dem Magazin Business Insider angemeldet hat, geht hervor, dass die Firma schon an Technologien zur Gesichtserkennung arbeitete. Ob und wann diese zum Einsatz kommt, ist unklar.

US-Verbraucherschutz prüft Snapchat

2014 warf die amerikanischen Verbaucherschutzbehörde Federal Trade Commission Snapchat vor, Nutzer*innen zu täuschen und ihr Datenschutzversprechen zu brechen, indem sie anders mit Informationen und Snaps umging als erklärt.

Der Dienst habe sich ohne das Wissen oder das Einverständnis der iOS-App-Nutzer*innen mit Hilfe der Funktion “Freunde finden” Zugang zu Adressbuch- und Standortdaten verschafft. Auch habe Snapchat diese Funktion nicht richtig abgesichert, sodass Angreifer Zugang zu Telefonnummern und Namen von 4,6 Millionen Nutzer*innen gehabt hätten.

Die Behörde stellte bei der Prüfung des Dienstes auch grobe Fehler in Sachen Datensicherheit fest: Aus der App gelöschte Bilder und Videos blieben etwa im Dateisystem des Empfängergeräts gespeichert, wo sie problemlos ausgelesen oder auf einen Computer kopiert werden konnten.

Insgesamt wurde eine ganze Liste an Vorwürfen bestätigt. Zusätzlich zu den Auflagen, ihre Praxis zu ändern und mehr Transparenz zu schaffen, wurde 2014 ein unabhängiger Sachverständiger eingesetzt, der die App für die folgenden 20 Jahre kontrollieren soll.

Snap Map: Freunde orten

Im Juni 2017 führte Snapchat die Funktion Snap Map ein. Aktiviert man sie, kann man sehen, wo bestimmte Snaps gepostet werden. Dabei kann man festlegen, wer den eigenen Aufenthaltsort auf der “Snap Map”-Karte sieht. So kann man nur ausgewählten Freunden, allen, oder niemandem (“Ghost Mode”) den eigenen Standort freigeben.

Der Aufenthaltsort wird jedoch nicht nur dann übertragen, wenn man einen Snap postet – sondern jedes Mal, wenn man die App öffnet. Freigeschaltete Kontakte können also immer sehen, wo man sich befindet, wenn die App gerade läuft.

Hat man die App acht Stunden nicht geöffnet, verschwindet man laut Firmenangaben von der Karte.

Das sagt die Datenschutzerklärung

Snapchat erklärt verständlich und auf Deutsch, welche Daten das Unternehmen wofür sammelt und wie es sie weitergibt. Das Unternehmen speichert einerseits alle Daten, die man selbst angibt und über den Dienst versendet („Daten, die du uns freiwillig gibst“). Dazu gehören auch Telefonnummer, E-Mail-Adresse und das Geburtsdatum; diese Informationen werden bei der Anmeldung abgefragt.

Wer Inhalte in Live-Storys, lokalen Storys oder anderen Crowdsourcing-Inhalten sendet, gewährt Snap Inc. und deren Geschäftspartner*innen das Recht, diese Inhalte uneingeschränkt zu nutzen und zu verkaufen, und dabei auch den Namen der Nutzer*innen zu veröffentlichen. Natürlich speichert Snapchat auch Verbindungs- und Metadaten – also wer wann was an wen sendet, welche Snaps man ansieht und so weiter.

Zudem erhebt die App bestimmte Informationen über das Gerät, zum Beispiel, die Art des Geräts und des Betriebssystems. Die Daten benutzt Snapchat, um die Services zu verbessern, zur Analyse der Nutzung, aber auch für personalisierte Werbung. Snapchat lässt sich das Recht einräumen, die Daten an Dritte weiterzugeben, etwa an Partnerunternehmen, Diensteanbieter und Händler, an Strafverfolgungsbehörden und Ähnliches.

 


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