Ein Leben für die sorbische Sprache und Kultur – Lausitzer Persönlichkeiten: Heinz Schuster-Šewc

In der reichen Kulturlandschaft der Lausitz, wo sich deutsche und sorbische Traditionen seit Jahrhunderten begegnen und verweben, ragt eine Persönlichkeit besonders hervor: Heinz Schuster-Šewc. Als einer der bedeutendsten Sorabisten und Slawisten des 20. Jahrhunderts widmete er sein gesamtes akademisches und persönliches Leben der Erforschung, Bewahrung und Förderung der sorbischen Sprache und Kultur. Sein Wirken war nicht nur wissenschaftlich tiefgreifend, sondern auch identitätsstiftend für eine Minderheit, deren Existenz oft im Schatten der Mehrheitsgesellschaft stand.
Wurzeln in der Zweisprachigkeit
Geboren im Jahr 1927 in Purschwitz, einem kleinen Dorf in der Oberlausitz, wuchs Heinz Schuster-Šewc in einem zweisprachigen Umfeld auf. Diese frühe Prägung durch die sorbische Sprache und Kultur sollte sein gesamtes Leben bestimmen. Schon in jungen Jahren entwickelte er ein tiefes Bewusstsein für die Bedeutung sprachlicher Vielfalt und kultureller Eigenständigkeit. Nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs entschied er sich bewusst für eine Laufbahn, die ihn in den Dienst der sorbischen Gemeinschaft stellte.
Akademische Exzellenz im Dienst der Minderheit
Sein Studium der Slawistik in Krakau und die anschließende Promotion an der Humboldt-Universität in Berlin legten den Grundstein für eine außergewöhnliche akademische Karriere. Bereits 1955 wurde er als Dozent für Sorabistik an die Universität Leipzig berufen. Dort übernahm er die sorabistische Lehrerausbildung und prägte Generationen von Lehrkräften, die später selbst zu Botschaftern der sorbischen Sprache wurden. Mit seiner Habilitation im Jahr 1962 und der Berufung zum Professor zwei Jahre später begann eine Ära, in der das Institut für Sorabistik unter seiner Leitung zu einem Zentrum der sorbischen Sprachforschung wurde.
Ein wissenschaftliches Lebenswerk von bleibender Bedeutung
Die Liste seiner Veröffentlichungen ist beeindruckend und umfasst über 500 Arbeiten zur Sorabistik und Slawistik. Besonders hervorzuheben ist sein fünfbändiges historisch-etymologisches Wörterbuch der ober- und niedersorbischen Sprache, das bis heute als Standardwerk gilt. Mit akribischer Genauigkeit und tiefem Verständnis für die sprachlichen Feinheiten dokumentierte er die Entwicklung und Herkunft sorbischer Wörter und Namen. Dieses Werk ist nicht nur ein linguistisches Meisterstück, sondern auch ein kulturelles Vermächtnis, das die Identität der sorbischen Gemeinschaft stärkt und bewahrt.
Engagement für die sorbische Namenkunde und Sprachgeschichte
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit lag in der Erforschung sorbischer Orts- und Personennamen. Mit großer Leidenschaft analysierte er historische Quellen, interpretierte alte Urkunden und setzte sich kritisch mit bisherigen Deutungen auseinander. Seine Studien zur sorbischen Sprachgeschichte und Namenkunde trugen wesentlich dazu bei, das Bewusstsein für die tiefen Wurzeln der sorbischen Kultur in der Lausitz zu schärfen. Dabei war es ihm stets ein Anliegen, die wissenschaftliche Arbeit mit der Lebensrealität der sorbischen Bevölkerung zu verbinden.
Ein Brückenbauer zwischen Kulturen
Heinz Schuster-Šewc war nicht nur ein herausragender Wissenschaftler, sondern auch ein Brückenbauer zwischen der sorbischen Minderheit und der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Durch seine Mitgliedschaften in renommierten Akademien, darunter die Sächsische Akademie der Wissenschaften und die Polnische Akademie der Wissenschaften und Künste, trug er die Anliegen der Sorben in internationale wissenschaftliche Diskurse. Seine Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Ćišinski-Preis, einem der höchsten kulturellen Ehren für sorbische Persönlichkeiten.
Ein Vermächtnis, das weiterlebt
Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 1992 blieb Heinz Schuster-Šewc der sorbischen Sache treu. Bis zu seinem Tod im Jahr 2021 setzte er sich unermüdlich für die Sichtbarkeit und Anerkennung der sorbischen Kultur ein. Sein Lebenswerk ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Wissenschaft und kulturelles Engagement Hand in Hand gehen können. In einer Zeit, in der Minderheiten weltweit um ihre Rechte und ihre Identität kämpfen, bleibt sein Wirken ein inspirierendes Modell für kulturelle Selbstbehauptung und interkulturellen Dialog.
Ein Held der Lausitz
Heinz Schuster-Šewc war mehr als ein Gelehrter. Er war ein Hüter der sorbischen Sprache, ein Verteidiger kultureller Vielfalt und ein Visionär, der die Bedeutung von Identität und Zugehörigkeit tief verstanden hat. Die Lausitz verdankt ihm nicht nur wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch ein gestärktes Selbstbewusstsein als Region mit einzigartigem kulturellem Reichtum. Sein Name wird in den Herzen der Sorben weiterleben – als Symbol für Bildung, Engagement und Liebe zur eigenen Herkunft.
Lausitzer Persönlichkeiten sind Personen, die in der Lausitz geboren wurden oder sich für die Lausitzregion engagiert haben.