Innerer Wert der Nachbarschaftshilfe: “Am besten ist, wenn man sich nicht nur um sich selbst sorgt”

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Krisenzeiten sind immer Zeiten, wo staatliche Strukturen schwächer werden oder sich teils auflösen. – Vielleicht zu dick aufgetragen? – An dieser Stelle soll die freiwillige Selbstorganisation in Form der Nachbarschaftshilfe treten: Mit genau solchen Ansinnen tritt eine Bundesbehörde öffentlich hervor.

“Katastrophenhilfe-Bundesamt fordert mehr Nachbarschaftshilfe”

>>FinanzNachrichten.de<<

“Katastrophenhilfe-Bundesamt fordert mehr Nachbarschaftshilfe – “Am besten ist, wenn man sich nicht nur um sich selbst sorgt, sondern auch beispielsweise Nachbarn helfen kann. Die ersten, die am Unfallort sind, sind nicht die Rettungskräfte, sondern zum Beispiel die Nachbarn” …

Nachbarschaftshilfe: “Am besten ist, wenn man sich nicht nur um sich selbst sorgt”

Es handelt sich hierbei um keinen Ausrutscher, sondern gefühlt wird die Nachbarschaftshilfe in jeder zweiten Broschüre angesprochen. Insbesondere Krisenzeiten – wie Überschwemmungen oder größeren Stromausfall – haben gezeigt: Die staatlichen Helfer sind weitestgehend mit sich selbst beschäftigt und das geben sie auch offen zu.

Inflation: Warum die Nachbarschaftshilfe zu einer Art von Währung konvertieren könnte

Nun geht es aber im Zuge einer starken Inflation weiter zu denken. Denn wer kann schon sagen: Welchen genauen Wert wird der Euro noch in einigen Monaten haben oder wird es diese Währung dann überhaupt noch geben? Banale Dinge – wie der wöchentliche Einkauf – könnten sich unter jenen Umständen als kleines Abenteuer entwickeln. Genau an dieser Stelle wurden bereits Praxiserfahrungen gesammelt. Auf der verhältnismäßig kleinen Insel Bali wurde das Prinzip der Nachbarschaftshilfe zu einer Art von Währung entwickelt.

Alternativwährung auf der Insel Bali: “Bei der eine Stunde Zeit gegen Waren und Dienstleistungen verrechnet wird”

>>Geld war gestern von Christine Koller & Markus Seidel (Buch) <<

“Linton hatte Anfang der 80er-Jahre die Tauschring-Idee ersonnen, bei der eine Stunde Zeit gegen Waren und Dienstleistungen verrechnet wird. Lintons Idee führt damit die traditionelle balinesische Nachbarschaftshilfe im weitesten Sinne fort. Und wie all diese Beispiele und ihre Nachahmer zeigen, war es immer eine Krisensituation, die Visionäre wie Gesell, Linton und Co. zu ungewöhnlichen Geistesblitzen veranlasst hat. Sie ist ein guter Nährboden für ungewöhnliche Lösungsansätze, die dann – aus Mangel an Alternativen – schnell in der Praxis ausprobiert wurden. Meist mit großem Erfolg.”

“War es immer eine Krisensituation” – “Ein guter Nährboden für ungewöhnliche Lösungsansätze”

Dieser Lösungsansatz ist beileibe nicht so ungewöhnlich. Auch der Preis von Gold oder einer Kryptowährung wird an “geleisteter Arbeitverrechnet. In einer Unze an Gold steckt nun mal eine gewisse Zeit an menschlichen Arbeitsaufwand drin. Natürlich fließen noch andere Faktoren im Goldpreis mit ein, aber grundsätzlich wird daran der innere Wert festgemacht. Dieses Prinzip wurde bei Kryptowährungen auf die digitale Welt übertragen. Die allermeisten digitalen Währungen müssen – vereinfacht – ebenfalls “geschürft” werden. Und auch das ausgeklügelte Prinzip der balinesische Nachbarschaftshilfe ist auch hierzulande quasi um die Ecke zu finden.

“Café-Werkstätten bieten nicht nur Hilfe zur Selbsthilfe”

>>Die Kultur der Reparatur von Wolfgang M. Heckl (Buch) <<

“Zudem konkurrieren heute Technik-Nerds mit Handarbeitsfreaks. Das Reparieren wird immer weiter gefasst, als Herstellen von Dingen mit eigenen Händen – das Spektrum der „Marke Eigenbau“ ist breit. Der Anspruch ist nicht nur aufs Tun beschränkt, die Café-Werkstätten bieten nicht nur Hilfe zur Selbsthilfe, sie sind Räume, in denen man versinken kann, die sich entschleunigt haben, die dem kreativen Denken und Machen den Vorzug geben. Und sie initiieren eine Form der Nachbarschaftshilfe, da sie in ihre Stadtviertel eingebunden sind, sie wecken Teamgeist und verbinden Generationen miteinander.”

“Form der Nachbarschaftshilfe” – “Sie wecken Teamgeist und verbinden Generationen miteinander”

Diese Art von Café-Werkstätten oder Treffen mit ähnlicher Ausrichtung sind schon heute recht weit verbreitet. Auf genau jenen Grundgedanken wurden ganze Unternehmen gegründet.

Nachbarschaftshilfe: “Während in der klassischen Ökonomie der Besitz eines privaten Gutes die gemeinschaftliche Nutzung in der Regel ausschließt”

>>Wer kriegt die Kurve? von Ferdinand Dudenhöffer (Buch) <<

“Airbnb ist ein eingängiges Beispiel für das Konzept der Sharing Economy. Im Kern geht es um eine Art kollaborativen, gemeinschaftlichen Konsum von Produkten wie Autos, Fahrräder oder Wohnraum. Während in der klassischen Ökonomie der Besitz eines privaten Gutes die gemeinschaftliche Nutzung in der Regel ausschließt, überbrückt die Sharing Economy durch das Prinzip »teilen statt besitzen« diesen Ausschluss. Wenn mehrere zusammen ein privates Produkt nutzen können, wird es gesamtgesellschaftlich wertvoller, als wenn nur ein einzelner in den Konsumgenuss kommt. Das Prinzip ist nicht unbedingt neu. Doch früher beschränkte es sich eher auf eine Nachbarschaftshilfe und war wenig professionalisiert.”

“Früher beschränkte es sich eher auf eine Nachbarschaftshilfe und war wenig professionalisiert”

Es gibt eine ganze Reihe von vergleichbaren Portalen. Das analoge Prinzip der Nachbarschaftshilfe ist also in der digitalen Welt angekommen.