Lausitzer Mythen: Der Schalkstein

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Im Walde bei Neu-Johnsdorf bei Zittau erhebt ein hoher, ausgezeichneter Felsenkegel stolz sein Haupt über die bescheidnen Eriken und jungen niedrigen Baumgattungen.

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Von Heinrich Gottlob Gräve

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Dort liegt ein Schatz, dessen Hebung leicht ist, indem sie nicht von Beschwörungen, angestrengter Mühe, Aufopferungen oder Gefahr, sondern blos von einem glücklichen Ohngefähr abhangt.

In der Johannisnacht nämlich – wo so manche Kräfte dem Geheimnißkenner zu Gebote stehen, und wo so Manches dem, der es kennt, möglich wird – entblüht der Spitze jenes nackten Felsens – doch auf weit kürzere Zeit, als der cactus grandiflorus – eine schöne, wundervolle Blume, dergleichen wohl nirgends in der Welt irgend die Natur, oder ein Treib- oder Gewächshaus aufweisen kann. Kurz dauernd, – wie alles Schöne, Große und Gute auf der Erde – ist ihre Blüthenzeit; dann schließt sich die Dolde, und Stengel, wie Blätter, sinken in das kalte steinerne Grab. Der Glückliche, welcher den Augenblick ihres Blühens sieht und nur mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand sich gegen sie bewegt, macht sich dadurch zum Besitzer dieses Schatzes.