Inflation: “Steht dieser Ausweitung der Geldmenge keine entsprechende Erhöhung des Realgüterangebots gegenüber, so steigt das Preisniveau”

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Die unerfassten Preissteigerungen: Oder Warum der offizielle Preisinflationsindex bei vielen Menschen die Lebenshaltungskosten nur unzureichend widerspiegelt? Nicht offizielle Zahlen zur Inflationen, sondern eine Umfrage ganz anderer Art macht auf ganz praktische Probleme aufmerksam.

“Inflation: Bei jedem dritten Deutschen reicht der Netto-Lohn nicht mehr”

>>Frankfurter Rundschau<<

“Inflation: Bei jedem dritten Deutschen reicht der Netto-Lohn nicht mehr – In den vergangenen Monaten erlebte Deutschland eine derartige Verteuerung der Lebenshaltungskosten, sodass sich zahlreiche Menschen Sorgen um ihre Existenz machen. … In der vom Institut Yougov durchgeführten Umfrage erklärten 21 Prozent, dass ihr Gehalt „eher nicht“ reichen würde, um die laufenden Lebenshaltungskosten decken zu können. 8,5 Prozent sind der Meinung, dass ihre Einnahmen „überhaupt nicht“ ausreichen.”

“Umfrage erklärten 21 Prozent, dass ihr Gehalt „eher nicht“ reichen würde”

Selbst bei finanziell bessergestellten Haushalten kommt die Inflation an. Diese müssen auf wichtige Investitionen verzichten oder diese auf unbestimmte Zeit aufschieben.

“Gut die Hälfte der Befragten hat demnach Angst, die notwendigen Lebenshaltungskosten künftig nicht mehr zahlen zu können”

>>Frankfurter Allgemeine Zeitung<<

“Gut die Hälfte der Befragten hat demnach Angst, die notwendigen Lebenshaltungskosten künftig nicht mehr zahlen zu können. Jeder Dritte rechnet damit, sich verschulden zu müssen. … Auch Investitionen in ein eigenes Haus oder Hochzeits- und Urlaubspläne werden auf Eis gelegt, um die finanzielle Situation nicht noch mehr zu belasten, sagt … . Viele Veränderungen erfassen aber auch den Alltag. Nach der im Auftrag der Schufa von Nordlight Re­search im Oktober durchgeführten Um­frage erwartet gut ein Drittel der Be­fragten, dass das Einkommen nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard zu halten.”

“gut ein Drittel der Be­fragten, dass das Einkommen nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard zu halten”

Die Folge sind unerfasste Preissteigerungen, welche die Sorgen um die eigene Existenz verstärken. Immer mehr Menschen rechnen damit, sich aufgrund steigender Lebenshaltungskosten verschulden zu müssen. Das Gehalt reicht oft nicht aus, um den eigenen Lebensstandard zu halten und selbst bei sorgfältiger Haushaltsführung bleibt am Ende des Monats oft zu wenig Geld übrig. Doch woran liegt es, dass die Inflationserhöhung so stark von der Realität abweicht?

“Außerdem werden wichtige Wirtschaftsbereiche, wie die Finanzgüter- und Immobilienmärkte, bei der Kalkulation der Inflation nicht berücksichtigt”

>>Endspiel von Florian Homm (Buch) <<

“Außerdem werden wichtige Wirtschaftsbereiche, wie die Finanzgüter- und Immobilienmärkte, bei der Kalkulation der Inflation nicht berücksichtigt. So konnte man in den Jahren 2002–2007 im Dollarraum und im Euroraum ein deutliches Wachstum der Geldmenge feststellen, was nach der Quantitätsgleichung zu Preissteigerungen führen müsste. Diese Preissteigerungen fand man in Bereichen, die vom Index der Lebenshaltungskosten nicht erfasst wurden. So geht etwa eine Steigerung der Immobilienpreise nicht in den Index der Lebenshaltungskosten ein. Steht dieser Ausweitung der Geldmenge keine entsprechende Erhöhung des Realgüterangebots gegenüber, so steigt das Preisniveau, ohne dass diese Tatsache im Index der Lebenshaltungskosten deutlich wird.”

“Steht dieser Ausweitung der Geldmenge keine entsprechende Erhöhung des Realgüterangebots gegenüber, so steigt das Preisniveau”

Ein wesentlicher Faktor ist die Ausweitung der Geldmenge, ohne dass eine entsprechende Erhöhung des Güterangebots stattfindet. Dadurch steigt zwangsläufig das Preisniveau. Besonders betroffen sind hierbei jene Wirtschaftsbereiche, die bei der Kalkulation der Inflation nicht oder nur wenig berücksichtigt werden. Eine vergleichbare schleichende Entwicklung war während des Ersten Weltkriegs zu beobachten.

“In Hannover reichte der Wochenlohn einer Arbeiterin im Sommer 1918 gerade für zwei Kilogramm Butter”

>>Inflation: Der Untergang des Geldes in der Weimarer Republik und die Geburt eines deutschen Traumas von Frederick Taylor (Buch)<<

“Die meisten Industriearbeiter dagegen mussten während des Krieges aufgrund von Preissteigerungen einen Verfall ihrer Reallöhne hinnehmen. Preissteigerungsraten sind immer schwer zu berechnen, aber alles in allem hatten sich die Lebenshaltungskosten in den Kriegsjahren etwa verdreifacht. Während also der Wechselkurs der Mark sich 1918 stark erholte, hatte ihre Kaufkraft im Inland – in der sich die wirkliche Preisinflation widerspiegelt, wie sie die Normalbürger im Alltag erlebten – drastisch abgenommen. In Hannover reichte der Wochenlohn einer Arbeiterin im Sommer 1918 gerade für zwei Kilogramm Butter. Am Jahresende hatte die Mark im Vergleich zu 1913 rund drei Viertel ihres Wertes verloren. »Mit anderen Worten«, bemerkte ein Historiker dazu,

»die Entwertung der Vorkriegsersparnisse war zum Zeitpunkt des Waffenstillstands bereits in vollem Gange, lange bevor man Milliarden von Mark brauchte, um einen Brief zu frankieren oder ein Ei zu kaufen.«

“Entwertung der Vorkriegsersparnisse” – “Lange bevor man Milliarden von Mark brauchte, um einen Brief zu frankieren oder ein Ei zu kaufen”

Der Weg der späteren Hyperinflation von 1923 war also viele Jahre schon vorher geebnet. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Lebenshaltungskosten einem wichtigen Faktor darstellen. Zumal meist staatliche Institute die offizielle Berechnung der Inflation vornehmen, wobei diese einen Interessenkonflikt unterliegen.

“Arbeitnehmer sind unter den wenigsten Umständen bereit, Lohnkürzungen hinzunehmen”

>>Der Ausweg aus der Krise von Paul Krugman (Buch) <<

“Es ist erheblich leichter, einen einzigen Preis zu verändern, nämlich den Währungskurs, als darauf zu warten, dass sich die Vielzahl von Preisen verändert, aus denen sich die interne Preisstruktur zusammensetzt. … Arbeitnehmer sind unter den wenigsten Umständen bereit, Lohnkürzungen hinzunehmen, aber diese Bereitschaft geht gegen Null, wenn sie nicht wissen, ob auch andere Arbeitnehmer diese Kürzungen akzeptieren und ob mit dem Lohn auch ihre Lebenshaltungskosten sinken. Soweit ich weiß, verfügt kein Land der Welt über einen Arbeitsmarkt und Tarifinstitutionen, mit denen es unkompliziert mit allgemeinen Lohnkürzungen auf die eben beschriebene Situation reagieren könnte. Aber andere Länder haben sehr wohl ein Mittel, mit dem sie ihr Lohnniveau gegenüber dem Ausland relativ problemlos und schnell senken können: Sie werten einfach ihre Währung ab.”

“Lohnniveau gegenüber dem Ausland relativ problemlos und schnell senken können: Sie werten einfach ihre Währung ab”

Bei staatlichen Währungen sind die Staaten praktisch immer für die Höhe der Inflation verantwortlich. Der Einzelne kann hierbei wenig tun. Wer seine finanzielle Situation im Blick behalten möchte, sollte die Preise und Ausgaben stets im Blick haben.