Geld & Ertrag im Lehrplan: “Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit”

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Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen.” So nach Immanuel Kant. – Was sagen die hiesigen Lehrpläne an Schulen über finanzielle Unmündigkeit aus? Mit genau jenen Thema hat sich die Bundeszentrale für politische Bildung beschäftigt und ist zu einer erstaunlichen Feststellung gekommen.

Fehlender Mut die Lehrpläne zu ändern? – “Nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt”

>>Bundeszentrale für politische Bildung<<

“Der Nutzen einer Beschäftigung mit Geld wird gering eingeschätzt. Eine weit verbreitete Einstellung besteht darin, dass der Staat den Bürger zu versorgen habe und eine eigenständige Beschäftigung mit Geld daher überflüssig sei. Auch erscheint vielen das Thema zu komplex oder abstrakt. Diese Einstellungen treffen nicht auf alle Befragten gleich stark zu, aber im Trend ist davon auszugehen, dass die meisten Menschen es vermeiden, sich intensiv mit finanziellen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Der Grundstein für einen erfolgreichen Umgang mit den eigenen Finanzen sollte bereits im Kindesalter gelegt werden, indem Eltern versuchen, ihren Kindern eine adäquate Einstellung zum Taschengeld zu vermitteln. Finanzielle Bildung im Elternhaus ist wirksamer als in der Schule oder anderen externen Bildungsinstitutionen.”

“Finanzielle Bildung im Elternhaus ist wirksamer als in der Schule oder anderen externen Bildungsinstitutionen”

Ein Staat, welchen Lebensbereich bis in kleinste Detail regeln will, kommt nun plötzlich zur Auffassung: “Finanzielle Bildung im Elternhaus ist wirksamer als in der Schule oder anderen externen Bildungsinstitutionen.” – Zwar ziehen sie sich dabei auf die Aussage einer Studie zurück, was aber die Sache kaum besser macht. Schließlich gibt es zum Thema auch andere Auffassungen.

“Wir alle haben tagtäglich mit Geld zu tun, arbeiten dafür, geben wertvolle, endliche Lebenszeit dafür her”

>>Die größte Chance aller Zeiten Marc Friedrich (Buch) <<

“Wir alle haben tagtäglich mit Geld zu tun, arbeiten dafür, geben wertvolle, endliche Lebenszeit dafür her, aber kaum einer weiß, wie man sein Geld anlegen kann, was sinnvoll erscheint und was Unsinn ist. Aus diesem Grund sind wir auf einem eigenen YouTube-Kanal aktiv und versuchen finanzielle Bildung zu verbreiten. Seit Jahren fordere ich (Marc Friedrich), dass das Fach »Geld, Finanzen und Wirtschaft« in der Schule unterrichtet wird.”

“Seit Jahren fordere ich (Marc Friedrich), dass das Fach »Geld, Finanzen und Wirtschaft« in der Schule unterrichtet wird”

Nichtsdestoweniger gibt es hierzu aber auch andere Auffassungen, welche eine komplett gegensätzliche Position vertreten.

“Besonders augenfällig ist der lobbyistisch motivierte Einfluss mittels Unterrichtsmaterialien im Feld der ökonomischen Bildung”

>>Staat im Ausverkauf von Tim Engartner (Buch) <<

“Besonders augenfällig ist der lobbyistisch motivierte Einfluss mittels Unterrichtsmaterialien im Feld der ökonomischen Bildung. Im Hintergrund steht das Anliegen privatwirtschaftlicher Akteure und arbeitgebernaher Interessenvereinigungen, die ökonomische Bildung im allgemeinbildenden Schulwesen mit einem Separatfach »Wirtschaft« aufzuwerten, in dem vorrangig die Themenfelder Finanzielle Bildung und Entrepreneurship Education gelehrt werden sollen. Dahinter steht die Behauptung, das Wirtschafts- und Finanzwissen der Jugendlichen sei ungenügend.”

“Ökonomische Bildung im allgemeinbildenden Schulwesen mit einem Separatfach”

Die Kritik ist sicherlich begründet, wobei der Staat einen Interessenkonflikt in dieser Hinsicht aufweist: Alleine durch das Monopol Steuern, Abgaben und Gebühren zu erheben, tritt er nicht als passiver Zuschauer, sondern aktiver Teilnehmer auf. Sicherlich nicht ganz ohne Hintergedanken sind die Steuergesetze sehr kompliziert gestaltet.

“Mein Anliegen ist es, Steuern verständlich zu erklären” – Interessenkonflikt: Steuern sparen durch Finanzwissen?

>>Sei doch nicht besteuert von Fabian Walter (Buch) <<

“Mein Anliegen ist es, Steuern verständlich zu erklären. Das ist zum Teil ein sehr komplexes Thema, und ich hoffe, ich habe es mit diesem Buch geschafft, etwas Licht in den Steuerdschungel zu bringen. Man kann in einem Buch über Steuern nicht alles abhandeln. Die Steuergesetze, Steuerrichtlinien und Steuererlasse sind bereits so umfangreich und kompliziert, dass sie mehrere Bücher füllen. Und das schon ohne jegliche Kommentierung, die zum Verständnis oft notwendig ist. Vieles, was die eigenen Steuerangelegenheiten betrifft, kann man, auch mithilfe dieses Buches, allein erledigen. Dennoch gibt es Fälle, zum Beispiel bei der Vermietung von mehreren Immobilien oder dem Betrieb einer Kapitalgesellschaft, in denen es definitiv sinnvoll ist, einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin zurate zu ziehen. … Ich setze mich dafür ein, dass mehr finanzielle Bildung in die Schulen kommt. Denn ich glaube, dass man nur mit einem Grundverständnis der Finanzen auch sinnvolle Entscheidungen treffen kann.”

“Ich setze mich dafür ein, dass mehr finanzielle Bildung in die Schulen kommt”

Je mehr Steuern und Abgaben es gibt, desto komplizierter und undurchschaubarer wird die Angelegenheit. Alleine bei der Wahl des Steuerzahlerdgedenktag kochen bei vielen Akteuren die Gemüter hoch, weil die Berechnung angeblich unseriös sei. Häufig wird gerne behauptet das Sozialabgaben und Gebühren keine Steuern seien, was sicherlich formal richtig ist, aber das Geld ist trotzdem weg. Die Gesamtbelastung des Bürgers wird indes immer weiter ausgeklammert. Zugleich wird die finanzielle Luft zum Atmen für die Bürger immer geringer. Das staatliche Interesse zur finanziellen Unmündigkeit ist daher sicherlich begründet. Zumal der Staat auch als Wirtschaftsteilnehmer eine Rolle spielt.

“Heute macht die Bahn über 50 Prozent ihres Umsatzes im Ausland”

>>Schaden in der Oberleitung von Arno Luik (Buch) <<

“Heute macht die Bahn über 50 Prozent ihres Umsatzes im Ausland – gut 50 Prozent ihres Gesamtumsatzes macht sie mit Geschäften, die nichts mit dem Bahnfahren zu tun haben. … Heute ist die Bahn AG in »über 130 Ländern« (DB Konzernbericht) beziehungsweise in »über 140 Ländern« (DB-Pressestelle auf Twitter) unterwegs, so genau weiß das der Konzern offenbar selbst nicht, aber es hört sich beeindruckend an. Ist es aber nicht. Sondern nur ärgerlich. Und überaus schädlich für die Bahn hierzulande. Die Bahn AG besteht aus einem wirren Konglomerat von fast 1 000 Firmen, über neun engbedruckte Seiten zieht sich im aktuellen Geschäftsbericht ihre Auflistung hin, die Palette reicht von der Bayern Express GmbH & P. Kühn GmbH bis zur Autobusni kolodovr d. o. o. Karlovac/Kroatien oder der Kiinteistömaaliikenne Oy, Helsinki/Finnland – ein hoch kompliziertes Geflecht, das um den ganzen Globus reicht: Die Deutsche Bahn selbst ist bloß noch ein Anhängsel in einem weltumspannenden Großreich, in dem die Sonne nie untergeht.”

“Hoch kompliziertes Geflecht, das um den ganzen Globus reicht” – “Deutsche Bahn selbst ist bloß noch ein Anhängsel”

Dieses “weltumspannenden Großreich” mag sich vermutlich beeindruckend anhören. Aber die daraus erzielten Gewinne sind mitnichten. Die finanzielle Schieflage der Bahn rührt teilweise genau aus dieser Investition her.

“Dieser Einsatz im Ausland, heißt es oft, »liefert gute Gewinne«. Falsch.”

>>Schaden in der Oberleitung von Arno Luik (Buch) <<

“Dieser Einsatz im Ausland, heißt es oft, »liefert gute Gewinne«. Falsch. Im Ausland verdient die Bahn kein Geld. Riesig sind die Auslandsumsätze, das stimmt, über die Hälfte des Konzernumsatzes in Höhe von 44,1 Milliarden Euro stammt 2018 aus dem Auslandsgeschäft, viel Geld wird da bewegt, mickrig aber sind die Profite. Sie sind kleiner, als für Tilgung und Verzinsung des eingesetzten Kapitals aufgebracht werden muss. Alles in allem haben diese Aufkäufe von Firmen im Ausland in den vergangenen Jahren mehr als zehn Milliarden Euro verschlungen. Schon in der Mehdorn-Ära hat der Bundesrechnungshof die expansive Auslandsstrategie so heftig wie folgenlos gerügt: die Bahn unterlasse deswegen Reparaturarbeiten in Milliardenhöhe und spare an Investitionen in Deutschland.”

“Bahn unterlasse deswegen Reparaturarbeiten in Milliardenhöhe und spare an Investitionen in Deutschland”

Im hypothetischen Schulfach “Finanzen” vielleicht als Beispielrechnung sich die Bahnbilanz vorzunehmen? – Vermutlich dürfte das Finanzministerium hierbei sein Veto einlegen. Und die Deutsche Bahn ist keinesfalls das einzige Unternehmen im Staatsbesitz.

“Der Bund hält mittelbar oder unmittelbar Anteile an Unternehmen aus verschiedenen Bereichen”

>>Bundesministerium der Finanzen<<

“Der Bund hält mittelbar oder unmittelbar Anteile an Unternehmen aus verschiedenen Bereichen. Beteiligungen des Bundes an Unternehmen finden ihre Grundlage und Legitimation in der Erfüllung spezifischer Aufgaben des Bundes sowie zentraler Themen unseres Landes.”

Könnte sich der Staat alleine aus seinen Unternehmensanteilen selbst finanzieren?

Normalerweise hätte sich der Staat alleine aus seinen Unternehmensanteilen selbst finanzieren können. Doch im Allgemeinen legen weder Bund, noch Länder eine Staatsbilanz vor. Demzufolge kann niemand die finanzielle Situation des Staates seriös beurteilen. Lediglich gewisse Indizien lassen manche Rückschlüsse zu. Auch hier tut sich ein Interessenkonflikt: Ist es wirklich gewollt, dass die breite Masse der Bevölkerung die Bilanzen von staatlichen Unternehmen lesen kann?