Römische Dekadenz auf dem Vormarsch: Der wirtschaftliche Abstieg durch Bildung?

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Der wirtschaftliche Abstieg durch Bildung? – Das mag durchaus sehr Abwegig klingen: Aber selbst die hochtrabende Bundeszentrale für politische Bildung titelt: „Bildungsaufstieg – (K)eine Frage von Leistung allein?“ – Das sich jeder Mensch alleine durch Fleiß und Talent hocharbeiten kann: Daran haben mittlerweile sogar offizielle Publikationen ihre Glauben verloren.

Warum soziale Herkunft und vererbte Privilegien die eigene Zukunft bestimmen

>>Bundeszentrale für politische Bildung<<

„Die sogenannte Meritokratie – eine Gesellschaftsordnung, die auf dem Leistungsprinzip aufbaut – beruht auf zwei Voraussetzungen: Erstens soll der Status und der Erfolg jeder Person durch ihre eigenen Leistungen bestimmt werden, nicht aber durch ihre soziale Herkunft oder vererbte Privilegien. Zweitens sollen alle Personen – nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität – gleiche Chancen erhalten, ihre Fähigkeiten und Potenziale zu entwickeln.“

„Meritokratie“ – „Eine Gesellschaftsordnung, die auf dem Leistungsprinzip aufbaut“

Weitestgehend formal wird die Meritokratie – als ideologische Basis – aber noch aufrecht gehalten. Denn mit dieser Formel lassen sich die eignen Privilegien leicht rechtfertigen und die anderen Menschen noch leichter erniedrigen.

„Die Unterschicht ist ungebildet, faul und schuld an ihrer prekären ökonomischen Situation“

>>Proleten, Pöbel, Parasiten von Christian Baron (Buch) <<

„Die Unterschicht ist ungebildet, faul und schuld an ihrer prekären ökonomischen Situation – so lautet ein verbreitetes Vorurteil. … Entlang seiner eigenen Biografie untersucht er die gesellschaftlichen Konsequenzen einer scheinbar fortschrittlichen Politik, die sich von ihrer ursprünglichen Klientel – der Arbeiterschaft – weit entfernt hat. Warum gibt es in linken Gruppen so wenig Mitglieder ohne akademischen Hintergrund?“

„Politik – „Die sich von ihrer ursprünglichen Klientel – der Arbeiterschaft – weit entfernt hat“

Die Unterschicht ist ungebildet, faul und schuld an ihrer prekären ökonomischen Situation“ – Solche oder vergleichbare Aussagen dürften recht häufig zu hören sein. Es stellen vermutlich in den allermeisten Fällen psychologische Schutzmechanismen dar, damit das eigene Weltbild nicht ins wanken gerät. Zwar sagt Artikel 3 des Grundgesetzes hierzu etwas anderes aus: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ – Dabei die dürfte die eigene Herkunft der Hauptgrund für Bevorzugung oder Benachteiligung sein und das war schon so in früheren Zeiten gewesen.

„Albert Einstein“ – „Vater ein erfolgreicher Fabrikant war und ihn auf das Gymnasium schickte“

>>Der neue Tugendterror von Thilo Sarrazin (Buch) <<

„Wer Leistungen und Verdienste schmälern will, kann stets zehn Bedingungen aufzählen, die für ein bestimmtes Ergebnis verantwortlich waren, und nur eine davon lag in der Leistung des Menschen, dessen Verdienst man gerade schmälern will:

• Alexander der Große hätte niemals ein Weltreich erobern können, wenn ihm sein Vater Philipp nicht eine wohltrainierte Armee hinterlassen hätte. …

• Johann Sebastian Bach konnte nur ein großer Komponist werden, weil er in einer angesehenen Musikerfamilie geboren wurde.

• Goethe konnte sich nur entfalten, weil er in einem reichen Frankfurter Bürgerhaushalt Privatunterricht genoss.

• Albert Einstein konnte nur die Relativitätstheorie entwickeln, weil sein Vater ein erfolgreicher Fabrikant war und ihn auf das Gymnasium schickte.“

Der Verweis auf die Umstände schmälert eine individuelle Leistung nicht. Er wirft aber eine andere Frage auf: Weshalb sind bestimmte Kulturen zu bestimmten Zeiten so besonders fruchtbar, während andere es über lange Zeit nicht zu vergleichbar bedeutenden Leistungen bringen?“

„Goethe“ – „In einem reichen Frankfurter Bürgerhaushalt Privatunterricht genoss“

Die Fakten des Autors mögen ja richtig sein, aber bei genauen Hinsehen lassen sich auch ganz andere Schlüsse ziehen: Ohne die entsprechenden Elternhäuser – respektive Herkunft – wären die schillernden Biographien in dieser Form wohl kaum möglich gewesen. Zumal auch andere Kulturen bedeutende Leistungen vollbracht haben, die aber für gewöhnlich kaum gewürdigt werden.

Elitäre Sichtweise: Warum wissenschaftliche Leistungen ungleich behandelt werden

Die Polynesier haben mit ihren Schiffen bereits praktisch die halbe Welt erkundet, während Europäer zu dieser Zeit noch die Annahme vertraten: Die Erde soll eine Scheibe sein. In den antiken Ruinen von Karthago kann man noch heute eine Sitzbadewanne bestaunen, die nach allgemeiner Lesart erst in der Neuzeit erfunden worden sein soll. Das heutige Zahlensystem haben ursprünglich die Inder entwickelt. Schießpulver, Porzellan, Seide oder Buchdruck: Dies haben alles die Chinesen erfunden. Zusammengefasst: Dieser tote Winkel der Sichtweise kommt besonders bei Wissenschaft und der dazugehörigen Bildung vor. Diese soziale Denkweise lässt sich auch in anerkannten Studien festmachen.

„Aufsteigen? Reich werden? Vergessen Sie’s!“

>>Welt<<

„Aufsteigen? Reich werden? Vergessen Sie’s! – Die britische Versicherungsgruppe Standard Life widmet dem Schwinden der sozialen Mobilität eine Studie. Die Ökonomen haben Hunderte Daten aus verschiedenen Staaten zusammengetragen. Sie zeigen, dass der gesellschaftliche Aufstieg so schwierig geworden ist wie noch nie seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Heute bestimmt das Elternhaus die Perspektiven, mehr denn je. „Lotterie der Geburt“, haben die Experten ihre Publikation überschrieben und warnen davor, dass die Welt wertvolles ökonomisches Potenzial verschenkt. Mangelnde Aufstiegschancen tangieren nicht nur das Wirtschaftswachstum negativ.“

„Lotterie der Geburt“ – „Heute bestimmt das Elternhaus die Perspektiven“

Es lässt sich an ganz konkreten Beispielen festmachen. Die beiden Kirchhof-Brüder waren beide am Bundesverfassungsgericht – genauso wie deren Vatertätig: Die schillernden Karrieren lassen vermutlich auf ein gut funktionierendes Netzwerk im Hintergrund schließen. Auch Christine Strobl hat es als Tochter des einflussreichen Politikers Wolfgang Schäuble weit gebracht. Die „erfolgreiche“ Politikerin Ursula von der Leyen dürfte ihren Aufstieg wohl kaum aus eigener Leistung vollbracht haben: Schon ihr Vater war Ministerpräsident von Niedersachsen gewesen.

Nach Studiumabschluss: Am Ende droht die Arbeitslosigkeit und ein riesiger Schuldenberg

Unter diesem Voraussetzungen kann natürlich ein Studium wenig einbringen: Denn wenn offenkundig lukrative Stellen eher „vererbt“ als transparent vergeben werden. Außerdem ist die heutige Studienfinanzierung meist nur in Form von rückzahlbaren Krediten möglich. Kurzum: Trotz guter Noten kann am Ende die Arbeitslosigkeit und ein riesiger Schuldenberg stehen. Viele „Karrieren“ von Akademiker sind hierbei regelrecht selbsterklärend.

Akademisches Prekariat: „Ein Kapitän kontrolliert Pässe“ 

>>Welt<<

„Top-Akademiker putzen das Möbelhaus, ein Kapitän kontrolliert Pässe, ein Ingenieur fährt Taxi. … Bernd von Kuhlmann baut Schränke auf, oder er fegt vor der Müllpresse den Dreck zusammen. Der promovierte Physiker ist 50 Jahre alt und als „ungelernte Kraft“ eingestuft.“

Akademisches Prekariat: „Ein Ingenieur fährt Taxi“ 

Der wirtschaftliche Abstieg durch Bildung ist also längst in der Wirklichkeit angekommen. Ohnehin ist heutzutage das Recht auf Bildung kaum ausgeprägt. Das Recht auf Bildung war noch in der DDR-Verfassung festgeschrieben, aber heutzutage ist davon faktisch nur noch die „Schulpflicht“ übrig geblieben. Aber die Schulpflicht sagt nichts über Bildung aus: Vielmehr trägt diese Regelung nur für die Anwesenheit eines Minderjährigen in einer Schule sorge: Ein Kind kann also – theoretisch – die gesetzliche Schulpflicht ohne jede Art von Bildung erfüllen.