Lausitzer Geschichte: Der große Stadtbrand von Bischofswerda im Jahre 1596

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Groß war das Unglück, welches 1596 über die blühende Stadt Bischofswerda hereinbrach. Es war am 29. April im genannten Jahre, „Mittwoch nach Misericordia Domini,“ da entstand durch Verwahrlosung früh 8 Uhr in der Flachsdarre des Christoph Darfänger am Markte Feuer. Dasselbe ergriff gar bald das ganze Gebäude und verbreitete sich in kurzer Zeit über alle Nachbarhäuser. Auch der Turm der nahen Stadtkirche wurde unterhalb der Turmkuppel von den Flammen ergriffen, während in der Kirche die Andächtigen noch der Predigt lauschten.

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Von Friedrich Bernhard Störzner

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Der Schreckensruf „Feuer“ machte der Andacht urplötzlich ein Ende. – Als die Kirchenbesucher voller Schrecken aus dem Gotteshause stürzten, brannte der Turm bereits über und über. Bald wurde auch das Sparrenwerk von den Flammen ergriffen, und der Dachstuhl brannte. – Vom Sturme getrieben, fuhr das Feuer wie rasend durch die Häuserreihen der Straßen. Schon nach einer halben Stunde glich die Stadt Bischofswerda innerhalb der Stadtmauer, welche damals gegen „3000 Ellen“ Umfang hatte, einem Flammenmeere. Der Schrecken der Bewohner, von denen viele in den Flammen ihren Tod fanden, war groß. Das Jammern und Schreien der Hilfesuchenden war herzzerreißend. Hier schrieen Männer nach ihren Frauen, dort Mütter nach ihren Kindern und Kinder nach ihren Eltern. – Hunderte von Tieren verbrannten. An ein Retten der Habseligkeiten war bei dem wütend um sich greifenden Feuer gar nicht zu denken. Die Bischofswerdaer Bürger verloren in einigen Stunden alles Hab und Gut. Sie waren an den Bettelstab gekommen. Nach zweistündigem Wüten der Flammen lagen 300 Gebäude der Stadt in Asche. Auch die Kirche, das Pfarrhaus, die Schule, das Rathaus und sämtliche Stadttore, Torhäuser und Türme der Stadtmauer waren zerstört worden. Erhalten blieben nur 6 kleine Häuser und der Gasthof des Bürgermeisters Bernhard Daxfänger, das alte Rathaus genannt, das „Anno 1544 10 Biere gehabt.“

Am 3. Tage nach dem furchtbaren Brande stürzte der mittlere Giebel der Kirche „nebst dem Kaul-Ende“ ein und zerschlug das Gewölbe des Gotteshauses. In der Kirche selbst blieben nur der Taufstein und der „Ober-Schüler-Chor“ erhalten.“ Sämtliche Glocken und Uhren waren vernichtet worden.

Die Stadt Bischofswerda glich innerhalb der Ringmauer einem rauchenden Trümmerfelde. Die Bürger hatten nichts weiter als das nackte Leben gerettet.

Mit schwerem Herzen gingen die unglücklichen Bewohner nun daran, die niedergebrannte Stadt von neuem wieder aufzubauen. Da galt es zunächst, die vielen Trümmer wegzuräumen. Das Entfernen des Brandschuttes nahm Monate in Anspruch.

Die große Not der Bischofswerdaer rief aber weit und breit in der Umgegend das Mitleid wach. Es wurde ihnen von allen Seiten Hilfe zu teil, vor allen Dingen die in Meißen und in der Lausitz liegenden Städte zeigten sich ihrer unglücklichen Schwester gegenüber edel und hochherzig. Die erste Hilfe brachte Kamenz. Gleich am nächsten Tage nach dem schrecklichen Brande schickte Kamenz nach Bischofswerda zweimal je „12 Schock Brot, anderthalb Tonnen Käse, 6 Pitschel Butter, dazu über etliche Wochen 50 Gulden auf des Rats Ansuchen zur Kirchenerbauung.“ – Aus allen umliegenden Orten wurden Lebensmittel gespendet. Auch Pferde und Wagen trafen ein, mit deren Hilfe der Brandschutt entfernt werden sollte. Die Bischofswerdaer erfuhren brüderliche Nächstenliebe in gar reichem Maße, was dazu beitrug, daß die Unglücklichen der Zukunft nicht ganz hoffnungslos entgegenblickten.

Nach und nach erhob sich eine neue Stadt auf den alten Trümmern. „Ihre Hoch. Fürstl. Durchl. Friedrich Wilhelm, der Zeit Chur-Sachsen-Administrator“, erließ den Bischofswerdaern auf drei Jahre die Brand- und Tranksteuer. Zum Wiederaufbau der Kirche und Schule zahlte er der Stadt am 3. September 1569 durch den Kammermeister Gregor Umwieden in Dresden 1000 Gulden bar aus. Den Bürgern schenkte er zum Aufbau der Wohnhäuser aus den kurfürstlichen Waldungen Holz. –

Die edle Kurfürstin Sophia, die Gemahlin des verstorbenen Kurfürsten Christian II., überreichte der Stadt durch ihren Kammermeister Thomas Georgen zum Kirchenbau 200 Gulden. Außerdem schickte der Herzog Friedrich Wilhelm nach Bischofswerda 300 Gulden Strafgelder aus dem Amte Langensalza. –

Die Steinarbeiten des neuen Kirchenbaues führten die Steinmetzen Johann Scherer aus der Schweiz und Jacob Fulda aus Pirna aus. Die Aufführung der Pfeiler und Gewölbe nahm 4 volle Jahre in Anspruch. Die Baukosten der neuen Stadtkirche, jedoch ohne Turm und Glocken, betrugen 2230 Taler.

Am 21. Sept. 1597, als am Tage „Matthaei Apostoli,“ setzte Meister Adam Mend aus Bernstein bei Dippoldiswalde den Turmknopf auf. Die Glocken, welche der Stückgießer Martin Hilliger in Dresden goß, wurden im März 1597 aus Dresden abgeholt und nach Bischofswerda gebracht. Die große Glocke wog „33 Zentner 77 Pfund,“ die mittlere „16 Zentner 62 Pfund.“ Im Innern des Turmknopfes wurde eine Urkunde untergebracht, die den späteren Geschlechtern Kunde von den Leidenstagen der Bischofswerdaer geben sollte. Diese Urkunde war unterschrieben von

„M. Albert Lüttich Joachimus,
Superintendens.
Etiam nomine Diaconi M.

Christophnri Hildischii.“

Der Chronist macht hierzu die Bemerkung: „Denn sie waren einander stets Feind.“

Außerdem hatten folgende „Viri Consulares“ jene Urkunde unterzeichnet:

„Nicolaus Seyffert, regierender Bürgermeister.
Bernhard Daxfänger,
Jacob Mengmann,

andere 2 Bürgermeister.

Jacob Richter,
Simon Lotter,

Kämmerer.

Balthasar Wiedemann, Richter.
Hanß Berthold, Bauherr.
Peter Koch, Salz-Herr.
Valtin Hörnig.
Jacob Hentschel.
George Geißler.
Christoph Leuner.
Andras Forchheim von Glauche, Stadtschreiber.“

Am „Ober-Gewölbe“ vor dem Predigtstuhle wurde folgende Inschrift zur Erinnerung angebracht:

Als diese Kirche vor hundert Jahr
Gebauet und gestanden war,
Und man schrieb funfzehn hundert Jahr,
Neuntzig und sechs die Jahr-Zahl war,
Gieng unversehns ein Feuer auff,
Dadurch die gantz Stadt in einem Hauff
Mittwochs für Jubilate zwar
Früh nach der Predigt gefallen gar.
Folgendes ein ehrbar weiser Rath
Das Kirchen-Gewölb wieder erbauet hat,
Durch Hanßn Scherern von Persinell,
In zweyen Jahren bald und schnell,
Vormittelst der hohen Obrigkeit
Hülff, die uns gnädig war bereit
Aus Fürstenmilder Affection,
Gott geb ihr Gnadn das ewge Lohn,
Und allen, so uns mit Hülff bedacht,
Damit diß Werck ist worden verbracht.
Gott woll zu Ehren seinem Nahmen
Sein Wort bey uns erhalten. Amen.

Soli Deo gloria.
Anno MDXCVIII.

Die durch den großen Brand 1596 obdachlos gewordenen Bewohner Bischofswerdas fanden freundliche Aufnahme in den umliegenden Ortschaften, in den Dörfern und nächsten Städten. Manche mußten hier fast 2 Jahre hindurch sich aufhalten; denn so lange dauerte es, bis sämtliche Wohnhäuser wieder aufgebaut worden waren.

Mit Beginn des 17. Jahrhunderts war der Aufbau der Stadt Bischofswerda vollendet. Freilich noch Jahre hindurch hatten die meisten Bürger schwer zu ringen, und nur durch großen Fleiß und durch Sparsamkeit zog allmählich wieder der Wohlstand in die Bürgerhäuser ein. Die Eltern erzählten ihren Kindern aber noch oftmals von den durchlebten Schrecken.