Lausitzer Geschichte: Kamenz unter dem Burggrafen Burghardt von Kamenz

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Ein Wohltäter der Stadt Kamenz war der edle Burggraf Burghardt von Kamenz. Unter seiner Regierung entwickelte sich die Stadt ganz wesentlich. Sein Vater war der Burggraf Bernhardt von Kamenz, der sich ebenfalls sehr verdient um die Stadt gemacht hatte.

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Von Friedrich Bernhard Störzner

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Kamenz war damals nur ein Marktflecken, der sich aber unter der Herrschaft Bernhardts bedeutend vergrößerte. Als Burggraf Bernhardt von Kamenz starb, gründete seine hinterlassene Witwe Manilia in der Vorstadt Kamenz 1249 für 16 Jungfrauen im Cisterzienserkloster, dessen erste Aebtissin Elisabeth v. Crostwitz gewesen sein soll. Burggraf Bernhardt hinterließ noch 3 Söhne und 2 Töchter. Der Stammbaum derer von Kamenz zählte bereits mehrere Seitenzweige, die sich nach ihren Besitzungen v. Pulsnitz, v. Ponikau, v. Canitz nannten. Zwei Söhne des verstorbenen Burggrafen Bernhardt, und zwar der älteste und der jüngste, widmeten sich dem geistlichen Stande. Der zweite Sohn, mit Namen Burghardt, folgte dem Vater in der Regierung und wurde Burggraf von Kamenz. In ihm schlug ein edles Herz. Er war bestrebt, der Stadt Kamenz nur Gutes und Liebes zu erweisen, und hierzu bot sich ihm auch viel Gelegenheit. Unter seiner Regierung wurde der Ort schwer heimgesucht.

Am 2. Juli 1255 brach eine furchtbare Feuersbrunst aus, durch welche Kamenz vollständig in Asche gelegt wurde. Mehrere Menschen waren in den verheerenden Flammen umgekommen, dazu viel Vieh und alles Hausgeräte. Auch sämtliche Vorräte für Menschen und Tiere hatten die Flammen verzehrt. Das Elend war grenzenlos. Die meisten Bürger waren an den Bettelstab gekommen. Da sollten aber die schwergeprüften Kamenzer in dem edlen Burggrafen Burghardt einen wahren väterlichen Freund, einen Tröster, Helfer und Retter finden, einen treusorgenden Herrn und Gebieter haben. Burggraf Burghardt gab seiner Residenz viele Beweise väterlicher Fürsorge. Er suchte mit allen Kräften das Elend zu mildern und den Wiederaufbau der Stadt zu erleichtern. Mit Rat und Tat stand er den Bürgern bei, er ordnete an, die Straßen breiter anzulegen und die Häuser weiter und fester zu errichten. Auch gab er Anleitung, zur Aufführung der öffentlichen Gebäude.

So wurde Kamenz nach einigen Jahren ein gar freundlicher Ort. Ueber alle Gebäude ragten hervor das große und getürmte Rathaus und die aus riesigen Granitquadern errichtete Stadtkirche, die noch heute berechtigte Bewunderung erregt. Das damals errichtete Rathaus wurde bei dem letzten Brande von Kamenz am 4. und 5. August 1842 ein Raub der Flammen. Rings um die Stadt führte eine 2–4 Meter starke Mauer mit einer Anzahl stattlicher Befestigungstürme. Der menschenfreundliche Burggraf Burghardt verminderte die ihm zu zahlenden Abgaben der Bürger, er gewährte den Bewohnern mehr Freiheit in vielen Dingen und verlieh der Stadt große

Gerechtigkeiten. Es bildeten sich ferner mehrere Innungen, so entstanden die Bäcker-, Fleischhauer- und Schuhmacherinnung. Das Handwerk blühte sichtlich empor. – Außerhalb der Ringmauer durfte kein Bier gebraut werden, und so waren die meisten Dörfer in weitester Umgegend gezwungen, das nötige Bier in den Brauereien zu Kamenz zu holen. Und das betraf gar viele Ortschaften; denn die Grenze des Kamenzer Gebietes reichte damals sehr weit. Die Grenze desselben bezeichnete in jener Zeit die Pulsnitz von ihrer Quelle bis Lichtenau, ferner lief die Grenze zwischen Königsbrück und Glauschnitz hin, bei Bonickau und Linz vorüber, nach Ortrand und Lindenau. Hier verließ die Kamenzer Grenze die Pulsnitz, wandte sich gegen Ruhland nach der Schwarzen Elster und nach Senftenberg, lief stromaufwärts, wich nach Schönau hin ab, um über Rallwitz und Crostwitz wieder nach der Schwarzen Elster zurückzuführen und die Quelle der Pulsnitz zu erreichen.

Durch diesen Bierzwang wurden die Kamenzer Bierbrauereien sehr gefördert, und das Bier erhielt einen bedeutenden Ruf. Innerhalb des Kamenzer Grenzgebietes durfte nur solch Bier verzapft werden, das in Kamenz gebraut worden war. Wegen dieser großen Begünstigungen, welche der Burggraf Burghardt der Stadt Kamenz und ihren Bürgern verliehen hatte, strebte mancher auswärts Wohnende darnach, Bewohner von Kamenz zu werden. So nahm jährlich die Einwohnerzahl zu, und die Stadt erweiterte sich. Die Bürger kamen bald zu einem gewissen Wohlstande.

Als des Burggrafen jüngster Bruder, Bernhardt von Kamenz, der am 11. Oktober 1299 als Bischof v. Meißen starb (nach anderen, z. B. Dr. Gräße, am 12. Okt. 1321), das Kloster Marienstern gestiftet hatte, bezogen 16 Nonnen des Cisterzienserklosters zu Kamenz am 15. Juni 1284 das neue Kloster Marienstern. Das von diesen verlassene Cisterzienserkloster in Kamenz wurde nun vom Burggrafen Burghardt unter Mithilfe seines geistlichen Bruders Bernhardt in ein Hospital umgewandelt, das von großem Segen werden sollte.

So war Kamenz um das Jahr 1300 eine musterhafte Stadt mit vortrefflichen Einrichtungen, und das war die Stadt geworden durch die Umsicht und den Gemeinsinn des ritterlichen Burggrafen Burghardt, der den meisten seiner Zeitgenossen ein edles Vorbild war. Als Burggraf Burghardt von Kamenz starb, trauerte die ganze Stadt um ihn, und diese Trauer war eine aufrichtige; denn der Entschlafene hatte Freud und Leid jederzeit mit den Bürgern geteilt. Seiner haben die treuen und dankbaren Kamenzer nie vergessen. So hatte der Burggraf Burghardt den Grund zu dem Ansehen gelegt, das Kamenz nach wenig Jahren dazu verhalf, in den Sechsstädtebund aufgenommen zu werden.