“Sex als Waffe” – “Es stellt für sie einen Kick dar, andere Menschen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die diese nicht wollen”

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Chatkontrolle, Telefonüberwachung, E-Mails und stille SMS`s zur Standortüberwachung. Kein noch so intimer Lebensbereich scheint vor der Überwachung sicher zu sein. So mancher noch klar deckender Zeitgenosse mag sich fragen: Wozu dieser Aufwand überhaupt betrieben wird? Vielleicht, weil diese auf Vorrat gesammelten Informationen für ganz andere Zwecke verwendet werden können?

“Opfer einer Kampagne” – “Ich glaube das nicht. Ich weiß es”

>>Die Machtmaschine von Sascha Adamek (Buch) <<

“Das SZ-Magazin wollte damals von Seehofer wissen, ob er glaube, Opfer einer Kampagne geworden zu sein, die ihn als CSU-Vorsitzenden verhindern sollte. Seehofers Antwort fiel offen aus: »Ich glaube das nicht. Ich weiß es«, um hinzuzufügen, was er bei Erscheinen der ersten Schlagzeile dachte: »Niederschreiben könnt ihr mich, aber das Kreuz brecht ihr mir nicht.« Claus Christian Malzahn überschrieb seinen Bericht über den Fall Seehofer damals mit dem Titel »Sex als Waffe« und wies auf eine lange Tradition in der CSU hin: »In fast jeder politischen Auseinandersetzung nach der Ära Strauß spielten ins Private zielende Vorwürfe und Gerüchte eine entscheidende Rolle im innerparteilichen Machtkampf«. Auch der Rückzug Edmunds Stoibers ist direkt auf den hemdsärmeligen Umgang in der CSU mit dem Thema Macht und Sex zurückzuführen. Und er ist untrennbar mit dem Namen der damaligen Fürther Landrätin Gabriele Pauli verbunden.”

“Bericht über den Fall Seehofer damals mit dem Titel »Sex als Waffe« und wies auf eine lange Tradition in der CSU hin”

>>Übermedien<<

“Eine Kandidatin der AfD für den nordrhein-westfälischen Landtag hat vor ein paar Jahren offenbar etwas Geld mit Sex verdient. Vielleicht war es nur ein „Taschengeld“, vielleicht eine angenehme Verdoppelung ihres Einkommens. Vielleicht war es weniger finanziell als erotisch motiviert: durch eine Art Fetisch, sich wie eine Prostituierte zu verhalten. Man weiß es nicht genau, aber man muss es auch nicht genau wissen: Es ist ihre Privatsache. Das Recherchebüro Correctiv hat sie gestern öffentlich gemacht und sprach von einem „Sexskandal“. Der Ruhr-Ableger von Correctiv pries den Text auf Twitter als exklusive Enthüllung an: „Spitzenfrau der Rechtspopulisten vermietete ihren Körper übers Internet“, hieß es, und: „Rechtspopulisten gehen mit Teilzeitprostituierten in die heiße Phase des Wahlkampfes“.

“Eine Kandidatin der AfD für den nordrhein-westfälischen Landtag hat vor ein paar Jahren offenbar etwas Geld mit Sex verdient”

Natürlich ließen sich noch mehr “öffentlich gewordene Fälle” ins Feld führen. Das Muster ist aber immer gleich: Es wird im intimsten Privatleben herumgeschnüffelt, um irgendwelchen tatsächlichen oder vermeintlichen Skandale zu enthüllen. Das Ergebnis dieser “Enthüllungen” sollte im Idealfall immer gleich ausfallen: Der politische Konkurrent ist am Ende ausgeschaltet. Treffen kann es aber nicht Politiker oder Personen des öffentlichen Lebens, sondern praktisch jeden lebenden Menschen: Die heutigen Grenzen zwischen Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz und eine öffentliche Medienkampagne sind fließend.

Zwischen Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz und eine öffentliche Medienkampagne

Vielleicht sollte man an dieser Stelle zwei Schritte zurück gehen und sich lieber ansehen: Wie sehen die Grundlagen aus? Ein ominöser Koffer des ehemaligen DDR-Stasi-Chefs Erich Mielke kann als exemplarisches Anschauungsmaterial dienen.

“Wo genau der Koffer aufgefunden wurde lässt sich nicht mehr rekonstruieren”

>>Bundesarchiv – Stasi-Unterlagen-Archiv<<

“Wo genau der Koffer aufgefunden wurde lässt sich nicht mehr rekonstruieren. … Sicher ist hingegen, was sich darin befand. Im Wesentlichen waren es Gerichtsakten aus der Zeit des Dritten Reichs. Sie stammen aus einem Hochverratsverfahren von 1937 gegen den Deutschen Kommunisten Bruno Baum und den in diesem Prozess mitangeklagten Erich Honecker. Außerdem enthielt der Koffer eine undatierte Auswertung der Gerichtsakten durch das MfS sowie private Unterlagen mit Bezug zu Honecker.”

“Enthielt der Koffer eine undatierte Auswertung der Gerichtsakten durch das MfS sowie private Unterlagen mit Bezug zu Honecker”

Erich Mielke hat vielleicht – oberflächlich betrachtet – ein gutes Verhältnis zum ersten Mann im Staate der DDR geführt. Doch im Hintergrund hat er fleißig Material oder Kompromat zur möglichen öffentlichen Diskreditierung von Erich Honecker gesammelt.

“Diese Information stand dem öffentlichen Bild Honeckers als geradezu mustergültigem kommunistischem Widerstandskämpfer entgegen”

>>Bundesarchiv – Stasi-Unterlagen-Archiv<<

“Diese Information stand dem öffentlichen Bild Honeckers als geradezu mustergültigem kommunistischem Widerstandskämpfer entgegen.”

Kompromat: Ist Erpressung in der Geheimdienstwelt wirklich ein Straftatsdelikt?

Hätte also der ehemalige DDR-Stasi-Chefs Erich Mielke diese Informationen der breiten DDR-Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, dann wäre Erich Honecker am Ende gewesen. Zwar stellt heutzutage formaljuristisch die Erpressung ein Straftatdelikt dar, aber in die Geheimdienstwelt dürfte kaum ein Staatsanwalt oder Richter seinen Fuß hineinsetzen. Alleine über die subtile Androhung kann dieses Mittel seine Wirkung entfalten. Natürlich kommt die Frage auf: Was wollen die Täter damit überhaupt erreichen? Immerhin selbst intimen Geheimnissen – sprichSex als Waffe” – wird nicht zurückgeschreckt.

“Denn zum sexuellen Missbrauch gehört immer ein Machtgefälle”

>> Schaut nicht weg! von Stephanie zu Guttenberg (Buch) <<

»Sex als Waffe«: Warum es beim sexuellen Missbrauch von Kindern weniger um Perversion als um Macht geht Hinter dem sexuellen Missbrauch von Kindern verbirgt sich nur selten eine pervertierte Sexualität. Vielmehr kann sexueller Missbrauch als eine Form von Gewalt betrachtet werden, bei der sich die Täter als Waffe die sexuellen Handlungen auserwählt haben – etwa so, wie sich ein Messerstecher als Mittel zur Gewalt sein Messer auserwählt hat. Denn zum sexuellen Missbrauch gehört immer ein Machtgefälle. Stets ist der Täter viel mächtiger als sein Opfer: mächtiger etwa aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit (zum Beispiel beim sexuellen Missbrauch von behinderten Menschen oder Kindern), mächtiger aufgrund seiner geistigen Überlegenheit (zum Beispiel beim sexuellen Missbrauch von Kleinkindern oder geistig behinderten Menschen) oder mächtiger aufgrund seiner beruflichen Position (beispielsweise in seiner Rolle als Lehrer/-in, Ausbilder/-in, Trainer/-in, Stiefelternteil oder leibliches Elternteil). Dabei interessiert es die Täter in keiner Weise, ob ihre Machtgelüste den Bedürfnissen der betroffenen Kinder und Jugendlichen entgegenstehen oder sogar schaden. Im Gegenteil: Es stellt für sie einen Kick dar, andere Menschen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die diese nicht wollen. Sie fühlen sich gut, wenn sie jahrelang Kinder sexuell missbrauchen können, ohne dass jemand Verdacht schöpft oder Hinweise der Kinder ernst nimmt.”

“Es stellt für sie einen Kick dar, andere Menschen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die diese nicht wollen”

Es stellt für sie einen Kick dar, andere Menschen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die diese nicht wollen“- Es fasst die Motivation der Täter recht gut zusammen. Wer das nun für zu Abstrakt hält, derjenige sollte die Publikation mancher Veröffentlichung aus einer etwas anderen Perspektive lesen.

„Journalist war meine Legende” – “Eigentlich war ich Agent“

>>Stern<<

„Jahrelang hat der Journalist Wilhelm Dietl geleugnet, für den BND gearbeitet zu haben. Jetzt wurde er geoutet: Dietl hat in zehn Jahren 650.000 Mark vom BND für seine Dienste erhalten.“

Wilhelm Dietl:

„Ich wurde 1982 von der Pressestelle des BND angeworben. In den letzten Tagen als Klaus Kinkel noch BND-Präsident war. Damals hatte ich als Reporter der Zeitschrift Quick einige Artikel über den Nahen Osten veröffentlicht. Die Pressestelle hat dann zwei Leute geschickt, die vom Referat 16A kamen, das beim BND für Nahost zuständig war. Die haben mich gefragt, ob ich bereit wäre, Aufträge zu übernehmen. Nachdem ich damals frei war – ich hatte 1981 bei der Quick aus anderen Gründen gekündigt – habe ich zugesagt. … Ich habe weiterhin frei für die Quick gearbeitet, ja. Und ich habe Bücher geschrieben. Journalist war meine Legende. Eigentlich war ich Agent.“

„Jahrelang hat der Journalist Wilhelm Dietl geleugnet” – “Für den BND gearbeitet zu haben“

Bestimmte “Journalisten” scheinen also sehr exklusive Informationen zu erhalten. Die Aufdeckung von so mancher Affäre kann also aus einem ganz anderen Blickwinkel gesehen werden. Zur Vollständigkeit: Auch innerhalb so mancher Geheimdienstbehörde scheint es kaum anders zu laufen.

“Verfassungsschutz-Mitarbeiter in Hannover soll mit erfundenen Vorwürfen von sexueller Nötigung versucht haben, seinen Vorgesetzten zu erpressen”

>>Hessische/Niedersächsische Allgemeine<<

“Der Verfassungsschutz-Mitarbeiter in Hannover soll mit erfundenen Vorwürfen von sexueller Nötigung versucht haben, seinen Vorgesetzten zu erpressen. Dadurch habe er sich offenbar die Erlaubnis erhofft, seinen Dienstwagen weiterhin privat nutzen zu dürfen. … Als der 42-Jährige seinen Chef beim Innenministerium wegen einer angeblichen Affäre mit einer ehemaligen Kollegin anschwärzte, rückte die Polizei bei ihm an, wie ein Sprecher des Amtsgerichts Hannover am Donnerstag mitteilte. Dabei stießen die Fahnder auf seinem privaten Handy auf Kinderpornos. Außerdem fanden sie Pistolenmunition.”

“Chef beim Innenministerium wegen einer angeblichen Affäre mit einer ehemaligen Kollegin anschwärzte”

Der Oberbegriff “Sex als Waffe” scheint also nicht nur abstrakte Theorie zu sein. Nach offiziellen Verlautbarungen setzen deutsche Geheimdienste solche Methoden nicht ein. Doch die Frage bleibt: Was ist von solchen Angaben zu halten? Neben offiziellen Geheimdienstagenten gibt es ominöse Vertrauenspersonen, Tarnfirmen und noch viel mehr. Deren Möglichkeiten sehen ganz anders aus und auch der Lehrgang »Sex als Waffe« ist nur in der fiktiven Welt präsent.

“Im Roman James Bond und sein größter Fall wird bekannt, dass Bond-Girl Anya Amasova am Lehrgang »Sex als Waffe« teilgenommen hat”

>>Unnützes James Bond Wissen von Danny Morgenstern (Buch) <<

“Im Roman James Bond und sein größter Fall wird bekannt, dass Bond-Girl Anya Amasova am Lehrgang »Sex als Waffe« teilgenommen hat. Zwanzig attraktive Männer und Frauen nahmen an diesem Lehrgang teil. Die Fortbildung erfolgte mit Büchern, Filmen und Demonstrationen – alles als »kontrollierte Partnerschaft« beschrieben.”

„Die 50 besten Sexschulen – guter Sex lässt sich lernen“ 

>>Das G-Punkt-Handbuch für Sexgötter von Yella Cremer (Buch) <<

„2011 schrieb sie ihr erstes Buch (»Die 50 besten Sexschulen – guter Sex lässt sich lernen«) und nahm eine DVD zum Thema »Sexuelle Kommunikation« auf. 2012 gründete sie die LoveBase in Berlin und hat nun ihre eigene Sexschule.“

„LoveBase in Berlin und hat nun ihre eigene Sexschule“ 

Privat geführte Schulen gibt es also eine reichliche Auswahl und durch die Nutzung von “externen Mitarbeitern” muss die Behörde nicht mal selbst die Finger schmutzig machen. Auch das emsige Drängen auf immer mehr Kommunikationsüberwachung lässt sich teilweise hierdurch erklären. Am Ende fließt es noch in die wachsende Politikverdrossenheit ein: Nicht alle möchten ihre Privatsphäre öffentlich zur Schau stellen oder sich darüber erpressen lassen.