“Wissen schafft Perspektiven für die Region” – Finanzierung von Aufbau Ost & Strukturwandel: “Aber das fließt zu großen Teilen wieder in den Westen zurück”

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Ist die Stadt Berlin nun ein Teil der Lausitz? “Wissen schafft Perspektiven für die Region” – Dieses Motto ließe sich im Wirklichen-Sinne auf den angedachten Kohleausstieg übertragen. Im Zuge des sogenannten Strukturwandels werden enorme Summen bereitgestellt. Aber wie sieht die Ausgangslage aus? Und welche Summen davon kommen am Ende wirklich in der Lausitz an? Das Beispiel der Leibniz-Gemeinschaft sollte zu denken geben.

“Entscheidung im Wettbewerb „Wissen schafft Perspektiven für die Region“ ist getroffen”

>>Leibniz-Gemeinschaft<<

“Die Entscheidung im Wettbewerb „Wissen schafft Perspektiven für die Region“ ist getroffen: Mit dem Deutschen Zentrum für Astrophysik – Forschung. Technologie. Digitalisierung. (DZA) entsteht ein nationales Großforschungszentrum mit internationaler Strahlkraft, das ressourcensparende Digitalisierung vorantreibt, neue Technologien entwickelt, für Transfer sorgt und Perspektiven für die Region schafft – fest verwurzelt in der sächsischen Lausitz. Das DZA ist eine gemeinsame Initiative der Astronomie und Astroteilchenphysik in Deutschland. Zur Initiative gehören viele namhafte Wissenschaftler unterstützt von den großen deutschen Wissenschaftsorganisationen. Die Standorte werden in Görlitz und im Kreis Bautzen sein. Nach der Aufbauphase ist in der Endausbaustufe eine jährliche Förderung von rund 170 Millionen Euro vorgesehen, im Zentrum selbst werden mehr als 1.000 Mitarbeitende beschäftigt sein.”

“Jährliche Förderung von rund 170 Millionen Euro vorgesehen, im Zentrum selbst werden mehr als 1.000 Mitarbeitende beschäftigt” 

Wirklich interessant sind die ungeschriebenen Tatsachen. Die Leibniz-Gemeinschaft ist keine Behörde, sondern ein eingetragener Verein, welcher im Berlin sitzt. Die vermeintlich bahnbrechenden Erfindungen für geschaffene Industriearbeitsplätze sind jedenfalls auf ihre Webseite nicht wirklich veröffentlicht worden. Was nun die Leibniz-Gemeinschaft für die Schaffung neuer Arbeitsplätze qualifiziert: Das ist aus öffentlich zugänglichen Quellen jedenfalls nicht herauszubekommen.

Geld zum Strukturwandel: Ist die Stadt Berlin nun ein Teil der Lausitz?

Wie auch immer. Auf alle Fälle soll die Rede von 170 Millionen und angeblich “1.000 Mitarbeitende” sein. Ob diese Personen alle ausnahmslos Vollzeitstellen bekommen, aus der Lausitz kommen und wie lange sie am Ende beschäftigt bleiben: All diese Tatsachen werden verschwiegen. Da es sich um einen privaten Verein handelt, sind die Auskunftsmöglichkeiten sehr eingeschränkt. Wie viel am Ende vom Fördergeld wirklich in der Lausitz ankommt oder einfach im Berlin bleibt, dass kann ebenfalls nicht beantwortet werden. Zumal das Thema Astrophysik hauptsächlich auf dem militärischen Gebiet angewendet wird und vieles der Geheimhaltung unterliegt. Am Ende dürfte es wohl niemanden verwundern, wenn diese Mittel des sogenannten Strukturwandels für ganz andere Zwecke verwendet werden. Zumal die Relationen in keinen vernümpftigen Verhältnis stehen.

“Nach Informationen der RUNDSCHAU zusammen mehr als 1,2 Milliarden Euro kosten”

>>Märkische Oderzeitung<<

„Dessen Lausitzbeauftragter Klaus Freytag hat 33 Projekte aufgelistet, die sofort angeschoben werden sollen und nach Informationen der RUNDSCHAU zusammen mehr als 1,2 Milliarden Euro kosten. Ein Teil könnte mit der Soforthilfe finanziert werden. Aus der Projektliste, die der LR vorliegt, geht hervor, dass Brandenburg mit der Zuweisung weiterer Bundesmittel rechnet.“

Jährliche Wertschöpfung von 1,4 Milliarden Euro“ versus Einmalzahlung von 1,2 Milliarden Euro

Zwar hören sich zunächst die 1,2 Milliarden Euro – als Einmalzahlung – beeindruckend an, aber viele Projekte wurden schon abgesagt und die Summe steht einer – jährlichen – Wertschöpfungskette von 1,4 Milliarden Euro gegenüber.

Lausitzer Revier: „Es geht um eine jährliche Wertschöpfung von 1,4 Milliarden Euro“

>>Deutsche Handwerks Zeitung<<

„Knapp 40 Prozent der Betriebe bezeichnen sich laut Umfrage als mäßig bis stark abhängig von der Braunkohlewirtschaft. Jedes fünfte Unternehmen bewertet seine künftige wirtschaftliche Entwicklung mit unbefriedigend. … Es geht um eine jährliche Wertschöpfung von 1,4 Milliarden Euro, die ersetzt werden muss. Neben den Standortfaktoren sind für die Unternehmen zwei Punkte besonders wichtig: Eine stabile Energieversorgung und bezahlbare Strompreise. … Präsident der Handwerkskammer Cottbus. „Wir haben viele energieintensive Betriebe wie Metallbauer, Tischler, Fleischer oder Bäcker, die zum Teil Tag und Nacht produzieren und schon heute enorme Kosten schultern müssen. Da kommen schnell sechs- bis siebenstellige Beträge zusammen. Das geht an die Grenzen der Wettbewerbsfähigkeit.“

„Wir haben viele energieintensive Betriebe wie Metallbauer, Tischler, Fleischer oder Bäcker“

Schon heute ist absehbar, dass der angedachte Strukturwandel für die Lausitz ein riesengroßes Minus bedeutet. Zugleich die allermeisten “Strukturwandelprojekte” wohl eher für den Bundesrechnungshof und Staatsanwaltschaft unterm Gesichtspunkt der Steuergeldverschwendungsprich Untreue – interessant sein dürften. Es sind häufig auch keine seriösen Zahlen für die einzelnen Projekte zu greifen. Meistens werden nur irgendwelche unseriösen Zahlenmodelle um sich geworfen, vorwiegend um einzelne Bevölkerungsteile gegeneinander auszuspielen. wie im Falle der Wiedervereinigung geschehen.

“Die Ostdeutschen haben die Einheit selbst bezahlt”

>>Welt<<

„Die finanziellen Lasten der Wiedervereinigung sind keineswegs hauptsächlich vom Westen geschultert worden. „Wenn man genauer hinschaut, dann erkennt man, dass Ostdeutschland zu einem Großteil die Kosten der Einheit selbst getragen hat – und immer noch trägt“, sagt … Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in der „Welt am Sonntag“. … widerspricht damit dem gängigen Eindruck, wonach der Westen die Kosten weitgehend allein zahle. Zwar hätten die alten Länder netto 1,4 Billionen Euro in den Osten transferiert. „Berücksichtigt man jedoch alle gesamtwirtschaftlichen Effekte, werden die Lasten der Wiedervereinigung überwiegend im Osten geschultert“, sagt … von der Universität Leipzig. Die Rechnung ist kompliziert, da es um mehr geht als nur um die Steuergelder, die vom reichen Westen in den armen Osten geflossen sind: Unter dem Strich haben rund 1,8 Millionen Menschen nach der Wende ihre alte Heimat verlassen und im Westen ihr Glück gesucht. Da es sich dabei meist um gut ausgebildete Arbeitskräfte handelte, erwirtschaften sie rund ein Viertel des Wirtschaftswachstums auf dem Territorium der alten Bundesrepublik. Grob überschlagen machten allein die Steuergelder der Ostdeutschen im Westen ein Drittel der Transferleistungen von 75 Milliarden Euro pro Jahr aus, rechnet … vor.“

“Unter dem Strich haben rund 1,8 Millionen Menschen nach der Wende ihre alte Heimat verlassen und im Westen ihr Glück gesucht”

Bis heute findet keine Aufarbeitung der Vorgänge rund um die Wiedervereinigung statt, dafür werden nur allzu gerne die tatsächlichen oder vermeintlichen Kosten der Wiedervereinigung hervorgehoben. Aber selbst jeder einfache Kontoauszug weist für gewöhnlich zwei Seiten auf.

“Bauvorhaben” – “Aber das fließt zu großen Teilen wieder in den Westen zurück: über die Baufirmen, die von dort kommen”

>>Letzte Aufzeichnungen von Erich Honecker (Buch) <<

“Sie wussten 1990, was sie tun! Sie haben ja den Gewinn. Die Banken und Konzerne hatten Hochkonjunktur, die Ex-DDR wurde als Kolonie ausgeplündert. Hoffentlich erkennen die Massen in ganz Deutschland jetzt die Zeichen der Zeit. … Und dass die zahlen, die die großen Gewinne machen mit der DDR: die Westkonzerne und die Westbanken. Natürlich fließt viel Geld in den Osten, in neue Bauvorhaben und zur Finanzierung der Arbeitslosigkeit. Aber das fließt zu großen Teilen wieder in den Westen zurück: über die Baufirmen, die von dort kommen, über die Supermarktketten und die dort angebotenen Westwaren, über die Bürokraten aus dem Westen, die überall in den Verwaltungen im Osten sitzen und Buschzulage kassieren.”

“Supermarktketten und die dort angebotenen Westwaren, über die Bürokraten aus dem Westen” – “Aber das fließt zu großen Teilen wieder in den Westen zurück

Im Endeffekt müsste mal die Frage geklärt werden: Wer eigentlich das Wirtschaftswunder-Westdeutschland nach der Wiedervereinigung finanziert hat? – Grundsätzlich ist es so, Geld und Vermögenswerte verschwinden nicht einfach so, sondern diese wechseln nur die Besitzer. Und gerade diese Aspekt sollte Aufhorchen lassen.

“Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt”

>>Welt<<

“Der CDU-Vorsitzende … dringt auf bessere Möglichkeiten zur Vermögensbildung für Arbeitnehmer. Ein ausführliches Konzept hierfür müsse im nächsten Grundsatzprogramm der CDU enthalten sein, das im kommenden Jahr verabschiedet werden soll, sagte der Oppositionsführer im Bundestag am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover. Er warnte: «Wir werden in diesem Land sozialen Frieden nicht erreichen, wenn wir nicht Wohneigentum- und Altersvermögensaufbau besser machen, als wir das gegenwärtig tun.» Anzeige Eine «besondere Zuwendung» brauchen hier … die ostdeutschen Länder. Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt, wie das Aufkommen der Erbschaftssteuer zeige. «Die waren 40 Jahre lang nicht dabei und haben 40 Jahre lang die Chance nicht gehabt, in Frieden, Freiheit und marktwirtschaftlicher Ordnung auch Vermögen zu bilden», sagte der CDU-Chef mit Blick auf die Menschen in Ostdeutschland. «Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft», bemängelte … .”

“Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft”

Die vermeintliche Erfolgsgeschichte “Aufbau Ost” spiegelt sich also am Nicht-Vermögen wider. Nach der Wiedervereinigung wurden große Teile der Wertschöpfung in andere Regionen der Welt verlagert und steht unter leicht veränderten Rahmenbedingungen eine Wiederholung an.

“16 Prozent der befragten Unternehmen sind bereits aktiv dabei, Teile der Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern”

>>Magdeburger News<<

“15 Prozent der mittelständischen Unternehmen haben ihre Produktion in Deutschland derzeit reduziert oder gar ganz unterbrochen. … Denn viele Firmen reduzieren nicht nur die Produktion hierzulande, sie verlegen sie auch. “16 Prozent der befragten Unternehmen sind bereits aktiv dabei, Teile der Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Weitere 30 Prozent denken konkret darüber nach.” Er stellt daher Forderungen an die Regierung. “Die Industrie benötigt für mehr Investitionen einen spürbaren Bürokratieabbau sowie gezielte Steuersenkungen”, sagt er. Die Politik sei in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen am Standort zu verbessern. … fordert, den Strompreis für die Industrie “dringend verlässlich und dauerhaft auf ein wettbewerbsfähiges Niveau” zu senken … .”

“Die Industrie benötigt für mehr Investitionen einen spürbaren Bürokratieabbau sowie gezielte Steuersenkungen”

Die Energiekrise und der angedachte Kohleausstieg rund um das Lausitzer Revier zieht offenbar immer größere Kreise. In diesem Sinne kann der Spruch: “Wissen schafft Perspektiven für die Region” auch anders verstanden werden. Wissen und Perspektive ist in der Lausitz schon vorhanden, nur davon will niemand in Berlin etwas zur Kenntnis nehmen.