Kontroverse – Ist der riesige Flächenverbrauch des Truppenübungsplatzes in der Lausitz wirklich nötig?

Screenshot youtube.com Screenshot youtube.com

Kritik an Bundeswehr in der Lausitz – Eine kontroverse Debatte ist schon länger entfacht über die Präsenz der Bundeswehr in der Lausitz. Insbesondere wird Kritik laut gegenüber den riesigen Truppenübungsplatz, weil dieser viel Platz in der Lausitz einnimmt. Statt die Kritik aufzugreifen, möchte der staatliche Rundfunk ein ganz anderes Bild für die Öffentlichkeit außerhalb der Lausitz zeichnen.

Bundeswehr ist Netto-Steuergeldempfänger

>>Staatsfunk „Mitteldeutsche Rundfunk“ <<

“Truppenübungsplatz Oberlausitz sorgt für Umsatz – Es ist kaum bekannt, dass der Truppenübungsplatz Oberlausitz in der strukturschwachen Region an der polnischen Grenze mit mehr als 200 zivilen Beschäftigten ein wichtiger Auftraggeber für die regionale Wirtschaft ist.”

Truppenübungsplatz ist mitten im Sorbischen Siedlungsgebiet

In regelmäßigen Abständen wird ein ausgewogenes positives Bild über die Bundeswehr in der Lausitz gezeichnet. Tatsächlich sieht die Lage Vorort ganz anders aus. Auch die wirtschaftlichen Argumente wirken reichlich schräg. Schließlich wird die Bundeswehr durch Steuergeld finanziert, was am Ende auch aus der Lausitz kommt. Diese eigenwillige wirtschaftliche Logik tritt ebenfalls an anderen Stellen auf.

Diät-Empfänger als Bruttosteuerzahler? – “Und ich zahle daraus nicht nur Steuern, ich kaufe davon auch jeden Tag ein”

>>Merkur<<

“Der Twitter-Nutzer Michael Johansen fragte … deshalb am Donnerstag nach der Rechtfertigung des Gehaltes, was „durchaus interessant“ sei. Denn „ich zum Beispiel arbeite im Einzelhandel und finanziere damit einen Teil ihrer Diäten.“ … Antwort: „Und ich zahle daraus nicht nur Steuern, ich kaufe davon auch jeden Tag ein. Wer finanziert jetzt wen?“

“Ich zum Beispiel arbeite im Einzelhandel und finanziere damit einen Teil ihrer Diäten”

Die Bundeswehr ist Netto-Steuergeldempfänger und kein Steuergeldzahler, daher wirken diese “wirtschaftlichen Argument” eher wie eine klaffende geistige Bildungslücke. Nur zum Vergleich: Beim benachbarten Tagebau des Lausitzer Reviers sind tausende gute bezahlte Arbeitsplätze vorhanden und es sind Netto-Steuergeldzahler. Dennoch stellt dieser kurze Ausflug nur den Einstieg in noch viel tiefere geistlose Abgründe dar. In einem anderen Artikel wird auf das vermeintliche “Rennen um neuen Bundeswehrstandortbeschrieben.

“Rennen um neuen Bundeswehrstandort” – Wer soll eigentlich wohin rennen und kommt dieser dann wieder zurück?

>>Staatsfunk „Mitteldeutsche Rundfunk“ <<

“Landkreis Bautzen sieht sich im Rennen um neuen Bundeswehrstandort vorn – Hoyerswerda und Bernsdorf sehen sich als finale Bewerber für den geplanten Bundeswehrstandort in der Oberlausitz. Das teilten das Landratsamt in Bautzen und die beiden Städte in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Danach punkten Flächen in der Umgebung von Hoyerswerda und Bernsdorf mit zeitnah verfügbaren Flächen und der Nähe zur Landeshauptstadt.”

Riesiger Flächenverbrauch des Truppenübungsplatzes

Also eine Behörde bietet einer anderen Behörde eine Fläche an und dieser Umstand soll nun eine große Sensation sein? Vermutlich können diese Logik nur irgendwelche Staatsbedienstete nachvollziehen. In diesem Zusammenhang wird gerne vergessen, dass es bereits unweit des heutigen Truppenübungsplatzes eine andere Kaserne gab.

„Nach dem letzten Zapfenstreich“ – Lausitzkaserne

>>Der Tagesspiegel<<

„Nach dem letzten Zapfenstreich: Wenn die Bundeswehr abzieht – Die Bundeswehr ist in Teilen Brandenburgs ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wo die Truppe abzieht, schwinden Jobs und Aufträge. … Verdächtig still ist es in der Lausitzkaserne. Der Wind rauscht durch die Bäume und Sträucher, die am Straßenrand wachsen. Sonst ist nichts zu hören.“

Lausitzkaserne: „Wenn die Bundeswehr abzieht“

Bei der Lausitzkaserne stellten sich die Dinge etwas anders dar. Der Standort war wesentlich kleine und es waren weitaus mehr Soldaten stationiert. Zumal sich die Frage stellt: Warum werden die Soldaten nicht einfach wieder dort stationiert. – Die Gebäude sind noch vorhanden und der Flächenverbrauch der Kaserne überschaubar.

Steuergeld sparen & Alternative – Warum wird nicht die Lausitzkaserne genutzt?

Doch um das Thema angemessen zu beleuchten, muss ein Schritt zurücktreten werden und es geht nicht prinzipiell gegen die Bundeswehr, sondern speziell um den riesigen Truppenübungsplatz in der Lausitz. Schließlich muss man sich vor Augen führen: Es wird viel Lärm durch militärische Fahrzeuge, Hubschrauber und Schießübungen durch die zahlreichen Übungen verursacht. Es ist verständlich, dass Anwohner von diesem Lärm gestört sind und sich dadurch beeinträchtigt fühlen. Niemand möchte permanent mit dem Geräusch von Panzern oder Übungsschießen konfrontiert werden. Aber es wäre nicht fair, diese Frustration ausschließlich auf die Soldaten zu projizieren – sie erfüllen lediglich ihren Dienst. Zugleich hat sich das “Soldaten-Publikum” signifikant verändert.

„Es gehen die zum Militär, die keine andere Wahl haben“

>>Professor Michael Wolffsohn<<

„Es gehen die zum Militär, die keine andere Wahl haben. Sie kommen meist aus wirtschaftlich schwachen Regionen, vor allem aus Ostdeutschland, wo der zivile Arbeitsmarkt wenige Möglichkeiten bietet. Es ist ein Gerechtigkeitsproblem, wenn die Ärmsten zum Militär müssen. Was bei der Zweiklassenmedizin gebrandmarkt wird – wenn du arm bist, musst du früher sterben –, das wird hier übertragen auf die Sicherheitspolitik.“

„Gerechtigkeitsproblem“ – „Wenn die Ärmsten zum Militär müssen“

Ein weiterer Aspekt der Kritik betrifft den riesigen Truppenübungsplatz als Platzverbrauch. Die Fläche des Übungsgeländes könnte sicherlich anderweitig genutzt werden. Auch darf die regionale Bevölkerung die Wälder im militärischen Sperrgebiet nicht betreten – ein Umstand, der oft Unmut hervorruft. Nicht zu vergessen: Der Truppenübungsplatz ist mitten im Sorbischen Siedlungsgebiet angesiedelt.

“Die Sorben/Wenden gehören zu den vier bodenständigen anerkannten Minderheiten in Deutschland und haben kein Mutterland”

>>Lausitz.de<<

“Die Sorben/Wenden gehören zu den vier bodenständigen anerkannten Minderheiten in Deutschland und haben kein Mutterland. Dieses kleine Volk hat eine eigene Nationalhymne, die Farben ihrer Fahne sind blau (módre) – rot (čerwjene) – weiß (běłe). Die Sorben/Wenden haben sich trotz aller Widrigkeiten ihrer Geschichte ihre nationalen Eigenheiten erhalten. Dazu gehören die Sprache, die Lebensweise, Bräuche und Traditionen, Folklore mit Dudelsack, dreisaitiger Geige, Volkstanz und -gesang und die sorbische/wendische Küche mit ihren regionaltypischen Gerichten.”

“Sorben/Wenden haben sich trotz aller Widrigkeiten ihrer Geschichte ihre nationalen Eigenheiten erhalten”

Diese Tatsache wirft Fragen bezüglich des kulturellen Erbes und des Respekts gegenüber Minderheiten auf. Die Kritik an den Soldaten in der Lausitz sollte daher differenziert betrachtet werden. Es gibt zweifellos legitime Anliegen seitens der örtlichen Bevölkerung, aber es ist wichtig, den übergeordneten Kontext zu verstehen und eine ausgewogene Diskussion darüber zu führen, statt mit einseitiger Berichterstattung zu glänzen.