Vermögenssteuer & Erbschaftssteuer: “Die meisten Bundesbürger besitzen deutlich weniger als andere Europäer”

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Kann eine Vermögenssteuer und/oder Erbschaftssteuer wirklich für soziale Gerechtigkeit sorgen? Immerhin haben viele Menschen mit schlichen existentiellen Sorgen zu kämpfen.

“13,8 Millionen Menschen gelten als armutsgefährdet, für sie geht es in der Krise um die Existenz”

>>Spiegel<<

“13,8 Millionen Menschen gelten als armutsgefährdet, für sie geht es in der Krise um die Existenz. Anni W. hat ihnen mit einem Hashtag auf Twitter eine Stimme gegeben. Doch nicht nur sie bezweifelt, dass sie gehört wird. … Während der Bundesfinanzminister von »Gratismentalität« spricht, schreiben unter Anni W.s Hashtag Arbeitslose, Geringverdienerinnen, Studenten, Rentnerinnen darüber, wie es ist, wenn man nicht mehr weiß, wie man seinen Kühlschrank füllen soll.”

“Arbeitslose, Geringverdienerinnen, Studenten, Rentnerinnen darüber, wie es ist, wenn man nicht mehr weiß, wie man seinen Kühlschrank füllen soll”

Diese Zahlen lassen auch durch andere Erhebungen belegen. Tatsächlich schneiden viele andere europäische Länder im Vergleich viel besser ab, was sehr wohl auf Gründe zurückgeht.

“Die meisten Bundesbürger besitzen deutlich weniger als andere Europäer”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Die meisten Deutschen besitzen weniger als andere Europäer – Die meisten Bundesbürger besitzen deutlich weniger als andere Europäer. Das geht aus einer Studie der europäischen Zentralbank (EZB) hervor. … In der Bundesrepublik klafft das Vermögen von Armen und Reichen nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung so stark auseinander wie nirgends sonst in der Euro-Zone. Es gibt viele Firmen in Familienbesitz. Die reichsten zehn Prozent der Deutschen vereinen mehr als 60 Prozent des ganzen Vermögens auf sich.”

“Vermögen von Armen und Reichen nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung so stark auseinander wie nirgends sonst in der Euro-Zone”

Durch die politischen Umstände während der Wiedervereinigung kommt Ostdeutschland sogar noch viel Schlechter weg. Für diese Personengruppe fand faktisch kein Vermögensaufbau statt.

“Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt”

>>Welt<<

“Der CDU-Vorsitzende … dringt auf bessere Möglichkeiten zur Vermögensbildung für Arbeitnehmer. Ein ausführliches Konzept hierfür müsse im nächsten Grundsatzprogramm der CDU enthalten sein, das im kommenden Jahr verabschiedet werden soll, sagte der Oppositionsführer im Bundestag am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover. Er warnte: «Wir werden in diesem Land sozialen Frieden nicht erreichen, wenn wir nicht Wohneigentum- und Altersvermögensaufbau besser machen, als wir das gegenwärtig tun.» Eine «besondere Zuwendung» brauchen hier … die ostdeutschen Länder. Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt, wie das Aufkommen der Erbschaftssteuer zeige. «Die waren 40 Jahre lang nicht dabei und haben 40 Jahre lang die Chance nicht gehabt, in Frieden, Freiheit und marktwirtschaftlicher Ordnung auch Vermögen zu bilden», sagte der CDU-Chef mit Blick auf die Menschen in Ostdeutschland. «Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft», bemängelte … .”

“Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft”

Auch andere sehen die Schuld in der Geldanlage begründet. Aber zugleich wird auch der geringe Bestand an Immobilienbesitz genannt.

“Eine Erklärung für das geringe Vermögen der Deutschen ist ihre Geldanlage”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Eine Erklärung für das geringe Vermögen der Deutschen ist ihre Geldanlage. … Außerdem wohnen nur etwa 40 Prozent im eigenen Haus. Dagegen besitzen 70 bis 80 Prozent der Italiener und Spanier Immobilien, die einst günstig erworben wurden und zum Teil erhebliche Wertsteigerungen erfahren haben.”

“Außerdem wohnen nur etwa 40 Prozent im eigenen Haus”

Die niedrige Wohneigentumsquote lässt sich sicherlich – unter anderen – mit der Erbschaftssteuer erklären. Sobald ein Großteil des Vermögens in der Immobilie steckt und kaum liquide Mittel vorhanden sind, muss zur Begleichung der Erbschaftssteuer die Immobilie erneut beliehen oder verkauft werden. Vermögensaufbau kann auf diese Weise wohl kaum stattfinden. Auch andere ganz praktische Erwägungen kommen hinzu. Wer will schon Schulden oder eine verschuldete Immobilie erben? Selbiges trifft auf Unternehmen zu. Mit der Vermögenssteuer oder Erbschaftssteuer soll mehr soziale Gerechtigkeit schaffen, tatsächlich wird genau das Gegenteil erreicht. Dabei reichen derartige Debatten sehr weit in die Geschichte zurück.

“Die hohen Branntweinpreise sollten einen fiskalischen und einen volksgesundheitlichen Aspekt haben”

>>Zum Teufel mit der Steuer! von Reiner Sahm (Buch) <<

“Die hohen Branntweinpreise sollten einen fiskalischen und einen volksgesundheitlichen Aspekt haben. Sydows Vorhaben erstreckte sich auch auf die Besteuerung von elektrischem Strom, Gas und Zeitungsanzeigen und auf die Verdoppelung der Matrikularbeiträge. Er rechnete mit Einnahmen von 100 Millionen Mark. Diese Reformvorhaben lösten sowohl im Reichstag als auch in der Öffentlichkeit eine außerordentlich heftige Debatte aus. Am 24. Juni 1909 lehnte der Deutsche Reichstag die Erbschaftsteuer ab. Die Konservativen, das Zentrum und die polnische Fraktion stimmen gegen die Vorlage, was faktisch das Ende des „Bülow Blocks“ bedeutet. Da die geplante Erbschaftsteuer Kernstück der Finanzreform war, hatte dies zur Folge, dass Reichskanzler Bernhard von Bülow 1909 und wenig später der Staatsekretär des Reichsschatzamtes zurücktrat.”

“Am 24. Juni 1909 lehnte der Deutsche Reichstag die Erbschaftsteuer ab”

Schon damals wurden “ehrenhafte Motive” für die Einführung von Steuern angeführt und auch Vorläufer der Vermögenssteuer – unter anderen Namen – waren bereits im Gespräch gewesen. Die so eingenommen Steuern wurden aber kaum zur Armutsbekämpfung ausgegeben, sondern eher zur allgemeinen Weltpolitik.

“Die Gesamteinnahmen hatten sich seit Reichsbeginn insgesamt verdreifacht”

>>Zum Teufel mit der Steuer! von Reiner Sahm (Buch) <<

“Die Gesamteinnahmen hatten sich seit Reichsbeginn insgesamt verdreifacht. In der Zeit von 1875 bis 1913 stiegen jedoch die Ausgaben von 619 Millionen Mark auf 3,4 Milliarden Mark, also um mehr als das Fünffache. Die Steigerung der Ausgaben basierten im Wesentlichen auf der Entscheidung, aktiv Weltpolitik zu betreiben und eine Flotte zu bauen. In den Jahren 1897/98 und in den folgenden Jahren erhöhten sich die Rüstungsausgaben so dramatisch, dass diese die vorhandenen Einnahmen überstiegen. Für die Finanzierung der erhöhten Rüstungsanstrengungen wurde 1913 eine einmalige Vermögensabgabe, der sogenannte Wehrbeitrag beschlossen und gleichzeitig eine laufende Vermögenszuwachssteuer zugunsten des Reicheseingeführt. Die Einführung dieser direkten Steuer – und nicht eine Erhöhung der indirekten Steuern – war dem Umstand zu verdanken, dass die SPD in der Reichstagswahl von 1912 einen beachtlichen Stimmenzuwachs zu verzeichnen hatte.”

“Für die Finanzierung der erhöhten Rüstungsanstrengungen wurde 1913 eine einmalige Vermögensabgabe”

Die heutige Bundesregierung lehnt übrigens Vergleich mit den damaligen Deutschen Reich kategorisch ab, obwohl diese Art der Debatten faktisch bis in die Gegenwart fortgeführt werden. Zugleich treiben viele der damals eingeführten Steuern die Finanzämter noch heute auf dieser Grundlage ein. Auch die erwähnte Branntweinsteuer lebt im Form des Alkoholsteuergesetz weiter fort. Ohnehin zahlen die wirklich wohlhabenden Menschen praktisch keine Erbschafts- oder Vermögenssteuer, da sie ihr Vermögen meist in Staaten parken, auf welche das Finanzamt keinen Zugriff hat. Die Erbschafts- oder Vermögenssteuer greift eher die kleineren Einkommen ab.