Das Hinweisgeberschutzgesetz, die deutsche Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie

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Im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit sind Hinweisgeber („Whistleblower“) nach dem Hinweisgeberschutzgesetz geschützt, wenn sie die Meldestellen nutzen. An Hochschulen können also Beschäftigte und Lehrbeauftragte Hinweise geben, jedoch nicht Studierende.

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Von Blog Datenschutz – Unter dem Radar

(Annomyer Autor der Technischen Universität Berlin)

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Vordem gab es keine rechtsicheren Kanäle, um auf Missstände in Unternehmen und Behörden aufmerksam zu machen. Die Weitergabe von vertraulichen Informationen an die Öffentlichkeit oder Presse ist allerdings weiterhin strafbewehrt, wenn damit (Unternehmens-) Geheimnisse offengelegt werden.

Nach dem Hinweisgeberschutzgesetz HinSchG gibt es:

  • interne Meldestellen, die von Beschäftigungsstellen eingerichtet werden (verpflichtend bei mindestens 50 Beschäftigten entspr. § 19 HinSchG),
  • deutschlandweite externe Meldestellen, die von Bundesbehörden eingerichtet werden (je nach Art des Hinweises ist genau eine vier externen Meldestellen entspr. § 19, §§ 21-23 HinSchG zuständig) sowie
  • landeseigene externe Meldestellen für die Landes- und Kommunalverwaltungen (die Einrichtung ist den Ländern entspr. § 20 HinSchG freigestellt).

Welche Missstände kann ich melden?

Nicht jeder Missstand ist zur Meldung vorgesehen. Zudem sind in einigen Fällen trotz des Schutzes der Hinweisgeber rechtliche Konsequenzen möglich.

Vor einer Meldung sollte mensch u.a. prüfen:

  1. Handelt es sich um einen Missstand, die mensch im beruflichen Kontext bekannt wurde?
  2. Sind andere vorrangige Meldepflichten zu befolgen?
    § 4 HinSchG gehen spezifische Regelungen über die Mitteilung von Informationen über bestimmte Verstöße vor, z.B. zur Geldwäsche.
  3. Sind vertrauliche Informationen betroffen, zu denen ein beruflich berechtigter Zugang besteht?
    Sofern die Beschaffung oder der Zugriff auf Informationen durch den*die Hinweisgeber selbst strafbar ist (z.B. bei Administratoren), entbindet gemäß § 35 HinSchG die Weitergabe an eine (externe) Meldestelle nicht von der Verantwortlichkeit, kann also juristisch belangt werden.
  4. Werden mit der Meldung Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflichten zum materiellen oder organisatorischen Schutz von Verschlusssachen oder Verschwiegenheitsgeheimnisse bestimmter Berufsgruppen verletzt?
    Nicht vom Gesetz sind abgedeckt sind bspw: 
    • sofern entspr. §5 (1) nationale Sicherheitsinteressen betroffen sind sowie
    • Verletzung der Verschwiegenheit von Rechtsanwälten, Ärzten usw. gemäß §5 (2)
  5. Ist es eine Meldung zu den im §2 HinSchG abschließend aufgeführten Kategorien?
    Meldungen sind nur für Verstöße gegen die dort genannten Rechtsvorschriften zulässig, insofern sollte mensch unbedingt prüfen, inwieweit der Verstoß darunter fällt.
    In §2 HinSchG sind B. genannt:
  • Verstöße, die eine Straftat darstellen (§2 (1)),
  • Verstöße gegen Rechtsvorschriften
    • zum Schutz personenbezogener Daten im Anwendungsbereich der DSGVO (§2 (3) Nr. 3 lit. p),
    • zur Sicherheit in der Informationstechnik im Sinne des § 2 Absatz 2 des BSI-Gesetzes (§2 (3) Nr. 3 lit. q); dies gilt allerdings nur für Betreiber Kritischer Infrastrukturen, zu denen Hochschulen nicht gehören

An welche Meldestelle kann ich mich wenden?

Hinweisgeber können sich entscheiden, ob sie sich an die interne oder jeweils zuständige externe Meldestelle wenden. Sofern sie annehmen, dass intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, sollten sie nach § 7 (1) HinSchG die interne Meldestelle bevorzugen, d.h.

  1. Zunächst also bedenken, ob mensch sich an die interne Meldestelle wenden möchte.
  2. Sofern es um die öffentliche Verwaltung bspw. an der Hochschule geht, gibt es ggf. eine landeseigene externe Meldestelle. Das Land Berlin hat bislang keine eingerichtet, so dass die deutschlandweiten externen Meldestellen zuständig sind.
  3. Die externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz ist für die meisten Anliegen die zuständige Stelle. Für einige Fachgebiete, z.B. Finanzdienstleistungen und Kartellrecht gibt es spezifische Meldestellen, auf der Webseite des Bundesamtes für Justiz kann mensch prüfen, ob ggf. eine der anderen Stellen zuständig ist.

Sind anonyme Meldungen möglich?

Interne Meldestellen sind nach § 16 (1) HinSchG angehalten, anonyme Hinweise aufzunehmen, jedoch nicht dazu verpflichtet. Die TU Berlin bietet die Möglichkeit anonymer Meldungen an.

Die externen Meldestellen nehmen auch anonyme Meldungen entgegen.

Bei nicht-anonymen Meldungen ist die Identität der meldenden Person ist nach § 8 vertraulich zu behandeln, ebenso die weiterer in der Meldung genannten Personen. Das HinSchG sieht in § 9 einige Ausnahmen vom Vertraulichkeitsgebot vor, u.a. bei Strafverfahren oder wenn vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Informationen über Verstöße gemeldet werden.

Fazit

Das Hinweisgeberschutzgesetz ermöglicht Beschäftigten auf bestimmte Missstände in ihrem Unternehmen bzw. ihrer Einrichtung aufmerksam zu machen ohne dass sie Repressalien befürchten müssen.

Allerdings sind nur bestimmte Meldungen vom Gesetz erfasst und anonyme Meldungen nur für die externen Meldestellen verpflichtend.

Die Ultima Ratio einer Offenlegung von Missständen gegenüber der Öffentlichkeit oder Presse ist mit abdeckt, sofern die Bestimmungen des § 32 befolgt werden, u.a. zunächst eine externe Meldestelle informiert wurde.

Potentielle Hinweisgeber sollten in jedem Fall bedenken, welche Risiken sie bei einer Meldung in Kauf nehmen, auch wenn das Gesetz sie grundsätzlich vor Repressalien schützt.

 


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