Warum das Darknet vom Grundgesetz geschützt ist

Screenshot twitter.com Screenshot twitter.com

Über ein schwammig formuliertes Gesetz sollen VPN-Netzwerke und das Darknet verboten werden: „Wer das Darknet nutzt, führt in der Regel nichts Gutes im Schilde. Diese einfache Erkenntnis sollte sich auch in unserer Rechtsordnung widerspiegeln.“ Mit solch plumpen Plattitüden und einer fragwürdigen Rechtsauffassung soll die Informationsfreiheit eingeschränkt werden. Doch tatsächlich ist das Darknet indirekt vom Grundgesetz geschützt.

„Damit stehen womöglich auch alle Nutzer am Pranger“

>>Computer Bild<<

„So gibt etwa Professor Dr. Matthias Bäcker, Professor für Öffentliches Recht und Informationsrecht an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, in einer Stellungnahme zu bedenken, dass das Gesetz so formuliert ist, dass generell jede Handlung, die ein Anbieten etwa von Inhalten im Darknet ermöglicht, strafbar ist, egal, ob dahinter ein legales oder illegales Vorhaben steht. Damit stehen womöglich auch alle Nutzer am Pranger, die sich mithilfe von Tor-Browser und VPN-Verbindung einen legalen Zugang zum Internet verschaffen, bei dem sie davon ausgehen können, nicht ständig von Google und anderen Webdiensten getrackt zu werden.“

VPN und Darknet: „Nicht ständig von Google und anderen Webdiensten getrackt zu werden“

Der ganze Gesetzentwurf basiert auf der wagen These: Das im Darknet nur kriminelle Machenschaften stattfinden sollen. Tatsächlich sind auch viele ganz normale Informationsportale dort zu finden. Fast jedes große Medium bietet auch eine Webseite speziell für das Darknet an. Hintergrund: Trotz Zensurmaßnahmen sind diese Webseiten überall auf der Welt zu erreichen. Aus genau diesem Grund, hat das Verbot des Darknets: Einen sehr faden Beigeschmack. Denn besonders Diktaturen greifen gern auf Darknet-Verbote zurück. Das Radiohören eines vermeintlichen „Feindsenders“ dürfte wohl der Klassiker schlechthin sein. Allgemein ist dabei zu beobachten: Je diktatorisch ein Staatssystem sei, desto mehr Zensurmaßnahmen finden statt. Daneben sprechen auch ganz legale Aspekte – für – die Nutzung des Darknets.

Über das Darknet die eigne Kreditkarte wiederfinden

>>Comdirect Bank<<

„Owl durchsucht das DeepWeb und Darknet rund um die Uhr nach Auffälligkeiten zu Ihren persönlichen Daten wie E-Mail-Adressen, Kreditkartennummern etc. So wird ein möglicher Datenmissbrauch frühzeitig erkannt. Im Notfall können Sie sofort geeignete Abwehrmaßnahmen mit kompetenter Unterstützung von Owl ergreifen.“

Darknet: „Datenmissbrauch frühzeitig erkannt“

Auch spezielle Suchmaschinen wie >>Owl<< greifen auf das Darkent zu. Diese dient vorwiegend dazu: Datenmissbrauch zu verhindern. Während heutzutage „Bargeld“ pauschal als Triebfeder krimineller Machenschaften ausgemacht worden sein soll, findet die Masse des Betrugs eher auf elektronischen Wege statt: Gefälschte Kreditkarten, gehackte Bankkonten, falsche Webseiten für Zahlungsverkehr und noch viel mehr. Dagegen verkommen kriminelle Geschäfte mit Bargeld, beinahe zur einer bedeutungslosen Randnotiz. Allerdings spielt Darknet bei den Betrugsmaschen selbst keine allzu große Rolle, es dient in dem Zusammenhang mehr, die erbeutete „Datenware“ weiter zu verkaufen.

Darknet: Ansehen ist Legal

Selbstverständlich existieren im Darknet dazu eine ganze Reihe von Handelsplattformen – vergleichbar mit den legalen Portal ebay.de – wo so ziemlich alles angeboten wird, was sich der menschliche Geist – und teilweise darüber hinaus – sich vorstellen kann. Aber nur der Handel – also Verkauf und Erwerb – ist Strafbar. Ansehen ist (noch) legal. Denn tatsächlich besitzen Bürger das verbriefte Recht, sich ungehindert aus frei zugänglichen Quellen zu informieren. In dem Zusammenhang ist das Darknet auch nicht viel komplizierter als das gewöhnliche Internet aufgebaut. Bundesverfassungsgericht: „Jeder hat das Recht, … sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

„Jeder hat das Recht, … sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“

>>Bundesverfassungsgericht<<

„Die Informationsfreiheit steht in der grundgesetzlichen Ordnung gleichwertig neben der Meinungs- und Pressefreiheit. Sie ist kein bloßer Bestandteil des Rechts der freien Meinungsäußerung und -verbreitung. Dieses Recht hat zwar den Schutz des Empfangs der Meinung durch andere mit zum Inhalt; der Schutz wird aber allein den Äußernden um ihrer Meinungsfreiheit willen gewährt. Der Empfänger spielt dabei insoweit nur eine passive Rolle. Demgegenüber ist die Informationsfreiheit gerade das Recht, sich selbst zu informieren. Andererseits ist dieses Freiheitsrecht die Voraussetzung der der Meinungsäußerung vorausgehenden Meinungsbildung. Denn nur umfassende Informationen, für die durch ausreichende Informationsquellen Sorge getragen wird, ermöglichen eine freie Meinungsbildung und -äußerung für den Einzelnen wie für die Gemeinschaft.“

„Die Informationsfreiheit steht in der grundgesetzlichen Ordnung gleichwertig neben der Meinungs- und Pressefreiheit“

Ein VPN- und Darknet-Verbot würde also direkt das grundgesetzliche Recht der Informationsfreiheit einschränken. Besonders das Darknet stellt hierzu eine gute Quelle für Informationen da. Kriminalität verschwindet ja nicht, indem der Zugang zum Darknet verboten wird. Allgemein ist eher fraglich: Ob das Darknet überhaupt abgeschalten werden kann? Zahlreiche Server sind dazu in verschiedenen Staaten im Einsatz, von denen die Bundesregierung nicht mal alle anerkennen will. Die Abschaltung einiger Deutscher Server, würde das Darknet keineswegs gefährden. Auch die Installation der notwendigen Software – als Zugangsvoraussetzung – lässt sich praktisch nicht unterbinden. Das ganze Vorhaben ist etwa so sinnvoll, wie pauschal jede Art von Kriminalität – noch mal extra – verbieten zu wollen. Drogen, Illegale Waffen, Auftragsmorde und noch viel mehr: Dazu ist die Organstiere Kriminalität hierzulande bestens Aufgestellt: Die kommt problemlos auch ohne Darknet zurecht.