„Die Götter mögen verhindern, dass Knaben Kaiser werden“ – Kindliche Einfalt in der öffentlichen Debattenkultur

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Vom blassen römischen Kindkaisern und hilflos stammelnden Regierungssprechern: Die offiziellen staatlichen Repräsentanten weichen immer häufiger Gesprächen mit der gewöhnlichen Bevölkerung aus. Kritische Kommentare sind auf Nimmerwiedersehen aus dem Internet verschwunden.

Vom blassen römischen Kindkaisern und hilflos stammelnden Regierungssprechern

Auf der offiziellen Bundespressekonferenz muss der Regierungssprecher dann doch notgedrungen Rede und Antwort stehen. Doch bei manchen kritischen Fragen ruft sein Verhalten eher Erinnerungen an ein trotziges kleines Kind wach. Dabei haben schon antike Autoren genau vor solchen Herrschern gewarnt.

Warum der Regierungssprecher der Bundesregierung manchmal wie ein trotziges Kind wirkt

>>Die Völkerwanderung von Klaus Rosen (Buch) <<

„Als 375 Valentinian II. mit vier Jahren auf den Thron gehoben wurde, meldeten sich erstmals Stimmen, die darauf verwiesen, welche Gefahr Kinderkaiser für das Reich bildeten. An dieses Kind oder an Theodosius’ minderjährige Söhne und Nachfolger dachte der unbekannte Verfasser der «Historia Augusta», der in der Vita des Kaisers Tacitus (275– 276) einem Senator in Rom folgendes Gebet in den Mund legte: «Die Götter mögen verhindern, dass Knaben Kaiser werden und dass man «Vater des Vaterlandes» Unmündige nennt, denen Schreiblehrer bei der Unterschrift die Hand halten müssen, die sich von Süßigkeiten, Kringeln und anderem Naschwerk für Kinder verlocken lassen, Consulate zu vergeben.“

„Die Götter mögen verhindern, dass Knaben Kaiser werden“ 

Vergleiche mit der Vergangenheit sind zwar immer mit Schwierigkeiten behaftet, aber auch bei manchen – keineswegs allen – Volljährigen in wichtiger politischer Funktion tritt der Eindruck auf: Aus der naiven kindlichen Einfälligkeit ist er niemals wirklich herausgewachsen. Deshalb wird ein echter Diskurs nach Möglichkeiten vermieden. Die sogenannten „Talkshows“ im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk dürften das wohl sichtbarste Zeichen hierfür sein.

Talkshows im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk – Sichtbarer Zerfall der Debattenkultur

Allgemein zeichnen sie sich eher durch gähnende Langeweile aus. Die gefühlt immer gleichen Gäste reden sehr viel, aber dafür haben sie umso weniger zu sagen und das Wenige, das wird bis zur gefühlten Unendlichkeit wiederholt. Kritische Geister müssen meist vor der Tür bleiben. Sprich: Sie werden oft erst gar nicht eingeladen. Nur wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann bekommen sie notgedrungen ein öffentliches Forum geboten, wobei alle anderen Gäste – inklusive des Moderators – die Gegenposition einnehmen.

Öffentlich-Rechtliche Diskussionskultur: Endloses gegenseitiges Anschreien und ständiges Dazwischengerede

Aus den endlosen gegenseitig Anschreien und ständigen Dazwischengerede ist häufig nicht mal in Ansätzen eine echte Diskussion herauszuhören. Der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk – mit Bildungsauftrag – ist mittlerweile auf Niveau eines 13järigen angekommen. Vereinfacht: Man bewegt sich nur noch unter seines Gleichen und will wirkliche Diskussionen mit echten kritischen Geistern tunlichst vermeiden. Aber das gelingt nicht auf jedem öffentlichen Forum, wie die Bundespressekonferenz beweist.

Bundespressekonferenz: „Deutschen und internationalen Korrespondenten Rede und Antwort steht“ 

>>Die Getriebenen von Alexander Robin (Buch) <<

„ … vor der Bundespressekonferenz (BPK), wo er drei Mal wöchentlich den versammelten deutschen und internationalen Korrespondenten Rede und Antwort steht. … Die Morgenlage geht schon in Wochenendstimmung auseinander: Der Regierungssprecher wird seine freie Zeit schonnach der BPK am frühen Nachmittag beginnen, der Kanzleramtschef freut sich auf eine schöne Dienstreise in die Schweiz.“

„Regierungssprecher wird seine freie Zeit schonnach der BPK am frühen Nachmittag beginnen“ 

Zumindest dürfte der Regierungssprecher über genügend Freizeit verfügen. Trotz viel freizeitlicher Erholung und sicherlich üppiger Bezahlung wollen seine geistigen Fähigkeit nicht so recht überzeugen. Besonders bei kritischen Fragen muss er häufig seine schlichte Unkenntnis preisgeben oder seine – mit Abstand – liebste Beschäftigung lautet: Eine langatmige und langweilige Rede aus seiner Sichtweise – oder die der Bundesregierung – zu halten, ohne die eigentliche Frage zu beantworten. Mit etwas Abstand betrachtet: Die offiziellen Verlautbarungen des Regierungssprechers grenzen ja schon beinahe an billigen Klamauk heran.

„Unmündige nennt, denen Schreiblehrer bei der Unterschrift die Hand halten müssen“ 

Augenscheinlich haben die mahnenden Worte von Tacitus nie ihre Bedeutung verloren: „Die Götter mögen verhindern, dass Knaben Kaiser werden und dass man «Vater des Vaterlandes» Unmündige nennt, denen Schreiblehrer bei der Unterschrift die Hand halten müssen, die sich von Süßigkeiten, Kringeln und anderem Naschwerk für Kinder verlocken lassen, Consulate zu vergeben.