„Wir weinen ihnen keine Träne nach“ – 45 Prozent der jungen Erwachsenen planen aus der Lausitz wegzuziehen

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Keine Arbeit stimmt nicht – Die Kinder der Lausitz hören dauernd, sie müssten wegziehen, weil es hier keine Arbeit gäbe. Wenn das jemals wieder zutreffen sollte, dann wegen dieser falschen Erzählung.“ – So auf der Lausitz-Kolumne erschienen. Das es überhaupt keine Arbeit gebe: Dieses Argument dürfte wohl kaum jemand anführen.

„Keine Arbeit stimmt nicht – Die Kinder der Lausitz hören dauernd, sie müssten wegziehen“

Vielmehr ist Quantität und Qualität von Arbeitsplätzen entscheidend: Denn viele Berufe sind im Niedriglohnsektor angesiedelt. Die Tarifbindung in der Lausitz ist gering und war auch vorher nicht sonderlich hoch gewesen. Die besten Löhne und Arbeitsplätze kann – mit weitem Abstand – das Lausitzer Revier bieten. Die jährliche Wertschöpfung von 1,4 Milliarden Euro kommt – anders als staatliche Subventionen – direkt in der Region an.

Lausitzer Revier: „Es geht um eine jährliche Wertschöpfung von 1,4 Milliarden Euro“

>>Deutsche Handwerks Zeitung<<

„Knapp 40 Prozent der Betriebe bezeichnen sich laut Umfrage als mäßig bis stark abhängig von der Braunkohlewirtschaft. Jedes fünfte Unternehmen bewertet seine künftige wirtschaftliche Entwicklung mit unbefriedigend. … Es geht um eine jährliche Wertschöpfung von 1,4 Milliarden Euro, die ersetzt werden muss. Neben den Standortfaktoren sind für die Unternehmen zwei Punkte besonders wichtig: Eine stabile Energieversorgung und bezahlbare Strompreise. … Präsident der Handwerkskammer Cottbus. „Wir haben viele energieintensive Betriebe wie Metallbauer, Tischler, Fleischer oder Bäcker, die zum Teil Tag und Nacht produzieren und schon heute enorme Kosten schultern müssen. Da kommen schnell sechs- bis siebenstellige Beträge zusammen. Das geht an die Grenzen der Wettbewerbsfähigkeit.“

„Wir haben viele energieintensive Betriebe wie Metallbauer, Tischler, Fleischer oder Bäcker“

Die Arbeitsplätze im Lausitzer Revier sollen sich angeblich durch Ersatzarbeitsplätze ersetzen lassen. Nur liegen bis heute keine stichhaltigen Konzepte vor. Jenseits von Träumereien, Wunschdenken und billigen Taschenspielertricks ist die eigentlich Frage unbeantwortet geblieben: Wie sollen Tausende an Arbeitsplätze aus quasi aus dem „Nichts“ entstehen und noch dazu 1,4 Milliarden Euro jährlich an Wertschöpfung erbringen? – Zumindest wird indirekt an manchen Stellen die Frage nach Ersatzarbeitsplätzen dann doch beantwortet. Und noch dazu, überraschend ehrlich.

„Staat selten gelingt – Die Entstehung neuer Arbeitsplätze effizient zu fördern“ 

>>Oliver Holtemöller<<

„Die Vergangenheit zeigt, dass es dem Staat selten gelingt, die Entstehung neuer Arbeitsplätze effizient zu fördern. Schauen Sie sich zum Beispiel die Solarindustrie in Sachsen-Anhalt an: Hier sind viele Subventionen verpufft. Wenn der Staat subventioniert, sind die Unternehmen oft nur so lange vor Ort, wie das staatliche Geld fließt. Es ist aus ökonomischer Perspektive besser, die Menschen individuell zu fördern, sie zu qualifizieren und mobil zu machen, etwa durch Umzugsbeihilfen.“

„Unternehmen oft nur so lange vor Ort – Wie das staatliche Geld fließt“

Ob Nokia-Werk in Bochum in Bochum, Cargolifter, die Solarindustrie oder kommt demnächst noch die Windkraft hinzu? Sobald die staatlichen Subventionen aufhören zu fließen, sind die hochsubventionierten Unternehmen an ihr wirtschaftliche Ende angelangt. Oder dürfen als Dauer-Milliardengrab wie der Flughafen Berlin Brandenburg ewig auf Kosten des Steuerzahlers weiter leben. Nur so kann man keine funktionierende Wirtschaft aufbauen. Deshalb fallen die Vorschläge für „andere“ Ersatzarbeitsplätze nur allzu vertraut aus.

„Lausitzer Beschäftigte nach dem Kohleausstieg Wegzugsprämien erhalten“

>>Lausitzer Rundschau<<

„Forscher schlagen vor, dass Lausitzer Beschäftigte nach dem Kohleausstieg Wegzugsprämien erhalten.“

Kann der Staat nachhaltige wirtschaftliche Strukturen schaffen?

Das Mittel der „Wegzugsprämien“ ist schon aus der Nachwendezeit bekannt. Aber auch heute müssen sich Arbeitslose bundesweit bewerben, andernfalls wird ihnen das Arbeitslosengeld gestrichen. Faktisch wird damit der Wegzug durch eine Behörde vorgeben und die damalige Wegzugsprämien wurde ohnehin längst abgeschafft. Demzufolge geben sich nur die allerwenigsten Menschen in der Lausitz irgendwelchen Illusionen hin.

„Jeder zweite junge Mensch im Alter zwischen 18 und 29 Jahren“ – „Plant aus der Lausitz innerhalb der nächsten 2 Jahre wegzuziehen“

>>Lausitz Monitor<<

„Insgesamt ist es für jeden zehnten Lausitzer (10 Prozent) wahrscheinlich, innerhalb der nächsten 2 Jahre aus der Region wegzuziehen. Die Wegzugsbereitschaft ist vor allem in der jungen Generation hoch. Fast jeder zweite junge Mensch im Alter zwischen 18 und 29 Jahren (45 Prozent) plant aus der Lausitz innerhalb der nächsten 2 Jahre wegzuziehen.“

„Jeden zehnten Lausitzer“ – „Wahrscheinlich, innerhalb der nächsten 2 Jahre aus der Region wegzuziehen“

Man könnte es auch als Abstimmung mit den Füßen bezeichnen. Erich Honecker hatte zu DDR-Zeiten einst zu Republikflüchtingen gesagt: „Wir weinen ihnen keine Träne nach“ – Ein vergleichbarer Zynismus scheint mittlerweile in großen Teilen der politischen Elite wieder Einzug zu halten. Allerdings kann die Entscheidung – besonders der jüngeren Generation – niemand wirklich verdenken. Aber dieser „Strukturwandeln“ wird nicht nur ökonomische Auswirkungen haben. Vereine finden keinen Nachwuchs mehr und müssen aufgeben. Das ganze gesellschaftliche Leben in der Lausitz dürfte davon auf lange Sicht negativ Beeinflusst werden. Am meisten wird vermutlich das Volk der Sorben in der Lausitz darunter leiden.

„Das größte Problem sei jedoch die massive Abwanderung vieler Sorben aus beruflichen Gründen“

>>Technische Universität Dresden<<

„Die Sorgen der Sorben – Das größte Problem sei jedoch die massive Abwanderung vieler Sorben aus beruflichen Gründen. Abseitig aller Finanzierungsfragen ist dies wohl das größte Problem der kleinen Kultur.“

Abwanderung von Sorben: „Abseitig aller Finanzierungsfragen ist dies wohl das größte Problem der kleinen Kultur“

Die Sorbische Minderheit hat heute schon mit existenziellen Problemen zu kämpfen. Die drohende Abwanderungswelle könnte langfristig der Anfang vom Ende der Lausitzer Sorben sein.