Im Jahr 1945: „Idee der panslawischen Verbundenheit“

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Als im Jahr 1945 sowjetische Truppen und ihre slawischen Verbündeten in der Lausitz einrückten, wurde ein großer Unterschied zwischen Deutschen und Sorben gemacht. Hinter diesen Vorgehen, stand die Idee der panslawischen Verbundenheit.

>>Deutsch-Polnische Gesellschaft der BRD<<

„Fährt man durch die zweischsprachige Lausitz, dann fallen dem Besucher die zweisprachigen Ortstafeln und Straßenschilder auf. Nimmt man sich die Zeit, steigt aus dem Auto und sucht das Gespräch mit den Bewohnern, dann kann man sich mit ihnen auch in ihrer Muttersprache – in Sorbisch – unterhalten. … Rechtlich ist das sorbische Volk durch mehrere Gesetze und Vorschriften geschützt, so wurde das „Gesetz zur Ausgestaltung der Rechte der Sorben/Wenden“ vom Brandenburger Parlament 1994 und ein ähnliches fünf Jahre später in Sachsen beschlossen. In beiden Gesetzen ist das zweisprachige Siedlungsgebiet festgeschrieben. Ein besonderes Datum für die Sorben ist der 13. Oktober 1912, an diesem Tage wurde die “Domowina” als Dachverband sorbischer Vereine und Vereinigungen in Hoyerswerda/Wojerecy gegründet. 1937 wurde die “Domowina” verboten und nach dem Zweiten Weltkrieg, zwei Tage nach der Befreiung, am 10. Mai 1945 in Crostwitz/Chrósćicy (Kreis Kamenz) neugegründet.“

 

>>Sorbisches Institut<<

„Von einer solch denkwürdigen Begebenheit berichtet uns der Merseburger Bischof Thietmar (975–1018) im achten Buch seiner Chronik. Am 30. Januar 1018 sei „in quadam urbe Budusin dicta“ (in einer gewissen Stadt namens Bautzen) ein Friedensabkommen zwischen dem römisch-deutschen Kaiser Heinrich II. und dem polnischen Herzog Bolesław I., genannt Chrobry (der Tapfere), geschlossen worden. Der sogenannte Frieden von Bautzen legte einen langjährigen Konflikt beider Herrscher bei, indem Heinrich die Herrschaft Bolesławs über die Lausitz und das Milzenerland (das entspricht in etwa den späteren Territorien Ober- und Niederlausitz) bestätigte. Bereits im Jahr 1002 hatte sich der Polenherzog das erste Mal der „civitas Budusin“ bemächtigt, die seinerzeit eine große strategische Bedeutung im Dreiländereck zwischen Böhmen, Polen und dem Heiligen Römischen Reich besaß. Das Gebiet blieb in der Folgezeit jedoch hart umkämpft und wechselte mehrfach den Besitzer. Erst der Frieden von Bautzen sorgte hier zumindest zeitweise für stabile Verhältnisse. Bis 1031 verblieb die Lausitz unter der Herrschaft des polnischen Herzogs (später Königs) Bolesław I. bzw. seines Sohnes Mieszko II.[8] In der polnischen Erinnerungskultur standen Chrobry und Budziszyn deshalb lange Zeit als Chiffren für die einstige Größe und Bedeutung Polens im europäischen Mächtekonzert – insbesondere mit Blick auf den Nachbarn und Rivalen Deutschland. In seinem Appell vom März 1945 bediente sich Jan Rewera dieses polnischen Erinnerungsortes und verknüpfte ihn mit der Idee der panslawischen Verbundenheit von Polen und Sorben.[9] Wie einst Chrobrys Ritter sollten nun die Soldaten der 2. Polnischen Armee in die Lausitz ziehen, um das Land und mit ihm das sorbische Brudervolk dem Maul des deutschen Drachen zu entreißen:

„Wir müssen nach Bautzen zurückkehren und Chrobry dort ein Denkmal setzen und eine Chrobry-Front eröffnen mit Kanonenläufen, die nach Dresden und Berlin gerichtet sind.“

Genau einen Monat nach Reweras Aufruf rückten polnische und sowjetische Truppen auf Bautzen vor, wo sie sich heftige und verlustreiche Kämpfe mit der Wehrmacht lieferten. Die „Lausitzer Operation“ der Alliierten kostete noch in den letzten Kriegstagen mehrere tausend Menschenleben.“

 

>>Spiegel<<

“ Die Befreier von 1945 wußten es. Sowjet-Marschall Iwan Stepanowitsch Konjew gab nach der Einnahme von Görlitz, Bunzlau und Bautzen seinen Armeen per Tagesbefehl strikte Anweisung, „ein gutes, brüderliches Verhältnis“ zu den Lausitzer Sorben zu schaffen. Denn, so Konjew 20 Jahre später: „Das kleine Volk, das auf dem Territorium Deutschlands lebt und im Faschismus soviel erdulden mußte, verdiente es, unterstützt zu werden.“ Zu jener Zeit war es gut, wenn man eine blau-rot-weiße Binde mit den sorbischen Nationalfarben am Arm trug oder in kyrillischen Buchstaben ans Scheunentor schreiben konnte: „Freundschaft. Hier wohnt eine slawische Familie.“ Noch bevor es den besiegten Deutschen erlaubt war, wieder Organisationen zu gründen, erhielten die Sorben am 17. Mai 1945 — neun Tage nach der Kapitulation — die vorläufige Genehmigung der sowjetischen Militäradministration, ihren Heimatbund Domowina neu zu beleben — „zur Erhaltung und Förderung des sorbischen Volkstums und seiner Kultur auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens“. Getreu der Nationalitätenpolitik Stalins, der den Völkern der Sowjet-Union nicht politische, wohl aber eine gewisse kulturelle Autonomie zubilligte, beeilten sich die aus der Ost-Emigration heimgekehrten deutschen Kommunisten, die vom „großen slawischen Brudervolk“ (Sorben-Funktionär Hans Nowusch) Befreiten ihrerseits zu umwerben. … Die nationalbewußteren Landsleute unter den Sorben indes tendierten in den ersten Nachkriegsjahren eher zum Anschluß an die Tschechoslowakei. Vertreter des in Prag wiedergegründeten „Sorbischen Nationalausschusses“ (Narodny Wuberk) plädierten auf der Londoner Außenminister-Konferenz 1947 leidenschaftlich, wenn auch vergeblich, für eine weitgehende Autonomie im tschechischen Staatsverband.“