Sorbische Sprachverbote vor Gericht? – Kulturelle Hegemonie: „Schließlich würden Steuermitteln auch anteilig von Sorben und Wenden erwirtschaftet“

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Sorbische Sprachverbote vor Lausitzer Amtsgerichten? Es ist schockierend, aber ist es wirklich wahr: Gibt es in der Lausitz etwa Amtsgerichte, in denen man Sorbisch nicht mehr als Gerichtssprache verwenden darf? Manchmal wird über die Sorben als “verhätschelte Minderheit” gesprochen, welche angeblich ohnehin viel zu viele Rechte haben. Nur welche Rechte sollen es eigentlich sein. Eine Ausarbeitung des Deutschen Bundestag hat es – eher unfreiwillig – mal zusammengetragen.

Sorbische Sprachverbote vor Lausitzer Amtsgerichten?

>>Deutscher Bundestag (PDF-Datei) <<

“Auf der Ebene des einfachen Bundesrechts sichert der Einigungsvertrag den Schutz und die Förderung der sorbischen Minderheiten. Insbesondere ist die Bundesrepublik Deutschland ausweislich der Protokollnotiz Nr. 14 zu Art. 35 des Einigungsvertrags verpflichtet, die Bewahrung und Fortentwicklung der sorbischen Kultur und der sorbischen Traditionen zu gewährleisten. Jenseits einer Pflicht zur finanziellen und institutionellen Förderung dürfte sich daraus jedoch kein Rechtsanspruch auf die Schaffung einer bestimmten Organisationsstruktur in Gestalt einer demokratisch verfassten, öffentlich-rechtlichen Körperschaft ableiten lassen. Hinsichtlich der Frage, wie die sorbische Kultur und Tradition konkret zu bewahren und zu fördern ist, wird man der Bundesrepublik Deutschland einen Gestaltungsspielraum zugestehen müssen. Weitere Regelungen betreffend des Schutzes der Sorben und Wenden finden sich auf Bundesebene lediglich im Bundeswahlrecht, wo die 5%-Sperrklausel für Parteien nationaler Minderheiten gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 BWahlG nicht gilt, sowie in § 184 S. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes, der den Sorben das Recht gewährt, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen.”

“Gestaltungsspielraum” – Kulturelle Hegemonie: “Wie die sorbische Kultur und Tradition konkret zu bewahren und zu fördern ist”

Die Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes ist noch weitaus länger. Zwar kommt das Wort “Rechtsanspruch” darin häufig vor, aber es bezieht sich meist nur allgemein gehaltene Phrasen, welche praktisch keine nennenswerte Substanz haben. Da das Siedlungsgebiet der Lausitzer Sorben auf mehrere Landkreise – respektive Wahlkreise – und zwei Bundesländer verteilt ist, kann die 5%-Sperrklausel für Parteien in der Praxis als Nichtig angesehen werden.

Wird die Sorbischen Sprache vor Gericht überhaupt verwendet?

Auch die Verwendung der Sorbischen Sprache vor Gericht kann im eigentlichen Sinne als kein echter Rechtsanspruch angesehen werden. Sollte – im hypothetischen Fall – eine Vietnamesin – ohne Deutschkenntnisse – vor Gericht eine Aussage machen, dann müsste sie vorher kein Deutsch lernen, sondern sie würde einen Dolmetscher erhalten. Und genauso laufen theoretisch Verfahren im Sorbischen Siedlungsgebiet ab. Da die Richter und Staatsanwälte kein oder kaum Sorbisch können, werden Dolmetscher zuhilfe genommen. Nur welcher – echter – Rechtsanspruch soll damit erfüllt sein? Ein Rechtsanspruch auf ein Verfahren in Sorbischer Sprache existiert nicht und ist auch nicht vorgesehen. Eine Einstellung von Sorbischen Juristen im großen Stil ist ebenfalls nicht zu erwarten. Theoretisch hat sich also wenig seit dem 13. Jahrhundert geändert.

“Erste Sprachverbote sind aus dem 13. Jh. bekannt, so z. B. im „Sachsenspiegel“, einem Rechtsbuch von 1224/25”

>>Sorabicon<<

“Erste Sprachverbote sind aus dem 13. Jh. bekannt, so z. B. im „Sachsenspiegel“, einem Rechtsbuch von 1224/25. Darin heißt es, dass kein Sachse eines Wenden Urteil dulden möge und dass Wenden, die vor Gericht schon einmal deutsch gesprochen haben, das Wendische nicht mehr benutzen dürfen. (Damit war die Gewohnheit gemeint, mit der einheimischen sorbischen Bevölkerung vor Gericht in deren Muttersprache zu verhandeln.) 1293 wurde die Anwendung des Sorbischen vor Gericht östlich der unteren Saale um Bernburg verboten. Ähnliche Weisungen wurden um 1327 in Altenburg, Zwickau und Leipzig sowie 1424 in Meißen erlassen.”

“Wenden, die vor Gericht schon einmal deutsch gesprochen haben, das Wendische nicht mehr benutzen dürfen”

Mit der Einführung von Sorbischen Sprachverboten vor Gericht wurde das Sorbische immer weiter zurückgedrängt. Meist wurden diese Sprachverbote im Zuge der Kolonialisierung erlassen.

Kulturelle Hegemonie: “Zurückdrängung der sorbischen Sprache”

>> WITAJ-Sprachzentrum (PDF-Datei) <<

“Zwischen dem 11.-13. Jh. vollzog sich der innere Landesausbau und es setzte ein Einwanderungszustrom bestehend aus fränkischen, thüringischen und sächsischen Bauern in die Gebiete der Sorben ein. In dieser Zeit waren auch die ersten Anzeichen einer Zurückdrängung der sorbischen Sprache erkennbar. 1206 wurde Dresden erstmalig urkundlich erwähnt. Den heutigen Namen verdankt die Stadt dem linkselbischen Dorf der Sorben, welches „Drezdany“ genannt wurde, das übersetzt „Sumpfwaldleute“ bedeutet. Ab 1293 gab es die ersten sorbischen Sprachverbote in Bernburg, Zwickau und Leipzig, aber die Sprache entwickelte sich dennoch weiter.”

“Dorf der Sorben, welches „Drezdany“ genannt wurde, das übersetzt „Sumpfwaldleute“ bedeutet”

Heutzutage ist innerhalb von “Drezdany” fast jeder Hinweis auf die einstige Sorbische Geschichte getilgt. Diese Entscheidung war sicherlich Teil einer Reihe von Eindeutschungspolitik, die die Sorbische Sprache immer weiter zurückdrängen sollte. Die kulturelle Hegemonie spiegelt sich auch am Begriff “Sachsenspiegel” wider. Der sogenannte “Sachsenspiegel” als rechts-historische Abhandlung wird teilweise heute noch heute unter Juristen verklärt dargestellt. Die grausamen Körperstrafen, das Lehenswesen und die Frondienste werden nicht selten einfach ausgeklammert. Gleichzeitig strahlt der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk ebenfalls einen “Sachsenspiegel” – wo ebenfalls von oben herab belehrt wird. Die Kulturelle Hegemonie lebt also weiter fort und es eng mit finanziellen Fragen verbunden.

“Mussten nun Frondienste ableisten oder Naturalleistungen erbringen”

>>Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (PDF-Datei) <<

“Das Land Bautzen und die Mark Lausitz, die als Lehen des deutschen Königs vom Geschlecht der Wettiner verwaltet wurden. Diese beiden Lehen waren von nun an nicht länger zu Tributzahlungen ganzer Burgbezirke verpflichtet, sondern die einzelnen Bewohner – die ebenso wie der Boden und ganze Dörfer in den Besitz von Klöstern, Rittern, Markgrafen und Bischöfen übergingen – mussten nun Frondienste ableisten oder Naturalleistungen erbringen, was gleichzeitig die soziale Differenzierung der Sorben begünstigte. Zeitgleich setzte ein Zuzug von bäuerlichen Siedlern aus den Gebieten Flandern, Thüringen, Sachsen und Franken in das Territorium östlich von Elbe und Saale ein. Aus diesem Kulturkontakt folgten beispielsweise generelle Sprachverbote und eine alternierende Rechtsprechung für die sorbischen Bewohner: So hielt der Sachsenspiegel (ein Rechtsbuch aus dem dreizehnten Jahrhundert) fest, dass jeder Sorbe, der einmal in deutscher Sprache vor Gericht ausgesagt habe, dies auch in zukünftigen Prozessen tun müsse.”

“Generelle Sprachverbote und eine alternierende Rechtsprechung für die sorbischen Bewohner”

Würde man genau dieses Sprachverbot heutzutage wieder erneut einführen, es würde in der jetzigen Praxis vor Gericht kaum einen Unterschied machen. Die Sorbischen Bevölkerungsgruppen sind seit jeher ein integraler Bestandteil der lokalen Kultur und des sozialen Gefüges in Lausitz. Dies führt zu einer Vielzahl von Problemen, unter anderem zu einem erheblichen Vertrauensverlust in das Rechtssystem. Die praktische Verunmöglichung der Verwendung der Sorbischen Sprache vor Gericht ist eine weitere Bedrohung für die Erhaltung des Sorbischen Erbes und stellt ein ernstes Problem dar. Bei Rufen nach mehr Selbstbestimmung wird indes gern auf fehlende Rechte – die es ohnehin nie gab – oder die stets leeren Kassen verwiesen.

„Schließlich würden Steuermitteln auch anteilig von Sorben und Wenden erwirtschaftet“

>>Märkische Oderzeitung<<

„Schließlich würden Steuermitteln auch anteilig von Sorben und Wenden erwirtschaftet, erklärte die Initiative am Mittwoch. „Dass man Sorben ein Demokratie- und Selbstbestimmungsrecht verwehrt, ist ein Verstoß gegen das Grundgesetz“, sagte Sejm-Sprecher … der Deutschen Presse-Agentur. … . Konkret geht es dem „Sorbischen Parlament“ um einen Betrag von bis zu 350 000 Euro. … Die Sorben-Stiftung hatte den zuvor an sie gerichteten Antrag abgelehnt, weil der „Fördergegenstand“ nicht den „im Staatsvertrag über die Errichtung der Stiftung für das sorbische Volk beschriebenen Stiftungszweck“ erfüllt. In dem neuerlichen Antrag berufen sich die Vertreter des „Serbski Sejm“ auf verfassungs- und völkerrechtlich festgeschriebene Standards. Dem Antrag komme damit auch prinzipielle Bedeutung für die Klärung der Frage zu, „inwieweit ratifizierte rechtliche Normen von der Politik in Deutschland auch praktisch als verbindlich erachtet werden“. Die Initiatoren der angestrebten Parlamentswahl streben eine Autonomie der etwa 40 000 Sorben und 20 000 Wenden in der Bildung und Kultur an.“

“Sorben ein Demokratie- und Selbstbestimmungsrecht verwehrt” 

Die Regierung muss dringend Maßnahmen ergreifen, um die Rechte der Sorbischen Bevölkerungsgruppen zu schützen. Nur so kann garantiert werden, dass alle Menschen gleich behandelt werden und sichergestellt wird, dass die Sorben auch weiterhin lebendig bleiben und ihre Kultur pflegen können. Statt irgendwelche Fördertöpfe aufzumachen, könnten die Lausitzer Sorben über ihre eignen Steuermittel einfach selbst verfügen, dann würden sich die Zustände bei Gericht sehr schnell verbessern.