“Soziokulturelle Existenzminimum entweder direkt mit der Steuerschuld verrechnet wird oder, wenn das Einkommen nicht reicht, ausgezahlt wird”

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Das “soziokulturellen Existenzminimum” wird in der Regel mit Hartz IV oder Armut in Verbindung gebracht. Doch eigentlich sollten gerade Steuerpflichtige bei diesem Themenkomplex genau hinhören. Denn auch das gewöhnliche Gehalt ist steuerfrei gestellt und es ist längst noch nicht alles.

“Existenzminimum bleibt steuerfrei – Es bleibt wie in der Vergangenheit steuerfrei”

>>Bundesregierung<<

“Existenzminimum bleibt steuerfrei – Es bleibt wie in der Vergangenheit steuerfrei. Der Begriff Existenzminimum bezeichnet die finanziellen Mittel, die zur Deckung der materiellen Bedürfnisse erforderlich sind, um ein Überleben zu gewährleisten.”

“Existenzminimum” – “Deckung der materiellen Bedürfnisse erforderlich sind, um ein Überleben zu gewährleisten”

Diese Worte der Bundesregierung sollte man im Hinterkopf behalten. Wenngleich es sich hauptsächlich um das “soziokulturellen Existenzminimum” – als Schlüsselbegriff – dreht.

“Soziokulturelle Existenzminimum” – “Was Armut überhaupt sein soll und wo sie beginnt” 

>>Kampf um die Armut von Ulrich Schneider (Buch) <<

“Die Sozialrechtler prägten in dieser Auseinandersetzung rund um die Frage, was Armut überhaupt sein soll und wo sie beginnt, den sperrigen Ausdruck vom »soziokulturellen Existenzminimum«. Er sollte zu einem Schlüsselbegriff werden in diesem Kampf um die Deutungshoheit über die Armut und besagt: Zum Existenzminimum gehöre mit Blick auf das Gebot der Menschenwürde nicht nur das, was man zum Überleben zwingend brauche, also Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf oder Energie. Das soziokulturelle Existenzminimum umfasse auch das, was notwendig sei, um bei sparsamer Haushaltsführung am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Als Anfang der 1960er Jahre die Sozialhilfe eingeführt wurde, sollte damit genau das sichergestellt werden: ein Leben, das der Würde des Menschen entspricht, wie es im Gesetz heißt.”

“Soziokulturelle Existenzminimum” – “Um bei sparsamer Haushaltsführung am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben” 

Tatsächlich wurde das “soziokulturellen Existenzminimum” direkt aus dem Grundgesetz hergeleitet. Die entsprechenden Artikel im Grundgesetz sind durch die “Ewigkeitsklauselgeschützt. Aus genau diesem Grund wird das Kindergeld ausgezahlt und es handelt sich mitnichten um eine Wohltat des Staates.

“In Deutschland ist das Existenzminimum von Kindern, ebenso wie das von Erwachsenen, steuerfrei”

>>Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen von Torsten Ermel (Buch) <<

“In Deutschland ist das Existenzminimum von Kindern, ebenso wie das von Erwachsenen, steuerfrei. … Das Kindergeld ist rein rechtlich gesehen eine Steuervergütung. Seine Aufgabe ist es, das Existenzminimum des Kindes steuerfrei zu stellen. … Das heißt, dass es ein eigentliches »Kindergeld« in Deutschland nicht gibt. Die Bezeichnung ist irreführend. Es handelt sich ganz überwiegend nur um eine Erstattung von zu viel gezahlten Steuern.”

“Das Kindergeld ist rein rechtlich gesehen eine Steuervergütung”

Auch das Existenzminimum von Kindern ist steuerfrei gestellt. Natürlich bringen die allerwenigsten Kinder eine Gehaltsabrechnung nach Hause oder sind bereits als Inhaber eines Unternehmens geworden. Trotzdem müssen Kinder von irgendwas leben und auf genau diese Dinge – Lebensmittel, Energie, Kleidung, etc – werden Steuern fällig. Und genau an dieser Stelle fangen die Probleme an.

“Eine Kindergrundsicherung – die es noch nicht gibt, die aber dringend nötig wäre”

>>Von hier an anders von Robert Habeck (Buch) <<

“Eine Kindergrundsicherung – die es noch nicht gibt, die aber dringend nötig wäre –, Grundsicherung, Wohngeld, BAföG – das alles könnte als Leistung in der Steuer verankert und verrechnet werden, sodass die Angst, nicht nur grundlos arbeitslos zu werden, sondern auch noch grundlos ins soziale Abseits zu fallen, zumindest gelindert würde. Dies wären erste Elemente auf dem Weg zu einer negativen Einkommenssteuer. Diese würde am Ende so funktionieren, dass das soziokulturelle Existenzminimum entweder direkt mit der Steuerschuld verrechnet wird oder, wenn das Einkommen nicht reicht, ausgezahlt wird. Perspektivisch fiele in einem solchen Modell der demütigende Gang zum Sozialamt weg.”

“Soziokulturelle Existenzminimum entweder direkt mit der Steuerschuld verrechnet wird oder, wenn das Einkommen nicht reicht, ausgezahlt wird”

Zwar ist das “soziokulturellen Existenzminimum” im Grundgesetz verankert, aber es kommt in der Lebenswirklichkeit vieler Menschen nicht wirklich an. Der Andrang bei Lebensmitteltafeln dürfte hierbei selbsterklärend sein.

“Transferleistungen des ALG II reichen vielfach nicht aus, um das Existenzminimum zu gewährleisten”

>>Staat im Ausverkauf von Tim Engartner (Buch) <<

“Dabei sind die im Rahmen der »Agenda 2010« entwickelten und bis heute von vielen Marktgläubigen gepriesenen Hartz-Reformen ein Tiefpunkt der deutschen Sozialgeschichte. … Die Transferleistungen des ALG II reichen vielfach nicht aus, um das Existenzminimum zu gewährleisten, geschweige denn das »soziokulturelle Existenzminimum«, sodass sich die Zahl der Lebensmitteltafeln seit der Einführung von Hartz IV mehr als verdoppelt hat.”

“Zahl der Lebensmitteltafeln seit der Einführung von Hartz IV mehr als verdoppelt hat”

Auch bei Geringverdienern sieht meist die finanzielle Situation kaum besser aus. Faktisch wird das “soziokulturellen Existenzminimum” nur bei Hartz IV und bei der Einkommenssteuer – mehr schlecht als recht – beachtet. Aber wie schaut es eigentlich mit den vielen Sozialabgaben aus?

“Sozialabgaben sind keine Steuern und weder Staat noch Sozialversicherung wirtschaften in die eigene Tasche”

>>AOK<<

“Jedes Jahr im Sommer tritt der Bund der Steuerzahler auf den Plan und verkündet: Ab heute arbeiten die Bürger endlich für ihr eigenes Portemonnaie! Das ist irreführend. Sozialabgaben sind keine Steuern und weder Staat noch Sozialversicherung wirtschaften in die eigene Tasche. … Abgeführt, weg, auf Nimmerwiedersehen. So rechnet es der Bund der Steuerzahler wie in jedem Jahr vor. Und wie in jedem Jahr ist die Rechnung falsch.”

“Abgeführt, weg, auf Nimmerwiedersehen. So rechnet es der Bund der Steuerzahler wie in jedem Jahr vor”

Sozialabgaben sind keine Steuern” und demzufolge werden sie bei der Steuerlast einfach ausgeblendet. Diese werden faktisch wie freiwillig abgeschlossene Versicherungen behandelt. Nur sind diese “Unkündbar” und für viele Menschen mag dieser semantische Unterschied wie blanker Hohn klingen. Ob Steuer oder Sozialversicherung: Das Geld ist fort. Auf selbiges trifft die Rundfunkgebühr zu: Diese wird offiziell nicht als “Steuer” – sondern als Gebühr angesehen. – Frei nach dem Motto: Selbst schuld, wenn man teure zahlungspflichtige Medienangebote abonniert. Auch die Steuern auf Energie, Lebensmittel und Kleidung werden nicht wirklich berücksichtigt, obwohl diese Dinge für das Existenzminimum unerlässlich sind: Am anschaulichsten lässt es sich bei der völlig unzureichenden Strompauschale bei Hartz IV nachvollziehen.