Angriff auf Verschlüsselung und VPN-Netzwerke: Sicherheit in rechtlich unsicheren Zeiten

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Festplatten und Kommunikation strikt zu verschlüsseln. Beim Besuch von Webseiten immer auf VPN-Netzwerke zurück zu greifen. Gerade die „Nichts-zu-verbergen-Fraktion“ achtet peinlich genau darauf, dass ihre Daten nicht in falsche Hände geraten. Eine Ministerin löscht schon mal alle Daten auf ihren Diensthandy, um offensichtlich unschönen Fragen aus dem Weg zu gehen.

Die „Nichts-zu-verbergen-Fraktion“ achtet peinlich genau auf Datenschutz

Diejenigen die in der Regel lautstark nach Daten der Bürger rufen, sind auch recht schnell mit einer Unterlassungsklage zur Stelle: Sobald pikante Details ihres Privatlebens an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Dabei wird schon heute Recht und Gesetz vielfach auf den Kopf gestellt. Viele elementare Grundrechte sind häufig kaum das Papier wert, auf dem sie stehen. Selbst einfache technische Grundlagen dringen nicht zu der Justiz durch: Sofern es ihr nicht in den Kram passt. So kommen auch manche bizarre Rechtsverstöße zustande.

„Rentnerin ohne Computer muss wegen Raubkopie zahlen“

>>Spiegel<<

„Rentnerin ohne Computer muss wegen Raubkopie zahlen – Obwohl eine Rentnerin nach eigenen Angaben weder Computer noch Router besitzt, muss sie einer Anwaltskanzlei 650 Euro zahlen – wegen vermeintlicher Verbreitung eines raubkopierten Hooligan-Films.“

Verurteilung auf Basis einer IP-Adresse

Ohne Computer und Internet soll eine Rentnerin das technische Kunststück vollbracht haben Raubkopien zu verbreiten? Zu allen Überfluss sogar noch einem Hooligan-Film? Es wäre da aber noch eine naheliegendere Erklärung vorhanden: Auch wenn die nicht so Spektakulär ausfällt.

„Wie lange bleiben IP-Adressen gleich“ – 5,42 Tage

>>BITblokes.de<<

„Wie lange bleiben IP-Adressen gleich – Deutschland ist mit 5,42 Tagen noch relativ gut. Weniger lange bleiben die IP-Adressen nur in Kanada (5,04), China (4,52) und Russland (3,95) gleich.“

Technisch kann eine IP-Adresse kein Beweis sein

Die nachträgliche Identifizierung von Computern wird normalerweise über die vergebene IP-Adresse ermittelt. Problem: Die IP-Adressen werden auch schon mal neu vergeben: Dieses technische Basiswissen ist bisher nur teilweise bei der Justiz angekommen. Eigentlich kann die IP-Adresse bestenfalls als Indiz, aber niemals als unumstößlicher Beweis gelten.

Fragwürdige Rechtspraxis: Im Schnellverfahren werden Urteile gesprochen

Doch die gelebte juristische Realität sieht vor Gericht ganz anders aus: Im Schnellverfahren werden Urteile gesprochen und einschlägig-bekannte Kanzleien schicken massenweise Abmahnungen an Bürgern hin: Alles nur auf Basis der IP-Adresse. Ganz nebenbei wird auch noch die Unschuldsvermutungals Rechtsgrundsatz – auf den Kopf gestellt: Der betroffene Bürger muss dann seine Unschuld beweisen. Selbst wenn das Verfahren am Ende eingestellt wird: Danach ist er in der Regel jede Menge an Geld los. So ist es auch wenig verwunderlich: Warum viele die Strafen bezahlen, obwohl sie niemals etwas Ungesetzliches getan haben.

Recht und Gesetz werden einfach auf den Kopf gestellt

Flächendeckend wird also schon heute Recht und Gesetz einfach auf den Kopf gestellt und sogar die elementarsten Grundrechte vorenthalten: Aber selbst das ist nicht genug.

„Den Trend der unregulierten Verschlüsselungspraxis brechen“

>>Netzpolitik<<

„Kerchove will „den Trend der unregulierten Verschlüsselungspraxis brechen“. Er bezeichnet „ungehinderte Verschlüsselung“ in Anwendungen und Standards als „massive Herausforderung“ … Als Vorbilder nennt er Gesetze anderer Staaten, wie den Assistance and Access Act in Australien, den Investigatory Powers Act in Großbritannien und den EARN IT Act in den USA.“

Nichts darf mehr Privat bleiben

Was er genau mit „vorbildlichen Gesetzen“ meint: Das verrät der EU-Beamte dann lieber doch nicht. Sicherlich nicht Grundlos: In Großbritannien sind Haftstrafen fällig, bei der Weigerung sichere Passwörter herauszugeben. Damit ein Beamte die Passwörter verlangen darf, braucht es keinen richterlichen Beschluss: Einen Polizisten schief bei der Einreise anzusehen, das reicht als „Grund“ vollkommen aus.

Wenn vom hochgelobten „Rechtsstaat“ nur eine leere Hülle übrig bleibt

Also das Recht auf Aussageverweigerung, die Vertraulichkeit von Daten und viele andere Rechtsgrundsätze müssen – nach der Behördenlogik – einfach verschwinden. Am Ende dürfte vom hochgelobten „Rechtsstaat“ nur eine leere Hülle übrig bleiben. Vereinfacht: Viele nette Gesetze und Rechte, die in der Rechtspraxis aber vollkommen Bedeutungslos seien. Der EU-Beamte macht auch mal gleich deutlich, wohin die Reise gehen soll und was er vom Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme hält: „Eine Gesetzgebung ist notwendig, um das Problem der Verschlüsselung anzugehen.“ – Ein Grundrecht ist also ein „Problem“ was endlich beseitigt werden muss oder respektive „anzugehen“ wäre.

Behördenverständnis: „Problem der Verschlüsselung“ – Wenn Grundrechte zum „Problem“ werden

Alleine die Denkweise so mancher „Behördenvertreter“ steht für sich selbst. In so einer Situation wäre es Ratsam: Alle zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten zu nutzen: Also Festplatten und Kommunikation zu verschlüsseln, sowie beim Besuch von Webseiten strikt auf VPN-Netzwerke zurück zu greifen. So kann auch manche ungerechtfertigte Abmahnung ins Leere laufen, da man immer über VPN-Netzwerke unterwegs war: Deshalb musste die Rentnerin mit den angeblich raubkopierten Hooligan-Film auch nichts zahlen, weil sie ihre vermeintliche „Tat“ glaubhaft abstreiten konnte.