“Sechs Generationen” – “Damit aus einer Familie mit niedrigem Einkommen eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen wird”

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Ist das Aufstiegsversprechen eine urbane Legende? Die Realität zeigt immer deutlicher, dass Niedriglöhne und prekäre Arbeitsverhältnisse zur Norm geworden sind. Insbesondere im sogenannten wissenschaftlichen Prekariat sieht man ein Versagen des Aufstiegsversprechens.

“Aufstiegsversprechen” – “Hohl und unglaubwürdig geworden”

>>Reichtum ohne Gier von Sahra Wagenknecht (Buch) <<

“Das Aufstiegsversprechen, dem der Kapitalismus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen wesentlichen Teil seiner Popularität verdankt, ist hohl und unglaubwürdig geworden: Weit mehr als Talent und eigene Anstrengung entscheidet inzwischen wieder die Herkunft darüber, ob der Einzelne einen der begehrten Logenplätze an der Spitze der gesellschaftlichen Einkommens- und Vermögenspyramide einnehmen kann. Sicher, es gibt sie noch, die Arbeitsplätze mit gutem Einkommen, die den klassischen Lebensstandard der Mittelschicht ermöglichen. Aber meist sind sie teuer erkauft: mit extremem Leistungsdruck und ständiger Verfügbarkeit, mit einem Leben für die Arbeit, in dem für Familie, Freunde und Freizeit kaum Raum bleibt. Und selbst für Facharbeiter und Akademiker sind auskömmliche Einkommen keine Selbstverständlichkeit mehr. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium schützt nicht vor Niedriglöhnen oder der ständigen Lebensunsicherheit befristeter Jobs und prekärer Selbstständigkeit.”

“Ein abgeschlossenes Hochschulstudium schützt nicht vor Niedriglöhnen”

Der Glaube an den sozialen Aufstieg verblasste in den letzten Jahren zusehends. Für die meisten Angehörigen der Arbeiterklasse scheint ein Aufstieg in die Wohlstandszonen kaum noch erreichbar zu sein. Es bedarf enormer Anstrengungen und oft auch einer ordentlichen Portion Glück, um aus dem Kreislauf begrenzter Möglichkeiten auszubrechen.

“Das deutsche Aufstiegsversprechen verblasst”

>>Working Class von Julia Friedrichs (Buch) <<

“Gerade hat Timm Bönke gemeinsam mit Kollegen Chettys Studie mit deutschen Daten wiederholt, wobei sich herausstellte, dass auch das deutsche Aufstiegsversprechen verblasst. … Der Historiker Lutz Raphael, der in Jenseits von Kohle und Stahl Lebensläufe der letzten drei Dekaden analysiert hat, formuliert es so: »Insgesamt wurden Berufskarrieren und Arbeitsbiografien vor allem für Jüngere unübersichtlicher und risikoreicher als noch für ihre Eltern. Gleichzeitig erwies sich der Aufstieg in die Wohlstands- und Gewinnzonen der oberen Gesellschaftsetagen für die meisten Angehörigen der classes populaires oder working classes als immer schwerer erreichbar.«

“Insgesamt wurden Berufskarrieren und Arbeitsbiografien vor allem für Jüngere unübersichtlicher und risikoreicher”

Studien belegen sogar, dass sechs Generationen nötig sind, damit eine Familie mit geringem Einkommen zur Mittelschicht aufsteigt. Dies verdeutlicht nicht nur das Ausmaß der Ungleichheit unserer Gesellschaft, sondern wirft auch Fragen nach Chancengerechtigkeit und sozialer Mobilität auf.

“Sechs Generationen” – “Damit aus einer Familie mit niedrigem Einkommen eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen wird”

>>Realitätsschock von Sascha Lobo (Buch) <<

“Damit aus einer Familie mit niedrigem Einkommen eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen wird, sind in Spanien, Belgien und den Niederlanden im Schnitt vier Generationen notwendig. In Österreich, Italien, Portugal und Irland sind es fünf und in Deutschland und Frankreich sogar sechs Generationen. Das sind nach üblichen demografischen Kriterien einhundertfünfzig Jahre. … Das Aufstiegsversprechen, eine der zentralen Verheißungen der sozialen Marktwirtschaft, kann in halb Europa nicht oder nicht mehr eingelöst werden.”

“Aufstiegsversprechen” – “Verheißungen der sozialen Marktwirtschaft, kann in halb Europa nicht oder nicht mehr eingelöst werden”

Zwar wird es immer dringender, mit dieser Problematik sich auseinanderzusetzen und Lösungsansätze zu entwickeln, doch stattdessen wird die Legende um das Aufstiegsversprechen einfach weitergesponnen. Die zunehmende Unsicherheit bezüglich des typischen Lebensstandards der Mittelschicht wird ebenfalls einfach ausgeblendet. Es ist an der Zeit, die urbane Legende des Aufstiegsversprechens kritisch zu hinterfragen und nachhaltige Lösungswege für eine gerechtere Gesellschaft anzustreben.