„Sklaverei macht frei“ – Wie Alpha-Journalist über die „Plebs“ denken

Screenshot vimeo.com Screenshot vimeo.com

Die Plebejer proben den Aufstand“ – Danach hatte einst der berühmte Autor Günter Grass sein Drama benannt. Es griff dabei die Vorfälle am 17. Juni 1953 in der DDR auf.

Günter Grass: „ Die Plebejer proben den Aufstand“ 

Nach Selbstverständnis der DDR hätte es diesem Aufstand überhaupt nicht geben dürfen, denn der „Arbeiter und Bauernstaat“ wurde ja formal in ihren Namen geführt. So geht es beim Drama von Günter Grass auch vorwiegend um das Verhältnis zwischen Macht und Geist. Also ein Ständekampf, der problemlos mindestens 2.500 Jahre zurückreicht.

Warum sich antike Berichte wie neuzeitliche Nachrichten lesen

>>SPQR: Die tausendjährige Geschichte Roms von Mary Beard (Buch) <<

Die Ständekämpfe – „Nach der gängigen Darstellung dieses Konflikts begannen die Plebejer bereits zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr., also nur wenige Jahre nach Schaffung der Republik, sich gegen ihren Ausschluss von der Macht und ihre Ausnutzung durch die Patrizier zu wehren. Immer wieder fragten sie, warum sie in Roms Kriegen kämpfen sollten, wenn doch sämtliche Profite ihres Kriegsdienstes in die Taschen der Patrizier flossen? Wie sollten sie sich als vollwertige Bürger verstehen, solange sie nach Belieben willkürlichen Strafen und sogar der Versklavung ausgesetzt waren, wenn sie in Schulden gerieten? Welches Recht hatten die Patrizier, die Plebejer in einem niederen Stand zu halten?“

„Gegen ihren Ausschluss von der Macht“ – Die Machtlosigkeit des Plebs

Diese antiken Berichte kommen einem teilweise wie aktuellen Nachrichten vor. Die Bundeswehr rekrutiert sich ebenso hauptsächlich aus der Unterschicht oder wahlweise Plebejer heraus. Auch heute kann man durch Hartz IV, prekäre Arbeitsverhältnisse oder Studienkredite leicht in eine moderne Form der „Schuldknechtschaft“ geraten.

Prekäre Arbeitsverhältnisse – Studienkredite – Hartz IV: Moderne Form der Schuldknechtschaft 

Die zu erzielenden Einkommen fallen gering aus, während immer neue Steuern und horrende Strafzahlungen fällig werden. Viele erlassenen Gesetze sind dabei zum Nachteil einer Bevölkerungsgruppe ausgerichtet und auch damals im Römischen Reich war es kaum anders.

„Plebejer hatten im Römischen Reich nur wenige Rechte“ 

>>Finanzkapitalismus. Kapital und Christentum von Eugen Drewermann (Buch) <<

„ Doch selbst das sogenannte 12 Tafel-Gesetz von 450 v. Chr. bekräftigte die Schuldknechtschaft, »sodass auch künftig ein Schuldner mit seinem Körper haften musste (›nexum‹) und sich bei Zahlungsunfähigkeit dem Gläubiger als ›mancipium‹, als Besitz zur Verfügung stellen musste.« Erst im 4. Jh. erlangten die Plebejer gewisse Konzessionen.“

Antike: „Schuldner mit seinem Körper haften musste“ 

Die Plebejer hatten im Römischen Reich nur wenige Rechte und viele vermeintlich verbriefte Freiheitsrechte waren in der Praxis lediglich auf dem Papier zu finden. Die Armut war weit verbreitet und die Wege in die Schuldknechtschaft oder Sklaverei sind fließend verlaufen. Die Plebejer – oder manchmal nur „Plebs“ genannt – hatten nicht viel Mitspracherechte und wurden auch aus Perspektive der Oberschicht entsprechend behandelt. Doch in der heutigen Zeit und lange nach der Renaissance sollte sich die Welt grundlegend gewandelt haben. – Oder etwa doch nicht?

„Sklaverei macht frei“   

>>Hundert Zeilen Hass von Maxim Biller (Buch) <<

„Sklaverei macht frei – Heute, im Zeichen der beschlossenen 35-Stunden-Ferienwoche und vor allem der epochalen, stündlich 6,3 Minuten dauernden Postler-Pinkelpause, haben Plebejer unendlich viel Zeit. In der Regel tragen sie deshalb kanariengelbe Jogginganzüge oder helle Bundfaltenhosen, 82er-Panto-Sonnenbrillen, Slipper und zwei brasilianische Wunschbänder an jedem Handgelenk. Sie sind immer ausgeruht und freizeitbereit. Sie haben eine impertinent libidinöse Ausstrahlung.“

„Haben Plebejer unendlich viel Zeit“ – „Sie sind immer ausgeruht und freizeitbereit“ 

Man reibt sich bei solchen Zeilen verwundert die Augen, aber der Autor will angeblich aus eignem Erleben berichtet haben. Zudem ist der Autor Maxim Biller kein Unbekannter, er gehört wohl vermutlich der Riege vermeintlicher „Alpha-Journalisten“ an. Die Bezeichnung „Alpha-Journalist“ ist keine Beleidigung oder Ironie, sondern diese Gruppe – es gibt sogar ein Buch darüber – hat sich selbst die Eigenbezeichnung gegeben. Vermutlich um sich vom „Pleps“ abzugrenzen.