Nigeria: Fünffacher Mutter droht Haft wegen WhatsApp-Nachricht

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Ihre Familie musste wegen akuter Gefährdung fliehen

Am 27. November findet in Nigeria der Prozess gegen Rhoda Jatau statt, die wegen einer WhatsApp Nachricht bereits seit 1,5 Jahren in Untersuchungshaft sitzt. Im Fall einer Verurteilung drohen der Christin und fünffachen Mutter bis zu drei Jahre Gefängnis. Jataus Fall illustriert die Rolle staatlicher Stellen bei der Verfolgung und Diskriminierung von Christen in Nigeria; diese geht weit über die gewaltsamen Übergriffe hinaus, die im Norden Nigerias sehr verbreitet sind.

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Von Open Doors

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Video verurteilt Lynchmord an christlicher Studentin

Rhoda Jatau stammt aus dem nördlichen Bundesstaat Bauchi und arbeitete bis zu ihrer Verhaftung am 20. Mai 2022 als medizinische Angestellte. Die Festnahme erfolgte Berichten zufolge, weil sie ein „blasphemisches“ Video per WhatsApp an Kollegen weitergeleitet hatte. Darin wurde die Ermordung der christlichen Studentin Deborah Samuel verurteilt, die eine Woche zuvor wegen angeblicher Blasphemie von einer wütenden Menge gesteinigt und verbrannt worden war.

Mit Jataus Verhaftung in ihrem Haus in Katanga in der Local Government Area Warji bewahrte die Polizei sie zunächst vor einem ähnlichen Schicksal. Als die Angreifer sie nicht finden konnten, griffen sie Christen in der Nachbarschaft an, verletzten mindestens zehn Menschen und beschädigten ihr Eigentum. Jataus Familie war gezwungen, aus ihrem Haus zu fliehen und lebt jetzt anderenorts.

Im Dezember 2022 – sieben Monate später – wurde Jatau schließlich wegen „vorsätzlicher Störung des öffentlichen Friedens“ angeklagt. In der Begründung heißt es: „Der Inhalt des Videos ist blasphemisch gegenüber dem Propheten Mohammed; [seine Weiterleitung] hat zu ernsthaften Unruhen und zum Bruch des öffentlichen Friedens geführt, was wiederum die Zerstörung zahlreicher Geschäfte und Häuser […] zur Folge hatte.“ Für eine solche Anklage ist eine Strafe von bis zu drei Jahren Gefängnis und/oder eine Geldstrafe vorgesehen; bei einer direkten Anklage wegen Blasphemie wäre sogar die Todesstrafe möglich gewesen.

Laut ihrem Anwalt Joshua Nasara wurden während der vergangenen 18 Monate mehrere Anträge auf Freilassung gegen Kaution wegen der möglichen Gefahr von Unruhen abgelehnt.

„Besorgniserregende Kultur der Straffreiheit für Gewalttäter“

„Rhoda Jatau hat ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Religions- oder Weltanschauungsfreiheit auf friedliche Weise wahrgenommen“, sagt John Samuel, Rechtsexperte von Open Doors für Subsahara-Afrika. „Es ist inakzeptabel, dass sie lediglich für das Teilen von Inhalten, die die Gewalt gegen Deborah verurteilen, strafrechtlich verfolgt wird, während gegen diejenigen, die an der Gewalt des Mobs nach der Veröffentlichung ihrer angeblich blasphemischen WhatsApp-Nachricht beteiligt waren, nichts unternommen wird. Es wurden auch keine Maßnahmen gegen diejenigen ergriffen, die an der Gewalt gegen Deborah beteiligt waren, die sie das Leben kostete.“

Christen sind im Norden Nigerias eine Minderheit, die häufig zum Ziel brutaler Übergriffe wird. Darüber hinaus sind sie aufgrund ihres Glaubens vielfältiger Diskriminierung ausgesetzt, einschließlich gelegentlicher Anschuldigungen wegen Blasphemie und „Beleidigung des Islam“.

„Die Art und Weise, wie die Gewalt des Mobs sowohl gegen Deborah als auch gegen Rhoda Jatau gehandhabt wird, zeigt deutlich die besorgniserregende Kultur der Straffreiheit für Gewalttäter in Teilen Nigerias“, sagt Samuel. Er beklagt, die Blasphemiegesetze verstießen gegen internationale Menschenrechtsstandards und hätten die Zunahme unkontrollierter Gewaltausbrüche begünstigt.

Blasphemiegesetze landesweit etabliert

Blasphemiegesetze existieren in ganz Nigeria. Während Übertretungen im Süden des Landes üblicherweise mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden, ist in den zwölf nördlichen Bundesstaaten, in denen die Scharia gilt, auch die Todesstrafe möglich. Sowohl die Europäische Union als auch die Vereinten Nationen haben deshalb wiederholt Bedenken geäußert und die nigerianische Regierung aufgefordert, diese Gesetze aufzuheben.

Auf dem Weltverfolgungsindex 2023 steht Nigeria an 6. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.