Indien: Politische Führung ignoriert Gewalt gegen Christen

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Drei Christen im Krankenwagen bei lebendigem Leib verbrannt

Die Welle der Gewalt gegen Christen im nordostindischen Bundesstaat Manipur hält weiter an. Während in einigen Fällen auch Hindus zum Ziel von Angriffen wurden, treten zwei Beobachtungen immer deutlicher hervor: Hindu-extremistische Gruppen nutzen die seit Langem bestehenden ethnischen Spannungen für gezielte Übergriffe auf Christen und werden dabei von der politischen Führung zumindest indirekt unterstützt – bis hin zu Premierminister Narendra Modi.

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Von Open Doors

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Vertreibung der Christen mit behördlicher Unterstützung

Zur Erinnerung: Am 3. Mai empfahl das oberste Gericht von Manipur die Verleihung des „Scheduled Tribe“-Status an das Volk der Meitei. Mit diesem Status werden üblicherweise schutzbedürftige Gruppen gestärkt und durch eine Reihe von Privilegien unterstützt. Die mehrheitlich hinduistischen Meitei stellen in Manipur allerdings über 50% der Bevölkerung dar und besetzen zahlreiche politische Ämter. Viele von ihnen gehören zu den oberen Kasten und werden von der hindu-nationalistischen Regierung der Bharatiya Janata Party (BJP) begünstigt. Das Oberste Gericht Indiens nannte den Gerichtsbeschluss am 17. Mai in einer offiziellen Erklärung „absolut falsch“.

Das Volk der überwiegend christlichen Kuki ist seit Langem als „Scheduled Tribe“ anerkannt. Trotzdem hatte die Regierung Ende April mehrere Kuki-Stämme in einer massiven Räumungsaktion aus ihren Dörfern in den Bezirken Churachandpur und Noney vertrieben; dabei waren mehrere Kirchen zerstört worden. 38 weitere Dörfer wurden zu illegalen Siedlungen erklärt, obwohl sie ursprünglich gesetzlich geschützt waren – bis die Regierung dies im November 2022 änderte.

Immer mehr antichristliche Gewalt – Premier Modi sieht „absolut keine Diskriminierung“

Das Vorgehen der Behörden und der Gerichtsbeschluss lösten zumeist friedliche Proteste der Kuki aus. Dies nahmen jedoch eine Reihe hinduistischer Extremistengruppen, überwiegend Angehörige der Meitei, zum Anlass für zahlreiche gewaltsame Angriffe auf die Kuki. Viele der Gruppen stehen in Verbindung mit der hindu-nationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) und der extremistischen Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS). Während der Unruhen wurden nicht nur Kuki, sondern auch Christen anderer Volksgruppen gezielt attackiert, darunter christliche Konvertiten unter den Meitei. Über 100 Christen verloren ihr Leben, rund 400 Kirchen wurden zerstört und mehr als 50.000 Menschen vertrieben. Indische Medien berichteten zudem von einem besonders brutalen Vorfall, bei dem eine Ansammlung von 2.000 wütenden Meitei am 4. Juni einen Krankenwagen in Brand setzte und dabei drei Meitei-Christen bei lebendigem Leib verbrannte; darunter der 7-jährige Tonsing Hangsing und seine Mutter Meena.

Indiens Premierminister Narendra Modi hat indes während seines USA-Besuchs am 22. Juni rundheraus bestritten, dass es in Indien überhaupt zu Diskriminierung kommt: „Unsere Regierung hat sich die Grundprinzipien der Demokratie zu eigen gemacht, […] und das ganze Land funktioniert auf dieser Grundlage […] unabhängig von Kaste, Glaube, Religion, Geschlecht, es gibt absolut keinen Platz für Diskriminierung.“

Nach Beobachtungen von Open Doors werden in Indien jährlich Hunderte Übergriffe gegen Christen verübt und zahlreiche Kirchen zerstört; die Täter gehen in der Regel straffrei aus. In aktuell zwölf Bundesstaaten begünstigen Anti-Bekehrungs-Gesetze Repressionen gegen religiöse Minderheiten, sechs davon wurden seit Modis Amtsantritt eingeführt.

Auf dem Weltverfolgungsindex 2023 belegt Indien den 11. Platz unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.