“Obrigkeitsstaat alter Prägung” & Lausitzer Kriminalität: Der Denunziant – “Dein Freund und Helfer”

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In der Lausitz ist die Kriminalität ein ernsthaftes Problem. Einbrüche und Diebstähle gehören Allerorten leider dazu. Nicht mal Katalysatoren an geparkten Autos gelten als sicher. Zur Steigerung der Sicherheit sollen bizarre Wege beschritten werden. Ein Heer von bereitwilligen Denunzianten sollen als Art unbezahlter Hilfspolizist dienen. Dieser Form von Wunschdenken ist aber durchaus ernst gemeint und geht auf innere Logik zurück.

“Die Polizei dein Freund und Helfer” – “Handelt es sich bei der Polizeikultur um eine Art Wunschdenken”

>>Deutschland habe fertig: Reflexionen eines Polizeihauptkommissars über die Innere Sicherheit von Nikolas Weegert (Buch) <<

“Die Polizeikultur steht hierbei für Werte, die sich die Polizei sozusagen selbst gegeben hatte und die sie in ihrer Außendarstellung von sich selbst auch so vermitteln möchte, am liebsten unter dem Motto: „Die Polizei dein Freund und Helfer“. … Auf den Punkt gebracht handelt es sich bei der Polizeikultur um eine Art Wunschdenken, welches der Gesellschaft das Idealbild polizeilichen Handelns vermitteln möchte.”

“Polizeikultur um eine Art Wunschdenken” – “Idealbild polizeilichen Handelns vermitteln möchte”

Für viele Polizisten ist unwichtig wie die Bevölkerung sie wirklich sieht, sondern nur wichtig: Wie sie sich selbst gerne sehen möchte. Diese Kunstform des Irrationalismus wurde vor langer Zeit bereits eingeübt. Alleine die Geschichte des noch heute gerne verwendet Spruches “Die Polizei dein Freund und Helfer” bedarf keinerlei Erklärung.

“Preußische Staatsminister Carl Severing” – “Bitte treten Sie näher, die Polizei – Dein Freund und Helfer”

>>Prof. Dr. Thomas Ley (PDF-Datei) <<

“Im Jahr 1926 formulierte der damalige Preußische Staatsminister Carl Severing den markanten Satz ‘’Bitte treten Sie näher, die Polizei – Dein Freund und Helfer’’. Damit drückte er aus, daß das Bild des Königlich-Preußischen Schutzmannes mit gezwirbeltem Schnauzbart, Säbel und dem unwirschem ‘’Drei Schritte vom Leibe!’’ einer neuen Polizei weichen sollte. Dieser Reformwille war ein bewußte Abkehr vom Obrigkeitsstaat alter Prägung, wie er durch die Auffassung des Berliner Polizeipräsidenten von Jagow gekennzeichnet war.”

“Obrigkeitsstaat alter Prägung” – “Bild des Königlich-Preußischen Schutzmannes mit gezwirbeltem Schnauzbart”

Es lässt sich vermutlich weniger als “Reformwille” sondern mehr als Kosmetik ansehen. Die Polizei hat sich in dieser Zeit nicht wirklich gewandelt, aber durch den verlorenen Ersten Weltkrieg war der “Obrigkeitsstaat alter Prägung” mächtig in Erklärungsnot geraten. Aber das alte Denken lebt aber auch in der Gegenwart ungehindert weiter. Denn der Spruch “Bitte treten Sie näher, die Polizei – Dein Freund und Helfer” hat längst nicht ausgedient, sondern kann sich auf eine großartige Wiederauferstehung im Kampf gegen die Kriminalität – oder was dafür gehalten wird – feiern.

“Polizei hilflos bei Bekämpfung von Drogenhandel”

>>Staatsfunk “Mitteldeutsche Rundfunk” <<

“Polizei hilflos bei Bekämpfung von Drogenhandel – Mit Polizeiarbeit allein könne man das Problem nicht bewältigen, … . Er sieht die gesamte Gesellschaft in der Verantwortung – auch die Kommunen, die Gewerbetreibenden vor Ort und die Immobilienbesitzer. “All diese Player sitzen hier in einem Boot und müssen zusammenarbeiten, um dieser jeweiligen Drogenszene Herr zu werden”, … “

“Bekämpfung von Drogenhandel” – “Mit Polizeiarbeit allein könne man das Problem nicht bewältigen”

Die Polizei hat also gewissermaßen vor dem Drogenhandel kapituliert und nun sollen Denunzianten aushelfen. Grundsätzlich gilt die aktuelle Drogenpolitik als umstritten, außerdem als wenig glaubwürdig: Da der Verdacht auf Kokain im Bundestag großzügig ignoriert wird. Offensichtlich sollen also nur bestimmte Drogenhändler und -konsumenten bekämpft werden, was letztlich auf dem “Obrigkeitsstaat alter Prägung” hinaus läuft. Zudem diese Ressourcen dann bei Eigentumsdelikten nicht mehr zur Verfügung stehen. Trotzdem wird die Denunziantenkultur bis zur Gemeinde gefördert.

“Obrigkeitsstaat alter Prägung” – Warum einige Drogenhändler und -konsumenten ungestraft davon kommen

>>Radio Lausitz<<

“Lohsa will auf Nummer sicher gehen – In der Gemeinde sollen präventive Sicherheitsstrukturen aufgebaut werden. Dazu gehört ein Präventionsrat mit Vertretern aus allen 15 Lohsaer Ortsteilen. Ziel sei es, das Sicherheitsgefühl der Einwohner zu erhöhen und Präventionsangebote anzubieten.”

“Ziel sei es, das Sicherheitsgefühl der Einwohner zu erhöhen”

Interessant ist die ausgegebene Zielsetzung: Es soll nicht weniger die Kriminalität bekämpft, sondern das “Sicherheitsgefühl der Einwohner” erhöht werden. Statt echter Kriminalitätsbekämpfung muss also ein bisschen oberflächliche Kosmetik reichen. In verklausulierter Sprache wird sogar zugegeben: Weshalb die Kriminalität die Oberhand gewonnen hat.

Drogenhandel: “Geschäft sei lukrativ und deshalb die Bekämpfung so schwierig”

>>Staatsfunk “Mitteldeutsche Rundfunk” <<

“Das Geschäft sei lukrativ und deshalb die Bekämpfung so schwierig. “Deshalb werden diese Lücken sobald die Polizei da irgendwo einer Truppe habhaft geworden ist sehr schnell wieder geschlossen, weil es einfach den großen Markt dafür gibt, der immer wieder neue Produkte will und da finden sich dann auch immer wieder Personen, die bereit sind das zu verkaufen” …,

Drogenhandel: “Großen Markt dafür gibt, der immer wieder neue Produkte will”

Zwar geht es hier nur um Drogenkriminalität, aber diese Aussage lässt sich problemlos auf andere Bereich ausweiten. Armut und Kriminalität gehen nun mal Hand in Hand. Die schlichte Perspektivlosigkeit treibt viele Kriminelle an. Fast alle großen Gangsterbanden haben ihre Mitglieder aus armen Bevölkerungsschichten rekrutiert. Auch wenn diese banale Tatsache vielfach geleugnet wird.

“Kriminelle sind nur häufiger arm”

>>Wirtschaftswoche<<

“Studie zu Kriminalität – Armut macht keine Kriminellen, Kriminelle sind nur häufiger arm: Zu dieser Erkenntnis kommen schwedische Forscher in einer neuen Studie. … Demnach begehen Kinder aus armen Familien eher Gewalttaten und nehmen häufiger Drogen.”

“Demnach begehen Kinder aus armen Familien eher Gewalttaten und nehmen häufiger Drogen”

Kriminalitätsbekämpfung ist in erster Linie die Bekämpfung von Armut: Aber dazu ist niemand in Verantwortung bereit. Nüchtern betrachtet sind selbst die Aufstiegschancen eines Arbeiterkindes minimal geworden. Die sozialen Leistungen wie Bafög oder Hartz IV wurden systematisch zusammengestrichen und gute bezahlte Arbeitsplätze sind zur rühmlichen Ausnahme zusammengeschrumpft. Selbst so manche Universität hat sichtlich so ihre Schwierigkeiten: Die nüchternen Fakten in das vorgebende Weltbild unterzubringen.

“Eigene Fähigkeiten mit krimineller Aktivität produktiver genutzt werden können”

>>Universität Hamburg (PDF-Datei) <<

“Absolute Armut stimuliert möglicherweise die Vorstellung, dass die eigene Fähigkeiten mit krimineller Aktivität produktiver genutzt werden können; Armen erscheinen die Kosten strafrechtlicher Sanktionen möglicherweise geringer als Reichen; Armut steht im Widerspruch zu den Bedürfnissen, die die Gesellschaft weckt, und reduziert zugleich die Möglichkeiten sozialer Kontrolle; relative Armut weckt Unzufriedenheit und erlaubt die Rechtfertigung krimineller Aktivität (Neutralisierung) … “

“Armut weckt Unzufriedenheit und erlaubt die Rechtfertigung krimineller Aktivität”

Allerdings wird in der restlichen Abhandlung genau das gegenteilige Bild zu zeichnen versucht. Der Blickwinkel eines gut bezahlten Universitätsprofessors dürfte in dieser Frage wohl kaum die wissenschaftliche Objektivität widerspiegeln und darin dürfte das eigentliche Problem liegen. Der “Obrigkeitsstaat alter Prägung” will die Wirklichkeit nicht so sehen wie sie ist, sondern so, wie er sie gerne hätte.