“Eine umfassende Aufarbeitung des Wirkens der Staatssicherheit im sorbischen Kontext hat bisher nicht stattgefunden”

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Wie sieht das Elitenverständnis innerhalb der Sorbischen Institutionen aus? Ist etwa ein Elitenwechsel in Sicht? Die Frage nach dem Elitenverständnis innerhalb der Sorbischen Institutionen wirft ein Licht auf die personelle Kontinuität, die dort vorherrscht. Sogar bei der (Neu-)Wahl der Namen wird sich wenig Mühe gegeben.

Vom “Institut für sorbische Volksforschung” aus Zeiten der DDR zum heutigen “Sorbischen Institut”

>>Sorbische Institut<<

“Das Sorbische Institut / Serbski institut ist zum 1. Januar 1992 vom Freistaat Sachsen gemeinsam mit dem Land Brandenburg in der privatrechtlichen Organisationsform eines eingetragenen Vereins gegründet worden. Seine Tradition als außeruniversitäre Forschungseinrichtung hat es in dem 1951 entstandenen und 1952 bis 1991 der Deutschen Akademie der Wissenschaften (ab 1972: AdW der DDR) zu Berlin zugeordneten Institut für sorbische Volksforschung / Institut za serbski ludospyt.”

“Tradition als außeruniversitäre Forschungseinrichtung hat es in dem 1951 entstandenen und 1952 bis 1991 der Deutschen Akademie der Wissenschaften”

Unter den privilegierten Bedingungen des DDR-Regimes gehörten zahlreiche Mitglieder dieser Einrichtungen zur Elite. Ihr Glaube an das System und ihre Überzeugung von dessen Richtigkeit haben sie sich offenkundig bis heute erhalten. Es ist augenscheinlich nicht zu leugnen, dass einige heutige Positionen in den Sorbischen Institutionen mehr auf einer Art des Erbschaftsmodells oder einer Form von Feudalismus beruhen.

“Man förderte die Anpassung der Sorben an die deutsche Kultur und Sprache, an der sich auch die Sorbische Lehrerbildungsanstalt beteiligte”

>>Prager Zeitung<<

“Man förderte die Anpassung der Sorben an die deutsche Kultur und Sprache, an der sich auch die Sorbische Lehrerbildungsanstalt beteiligte. Im Jahr 1958 schrieb der sorbische Pfarrer Jurij Kubaš in sein Tagebuch:

„In den Zeitungen, sorbischen wie deutschen, schreibt man, dass unser Institut die beiden Bezirke Dresden und Cottbus mit zweisprachigen Lehrern versorgt, dass es der zweisprachigen Lausitz dient. Ja, es dient auch als Glied in einem System, unsere sorbische Sprache endlich zu liquidieren.“

“Es dient auch als Glied in einem System, unsere sorbische Sprache endlich zu liquidieren”

Die Vergangenheit als Teil der damaligen Elite spielt hierbei eine Rolle, was Zweifel am tatsächlichen Willenswechsel oder einem frischen Blickwinkel aufkommen lässt. Besorgniserregend ist zudem die Ausgrenzung sorbischer Mitmenschen durch ebenjene institutionellen Strukturen. Die elitäre Denkweise scheint noch immer stark verwurzelt zu sein und führt dazu, dass viele Sorben sich marginalisiert fühlen.

“Eine umfassende Aufarbeitung des Wirkens der Staatssicherheit im sorbischen Kontext hat bisher nicht stattgefunden”

>>Sorben im Blick der Staatssicherheit von Timo Meškank (Buch) <<

“Eine umfassende Aufarbeitung des Wirkens der Staatssicherheit im sorbischen Kontext hat bisher nicht stattgefunden. Dies ist insofern erstaunlich, als es in Deutschland nach 1989/90 zu einem gänzlich anderen Umgang mit der kommunistischen Diktatur als nach dem Ende der NS-Herrschaft 1945 mit der nationalsozialistischen Diktatur kam. Das Ergebnis des beschönigenden Umgangs mit der unmittelbaren Vergangenheit nach dem Zweiten Weltkrieg hat Thomas Widera 2004 beschrieben: »Betroffene sind ungenaue Zeugen, wenn sie, noch dazu unterstützt von der Politik, in einer ›kollektiven Amnesie‹ auf die Konfrontation mit der Wirklichkeit reagieren[] und das Geschehene als ›kreativ deutende Vergegenwärtigung‹ neu konstruieren.« Die deutsche Politik gelangte 1989/90 relativ schnell zu dem Schluss, dass nur eine offensive Aufarbeitung der DDR-Geschichte die Eingliederung der Bürger der neuen Länder in die demokratischen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen würde.”

“Unterstützt von der Politik, in einer ›kollektiven Amnesie‹ auf die Konfrontation mit der Wirklichkeit reagieren”

Ein Schlüsselaspekt dieses Problems liegt im tief verwurzelten Glauben der Elite an ihre eigene Unfehlbarkeit. Dieses Selbstbild steht notwendigen Veränderungsprozessen im Wege und wirkt sich bis in die Gegenwart aus.

“Sorbenpolitik zwischen 1968 und 1989, um Strukturen, Akteure und Interessen”

>>Radio Lausitz<<

“Sorbenpolitik der DDR wird erforscht – Es geht um die Sorbenpolitik zwischen 1968 und 1989, um Strukturen, Akteure und Interessen. Für das Projekt wurden Zeitzeugen befragt und in Archiven recherchiert. … Das Projekt wird vom Freistaat Sachsen gefördert.”

“Das Projekt wird vom Freistaat Sachsen gefördert”

Verhindert wird damit der dringend benötigten Wandel hin zu offenerer Partizipation aller Interessengruppen innerhalb der Sorbischen Gemeinschaft. Was ist damit gemeint? Das genannte Sorbische Institut ist unmittelbar aus dem Institut für sorbische Volksforschung aus DDR-Zeiten hervorgegangen. Der sprichwörtliche Bock wird zum Gärtner gemacht. Natürlich liegt hier offensichtlicher ein Interessenkonflikt vor und die öffentliche Förderung müsste daher unterbunden werden, weil jegliche wissenschaftliche Objektivität fehlt.

Erforscht das Sorbische Institut seine eigene Stasi-Vergangenheit mit öffentlichen Geld?

Es stellt sich natürlich auch die Frage: Inwieweit diese Förderung auch strafrechtliche Relevanz besitzt? Im Endeffekt werden die Sorbischen Institutionen sich erneut einen Persilschein ausstellen, die DDR-Opfer noch weiter marginalisiert und alles wird durch öffentliche Mittel finanziert. Zugleich wird dadurch die Spaltung der Sorben noch weiter vertieft und stellt eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Sorben dar. Anders als vielfach angenommen, hat es innerhalb der Sorbischen keinen echten Elitenwechsel gegeben.

„Im Sorbischen hat es nach dem gesellschaftlichen Umbruch 1989/90 – anders als im Rest der DDR – keinen Elitenwechsel gegeben“ 

>>Timo Meškank<<

„Im Sorbischen hat es nach dem gesellschaftlichen Umbruch 1989/90 – anders als im Rest der DDR – keinen Elitenwechsel gegeben. In den meisten sorbischen Institutionen, wie zum Beispiel dem Sorbischen Institut, ist stattdessen eine personelle Kontinuität zu verzeichnen. Diese Personen haben alles getan, um sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen, getreu dem Motto: Wir haben zwar in der SED-Diktatur gelebt, aber waren kein Teil von ihr.“

„In den meisten sorbischen Institutionen, wie zum Beispiel dem Sorbischen Institut, ist stattdessen eine personelle Kontinuität zu verzeichnen“

Es bleibt abzuwarten, ob es jemals zu einem wirklichen Elitenwechsel innerhalb der Sorbischen Institutionen kommen wird und somit auch eine echte Ausrichtung auf die echten Ziele, sowie ein wirkliches Verständnis der Sorbischen Identität. Es liegt in der Verantwortung der Sorben, diese Fragen weiterhin zu beleuchten und auf eine positive Entwicklung hinzuarbeiten.