“Abgeholfen” – Anti-Sorbenpolitik mit Steuergeld? – Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Sorben

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Mit Steuergeld gegen das Sorbische zu Felde ziehen? – Nichts könnte Falscher sein, so könnte man meinen, aber die Wirklichkeit spiegelt ein völlig anderes Bild wider. Im Zentrum des Geschehens taucht die Domowina auf.

Was es mit dem ominösen Dachverband der Domowina wirklich auf sich hat

>>Domowina<<

“Die Domowina ist der Dachverband der Lausitzer Sorben und Sprecherin der Interessen des sorbischen Volkes. Sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen ist sie gesetzlich als Interessenvertretung anerkannt.”

Warum sogar Landkreise der Domowina beitreten können

Diese “Interessenvertretung” hatte sich schon zu DDR-Zeiten einem einträglichen Ruf erworben. Schon damals wurde eine kritische Sichtweise dieser sehr speziellen Sorbenpolitik gezeichnet.

“An der Spitze der neuen Domowina war nur ein Sorbe mit dem Parteibuch der SED geduldet”

>>Spiegel<<

“An der Spitze der neuen Domowina war nur ein Sorbe mit dem Parteibuch der SED geduldet; dem Dachverband wurde in Bautzen ein großes Haus gebaut, doch die besonderen Belange einer völkischen Minderheit waren darin nicht vorgesehen. Versteht sich, daß auch die vielen Einrichtungen, die es nun für die Sorben gab, die Schriftsteller und das Volkstheater, die Filmschaffenden und der Musiker-Verband, nach den Pfeifen im Politbüro zu tanzen hatten. Besonderes Zutrauen scheinen sich die gekaperten Genossen aber nie erworben zu haben, zumal ein Großteil der Sorben praktizierende Christen waren, die Mehrheit der evangelischen und erst recht der kleinere, in der Oberlausitz siedelnde Anteil der Katholiken. Die Stasi jedenfalls hatte für diese slawischen Brüder eine eigene Abteilung angelegt, mit Dependancen in Cottbus und Bautzen. Was als sorbische Kulturpolitik ausgegeben wurde, verkam zum Folklore-Rummel – vorzüglich geeignet, die internationale Brüderlichkeit im Arbeiterund-Bauern-Staat hervorzukehren. Alle vier Jahre – und oft mit dem Ehrengast Hans Modrow von der Dresdner SED-Bezirksleitung – wurde ein staatlich finanziertes Sorben-Festival aufgezogen, dessen soziale Botschaft nicht eindringlicher war als die des Kölner Karnevals.”

“Ein staatlich finanziertes Sorben-Festival aufgezogen, dessen soziale Botschaft nicht eindringlicher war als die des Kölner Karnevals”

Dieser “Folklore-Rummel” wird auch heute noch hochgehalten. Und nicht jeder Sorbe ist damit einverstanden und manchmal auch Kritik geübt.

„Ein merkwürdiges Folklore-Bild produziert – Das auch heute wieder Konjunktur hat“

>>Leipziger Volkszeitung<<

„Galten die Sorben nicht offiziell als die Hätschelkinder der DDR?

Nur nach außen. Von den Sorben wurde in der DDR ein merkwürdiges Folklore-Bild produziert, das auch heute wieder Konjunktur hat. Wir Sorben wurden und werden vorgezeigt, wenn’s ums Bemalen von Ostereiern oder das Osterreiten geht. Immer wenn Ostern ist, werden wir als Folklorevolk präsentiert. Dass wir ein Kulturvolk sind mit einer Hochsprache seit der Reformation, das spielt kaum eine Rolle in der Öffentlichkeit.“

„Wir Sorben wurden und werden vorgezeigt“

Tatsächlich kommt das Kulturvolk der Sorben in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vor. Es kommt aber noch schlimmer: Die Bildung wird sträflich vernachlässigt.

„Die Lehrerin kann doch gar kein Sorbisch!“ 

>>Neues Deutschland<<

„Die Lehrerin kann doch gar kein Sorbisch! Sie sagt nur immer: ›Dobry źeń.‹« Das ist Niedersorbisch und heißt: »Guten Tag.« Viel mehr von dieser in der Niederlausitz nur noch wenig verwendeten Sprache der slawischen Minderheit beherrscht die Lehrerin angeblich nicht. Dabei soll sie Niedersorbisch unterrichten.“

Niedersorbisch konnte nur Dank privater Initiativen gerettet werden

Anfang der 1990er – also am Ende der DDR – war das Niedersorbische fast schon verschwunden. Dank privater Initiativen wie das WITAJ-Sprachzentrum konnte die Sprache überleben. Allerdings das WITAJ-Sprachzentrum ist nur für Kleinkinder gedacht und nach der Einschulung stehen kaum Lehrer bereit, die die Sprache auch tatsächlich beherrschen. Dabei ist das Problem keinesfalls vom Himmel gefallen, sondern kann auf einen langen Vorgeschichte zurückblicken.

Institut für Sorabistik: Es hat nur einen einzigen Lehrstuhl

>>Europäisches Journal für Minderheitenfragen (PDF-Datei) <<

„Hier wurde das weltweit führende (weil einzige) Institut für Sorabistik mit bis 1989 drei Lehrstühlen zum Füllen von Lücken bei anderen Instituten
genutzt. Es ist jetzt auf einen einzigen Lehrstuhl und so wenig Personal zurückgestutzt, dass es seine Hauptaufgabe, die Lehrerausbildung, nicht mehr wahrnehmen
kann.“

Institut für Sorabistik: „Hauptaufgabe – Die Lehrerausbildung, nicht mehr wahrnehmen kann“

An dieser Stelle drängt sich die Frage auf: Was sagt eigentlich die Domowina – sprich der formale Dachverband der Lausitzer Sorben – dazu? – Kurze Antwort: Nichts. Dieser hüllt sich in Schweigen und will selbst auf kritische Nachfragen nicht reagieren. Zwar sind beim zuständigen Bildungsministieren diese Missstände bekannt, aber auch dort ist wenig zu hören. Es wird lediglich der Ist-Zustand beklagt. Allemal kommt dieser “Bildungsnotstand” keineswegs vom Himmel gefallen, sondern ist politisch gewollt. Anders ausgedrückt: Es wird Steuergeld dafür ausgegeben, um die Bildung der Sorben zu künstlich verschlechtern. Alle Versuche eine eigenständige Bildungsautonomie zu halten, diese wurden bisher zurückgewiesen. Aber damit ist das Kapitel mit Steuergeld gegen das Sorbische zu Felde ziehen längst nicht abgeschlossen.

“Stadt Döbern und der Ortsteil Tschernitz” – “Nicht zum angestammten Siedlungsgebiet der Sorben und Wenden”

>>Berliner Zeitung<<

“Die Stadt Döbern und der Ortsteil Tschernitz der gleichnamigen Gemeinde gehören nach einer Entscheidung des Cottbuser Verwaltungsgerichts nicht zum angestammten Siedlungsgebiet der Sorben und Wenden.”

Sorbisches Siedlungsgebiet: Müssen Städte und Gemeinden die zusätzlichen Kosten alleine tragen?

Dazu muss man wissen, die Zugehörigkeit zum Sorbischen Siedlungsgebiet ist für die Gemeinden mit zusätzlichen Verwaltungskosten verbunden, welche bestenfalls nur teilweise durch das Land und Bund übernommen werden. Die Klage hat also ebenfalls finanzielle Hintergründe. Auch hier wird also mit Steuergeld eine Politik gegen das Sorbische betrieben. Natürlich hätte die Zugehörigkeit zum Sorbischen Siedlungsgebiet für die betreffenden Lausitzer Gemeinden kostenneutral ausgestaltet werden können, womit es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit keine Klage gegeben hätte. Außerdem könnte man das Sorbische in anderen Gemeinden auf diese Weise wieder revitalisieren können. Doch es wird genau der gegenteilige Weg eingeschlagen, was sich auch an anderen Beispielen festmachen lässt.

“Abgeholfen” – Anti-Sorbenpolitik mit Steuergeld:  “Durch neue sorbisch sprachige Arbeitsplätze”

>>Marcel David Braumann<<

“In der Hoyerswerdaer Region gab es ja bisher relativ viele Anhänger des „Serbski sejm“, weil sich viele in den vergangenen Jahrzehnten von „Bautzen“ vernachlässigt fühlten. Dieser Vernachlässigung wird zurzeit Schritt für Schritt selbstbewusst abgeholfen, durch neue sorbisch sprachige Arbeitsplätze, neue sorbische Sprachräume und wachsende sorbische Präsenz in der Öffentlichkeit, sei es beim Altstadt-Boulevard in Hoyerswerda oder in den Dörfern.”

“Abgeholfen” – Anti-Sorbenpolitik mit Steuergeld: Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Sorben

Was ein Vertreter der Domowina mal eben fröhlich zu Protokoll gibt, diese Tatsache sollte eigentlich Empörung hervorrufen. Es werden also “neue sorbisch sprachige Arbeitsplätze” aus Steuergeld offensichtlich nur dafür geschaffen, um eine Konkurrenzorganisation der Domowina zu schwächen. Im Umkehrschluss läuft es für die Betroffenen darauf hinaus: An der Domowina ein wenig Kritik zu üben, bedeutet vermutlich seinem Arbeitsplatz – in einer strukturschwachen Region – zu verlieren. Praktisch findet außerhalb der Domowina-Struktur keine öffentliche Mittelvergabe statt und die Domowina ist eng mit der Politik verwoben. Dabei wird eine Tatsache gerne übersehen.

„Schließlich würden Steuermitteln auch anteilig von Sorben und Wenden erwirtschaftet“

>>Märkische Oderzeitung<<

„Schließlich würden Steuermitteln auch anteilig von Sorben und Wenden erwirtschaftet, erklärte die Initiative am Mittwoch. „Dass man Sorben ein Demokratie- und Selbstbestimmungsrecht verwehrt, ist ein Verstoß gegen das Grundgesetz“, sagte Sejm-Sprecher … der Deutschen Presse-Agentur. … . Konkret geht es dem „Sorbischen Parlament“ um einen Betrag von bis zu 350 000 Euro. … Die Sorben-Stiftung hatte den zuvor an sie gerichteten Antrag abgelehnt, weil der „Fördergegenstand“ nicht den „im Staatsvertrag über die Errichtung der Stiftung für das sorbische Volk beschriebenen Stiftungszweck“ erfüllt. In dem neuerlichen Antrag berufen sich die Vertreter des „Serbski Sejm“ auf verfassungs- und völkerrechtlich festgeschriebene Standards. Dem Antrag komme damit auch prinzipielle Bedeutung für die Klärung der Frage zu, „inwieweit ratifizierte rechtliche Normen von der Politik in Deutschland auch praktisch als verbindlich erachtet werden“. Die Initiatoren der angestrebten Parlamentswahl streben eine Autonomie der etwa 40 000 Sorben und 20 000 Wenden in der Bildung und Kultur an.“

„Konkret geht es dem „Sorbischen Parlament“ um einen Betrag von bis zu 350 000 Euro“

Auch Sorben und Sorbische Unternehmen zahlen Steuern. Außerdem werden im großen Umfang Rohstoffe im Lausitzer Revier abgebaut, was überwiegend auf Sorbischen Siedlungsgebiet liegt. Die Förderabgaben bleiben genauso wenig in der Lausitz. Statt Geld in die Lausitz zu überweisen, könnte das dort erwirtschaftete Steuergeld einfach belassen werden. Auf diese Weise wäre auch sichergestellt, dass keine Politik gegen Sorben gemacht wird.