“Pflegefachkräfte sind für uns doppelt systemrelevant” “Hochqualifizierte Arbeit” – Gehalt verdoppeln, Pflegeberufe wie Beamte behandeln?

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Ein Medizincampus soll die Probleme in der Pflege und des Ärztemangels lösen? Tatsächlich beschäftigt sich der Medizincampus mit ganz anderen “Fragestellungen” und solche Belanglosigkeiten kommen darin überhaupt nicht vor.

“Uniklinik plant Medizincampus und Pandemiezentrum in der Lausitz”

>>Sächsische.de<<

“Uniklinik plant Medizincampus und Pandemiezentrum in der Lausitz – Das Dresdner Uniklinikum will aus der Lausitz eine Gesundheitsmodellregion machen.”

“Dresdner Uniklinikum will aus der Lausitz eine Gesundheitsmodellregion machen”

>>Bundesministerium für Bildung und Forschung<<

“Modellregion Lausitz – Im Rahmen des Sofortprogramms des Bundes für die Strukturentwicklung in den bisherigen Braunkohleregionen soll die Region Lausitz darin unterstützt werden, die Digitalisierung in der Medizin schrittweise auszubauen. Das Carl-Thiem-Klinikum Cottbus beteiligt sich als Vernetzungspartner an der Medizininformatik-Initiative des BMBF. Im engen Austausch mit den Konsortium HiGHmed sollen Strukturen aufgebaut werden, um die bessere Nutzbarkeit von Daten aus Krankenversorgung und medizinischer Forschung zu ermöglichen. Aufbauend auf dieser Initiative wird durch die Förderung der Strukturwandel zu einem forschungsaktiven Krankenhaus vernetzt mit weiteren Partnern aus der Gesundheitsforschung in der Region unterstützt.”

“Initiative wird durch die Förderung der Strukturwandel zu einem forschungsaktiven Krankenhaus vernetzt”

Man könnte es als Forschung im Wolkenkuckucksheim bezeichnen, was für die Lausitz-Region verhältnismäßig uninteressant ist. Wie weit weg diese Forschung tatsächlich ist: Das lässt sich leicht in Überstunden in der Pflege ausdrücken.

“Pflegekraft” – “ständig zwischen 100 und 200 Überstunden angesammelt hat und diese nie würde abbauen können”

>>Der Pflege-Aufstand von Armin Rieger (Buch) <<

“Es ist an der Tagesordnung, dass Pflegekräfte Überstunden, zum Teil im dreistelligen Bereich, vor sich herschieben. Pflegekräfte klagen zwar bei verschiedenen Gelegenheiten darüber. Dass sie sich einfach einmal weigern, mehr zu arbeiten, als überhaupt zumutbar ist, geschieht aber nicht. Als mir vor vielen Jahren bei einem Vorstellungsgespräch eine Pflegekraft geschildert hat, dass sie ständig zwischen 100 und 200 Überstunden angesammelt hat und diese nie würde abbauen können, dachte ich noch an einen Einzelfall.  … Im Laufe der letzten Jahre musste ich leider feststellen, dass diese Anhäufung von Überstunden nicht die Ausnahme, sondern vielmehr die Regel ist. Manche Pflegekräfte haben mir sogar geschildert, dass bei den Stundenabrechnungen am Monatsende ein Teil der Überstunden verschwunden waren. Auf Nachfrage bekamen die Pflegekräfte alle möglichen und unmöglichen Erklärungen. Nur selten haben sich die betreffenden Pflegekräfte dagegen gewehrt.”

“Manche Pflegekräfte haben mir sogar geschildert, dass bei den Stundenabrechnungen am Monatsende ein Teil der Überstunden verschwunden waren”

Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung sind im Pflegeberufen allgemein schlecht. Als “Ausrede” wird gern angeführt, der Staat könne in dieser Hinsicht nichts machen. Alleine die finanziellen Aufwendungen für das Medizincampus wollen hingegen eine ganz anderen Eindruck vermitteln. Auch ein Blick in die Beamtenversorgung spiegelt ein ganz anderes Bild wider.

“Beamte zahlen nicht in die Rentenversicherung ein”

>>Stuttgarter Nachrichten<<

“Beamte zahlen nicht in die Rentenversicherung ein. Dafür beziehen sie auch keine Rente – Beamte bekommen ihre Pension. … Das Berufsbeamtentum hat eigene Vergütungs- Besteuerungs- und Versicherungsregeln. Parallel dazu bestehen die Regeln für Angestellte. Immer wieder kochen Diskussionen hoch die Systeme zusammenzulegen, sowohl im Bereich der Krankenkassen als auch im Bereich der Altersversorgung.”

“Das Berufsbeamtentum hat eigene Vergütungs- Besteuerungs- und Versicherungsregeln”

Praktisch alle Pflegeberufe müssen unfreiwillig in die Rentenkasse einzahlen und Beamte sind davon befreit. Oder anders ausgedrückt: Der Staat könnte sehr wohl etwas tun und es ist längst nicht alles. Auch die Krankenversicherung ist ganz anders gestaltet.

“Die Krankheitskosten von Beamten werden zu 50 % bis 80 % als sogenannte Beihilfe vom Steuerzahler getragen”

>>Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen von Torsten Ermel (Buch) <<

“Die Krankheitskosten von Beamten werden zu 50 % bis 80 % als sogenannte Beihilfe vom Steuerzahler getragen. Lediglich gegen das Restrisiko in Höhe von 20 % bis 50 % der Krankheitskosten muss der Beamte sich privat versichern. Gegen die Existenz von privaten Krankenversicherungen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber es muss einen fairen Wettbewerb geben. Die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen dürfen die Privaten nicht subventionieren.”

“Lediglich gegen das Restrisiko in Höhe von 20 % bis 50 % der Krankheitskosten muss der Beamte sich privat versichern”

Würde der Staat die Pflegeberufe wie Beamte behandeln, dann würde ihr Gehaltalleine durch die faktische Übernahme der Sozialabgaben – um rund 40 Prozent steigen. Und es ist längst nicht alles.

“Eine automatische Erhöhung des Beamtengehalts, sobald ein verbeamteter Mensch ein (weiteres) Kind bekommt”

>>Keine Kinder sind auch keine Lösung von Nina Katrin Straßner (Buch) <<

“Das Bundesverfassungsgericht entschied 1990, dass alle Beamten derselben Besoldungsstufe einen Anspruch auf einen annähernd gleichen Lebensstandard hätten. Und was beeinflusst den Lebensstandard grundsätzlich erst mal finanziell negativ? Kinder kriegen. Sag bloß! Deswegen gibt es seit 1990 eine automatische Erhöhung des Beamtengehalts, sobald ein verbeamteter Mensch ein (weiteres) Kind bekommt.”

“Und was beeinflusst den Lebensstandard grundsätzlich erst mal finanziell negativ? Kinder kriegen. Sag bloß!”

Zusätzlich würde bei Pflegeberufen – für Beamte typisch – eine Erschwerniszulage oben drauf kommen. Dieses praktisch “zusätzliche Einkommen” wird manchmal als “Schatteneinkommenbezeichnet und kann ungefähr die Hälfte des Einkommens ausmachen. Dieses Geld wird übrigens komplett aus öffentlichen Mitteln getragen.

“Pflegefachkräfte sind für uns doppelt systemrelevant”

>>Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<<

“Systemrelevant!  – Die Fachkräfte in der Frühen Bildung und Pflegefachkräfte sind für uns doppelt systemrelevant: Sie leisten nicht nur hochqualifizierte Arbeit, sondern sichern auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Millionen Mütter, Väter und Angehörige in Deutschland.”

“Pflegefachkräfte” – “Sie leisten nicht nur hochqualifizierte Arbeit”

Der Staat könnte also – quasi per Federstrich – die Pflegeberufe als Systemrelevant einstufen und die selben finanziellen Leistungenwie bei Beamten – zukommen lassen. Die Bereitschaft unter diesen Bedingungen zu arbeiten, würde den teilweise eklatanten Mangel im Pflegebereich binnen kurzer Zeit beheben.