“Vorwand, die heidnischen Slawen und Finnen bekehren” – “Idee des Kreuzzugs als »legitimer« Kriegsfahrt”

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Was kann eine unscheinbare Ruine einer Kirche über die Geschichte der Lausitz aussagen? – Wenig und gleichzeitig kann sie auch viel historischen Wissen vermitteln. Denn die unscheinbare Kirchenruine kann von einem unschönen Kapitel berichten.

„Die Kirche auf der Ostseite des Dorfes Berg wird um 1200 aus Feldsteinen erbaut“

>>Stadt Bad Muskau<<

„Die Kirche auf der Ostseite des Dorfes Berg wird um 1200 aus Feldsteinen erbaut. … Im Jahre 2006 wird anlässlich des Muskauer Schützenfestes ein hölzerner Glockenturm errichtet und die „Glocke der Versöhnung“ eingeweiht.“

„Muskauer Schützenfestes ein hölzerner Glockenturm errichtet und die „Glocke der Versöhnung“ eingeweiht“

Im Mittelalter wurde die Lausitz militärisch erobert und diese Kriegszüge haben ungefähr in dieser Zeit auch einem religiösen Anstrich bekommen. Noch heute wird es teilweise gern als “Christianisierung” romantisch verklärt. Aber eigentlich haben die damaligen Protagonisten keinen großen Hehl aus ihren Absichten gemacht.

“Erhielten die Junker Teile des eroberten Gebiets – samt Verfügungsgewalt über die Menschen, die dort lebten”

>>Die Welt des Adels von Bettina Musall & Eva-Maria Schnurr (Buch) <<

“Die Zeit der Junker begann im Mittelalter, als Ordensritter und Fürsten die heidnischen Slawen in Osteuropa unterwarfen. Mit den Heerführern zogen besitzlose Söhne aus deutschen Adelsfamilien nach Osten: Sie wurden als »Juncherre« (junger Herr) bezeichnet, woraus sich später das Wort Junker ableitete. Zum Dank erhielten die Junker Teile des eroberten Gebiets – samt Verfügungsgewalt über die Menschen, die dort lebten. So bestand ein ostelbisches Gut aus zwei Bereichen: den vom Junker selbst bewirtschafteten Äckern und jenen Feldern, die seine Untertanen pflügten. Dafür, dass die Bauern das Land nutzen durften, schuldeten sie dem Junker Frondienste: Sie mussten etwa Botengänge erledigen, Straßen bauen oder die Äcker des Gutsherrn abernten.”

“Gut aus zwei Bereichen: den vom Junker selbst bewirtschafteten Äckern und jenen Feldern, die seine Untertanen pflügten”

Diese Form von Feldzügen haben sich mehrere Jahrhunderte – wenn nicht länger – hingezogen. Teilweise wird hierfür die Begrifflichkeit Ostkolonisation verwendet. Auf alle Fälle haben sich diese Kriegs- oder Beutezügen kaum von Wikin­gerkriegszügen unterschieden. Jene fanden ungefähr in der selben Epoche statt.

“Vorwand, die heidnischen Slawen und Finnen bekehren” – “Idee des Kreuzzugs als »legitimer« Kriegsfahrt griffen später auch dänische und schwedische Könige auf”

>>Die Wikinger von Jörn Staecker (Buch) <<

“Noch Mitte der 1070er-Jahre versuchte mit Sven Estridsson ein dänischer König in bester Wikingermanier, in England Land zu erobern oder zumindest möglichst viel Beute zu machen. Wenige Jahrzehnte später brach der norwegische König Sigurd I., infolgedessen mit dem Beinamen »Jerusalemfahrer« (Sigurðr Jórsalafari) versehen, zur Unterstützung des Königreichs Jerusalem im Heiligen Land auf. Die Idee des Kreuzzugs als »legitimer« Kriegsfahrt griffen später auch dänische und schwedische Könige auf, um unter dem Vorwand, die heidnischen Slawen und Finnen bekehren zu wollen, Ländereien im Ostbaltikum zu erobern. Die Raubzüge waren zwar größer geworden, besser or­ganisiert und Teil der üblichen ritualisierten Kriegsführung zwischen den Königreichen, aber im Grunde unterschieden sie sich nicht von den Wikin­gerzügen, wie sie im neunten Jahrhundert in England unternommen wurden.”

“Vorwand, die heidnischen Slawen und Finnen bekehren zu wollen, Ländereien im Ostbaltikum zu erobern”

Doch die Wikingermanier hat sich mehr auf “Beute machenbeschränkt. Dagegen sahen die Kriegsziele gegen die Lausitz etwas anders aus. Die dortige Bevölkerung sollte dauerhaft unterworfen werden, weshalb auch alte Religionsplätze zerstört worden sind.

“Heidnischen Slawen zu christianisieren” – “Hatten den politischen Zweck der Unterwerfung und der Einführung deutschen Brauchtums in das eroberte Land”

>>Lausitzer Rundschau<<

“Die mehrere hundert Jahre währenden Versuche der Missionare, die heidnischen Slawen zu christianisieren, hatten den politischen Zweck der Unterwerfung und der Einführung deutschen Brauchtums in das eroberte Land. Wo einst die heidnischen Religionsplätze sich befanden, legten christliche Missionare den Grundstein zu Kapellen und Kirchen. An der gewohnten Heiligkeit des Ortes sollte die neue christliche Lehre in den heidnischen Volksglauben leichter Eingang fanden. Einer dieser heiligen Orte war die Stelle an der sich heute noch die Kirche in Berg befindet.”

“Wo einst die heidnischen Religionsplätze sich befanden, legten christliche Missionare den Grundstein zu Kapellen und Kirchen”

Die alte Kirchenruine Berg weist also auf einem sehr alten religiösen Platz hin. Auch an anderer Stelle wurde ähnliche Weise vorgegangen und es wurden allerhand Heiligtümer zerstört.

“In die Lausitz zogen, um die von Gott abgefallenen Wenden (Vorfahren der heutigen Sorben) zum christlichen Glauben zurückzuführen”

>>Die Fährte des Lichts von Ralf Herold (Buch) <<

“Die „Cronecken der Sassen“ (Sachsenchronik) von Konrad Botho (vor 1475- um 1501) berichtet 1492, dass 1116 Bischof Adelgott von Beltheim und Herzog Ludger von Magdeburg (Herzog von Sachsen und später als Lothar III. Kaiser des römisch-deutschen Reiches) in die Lausitz zogen, um die von Gott abgefallenen Wenden (Vorfahren der heutigen Sorben) zum christlichen Glauben zurückzuführen. Bei ihrer Mission zerstörten sie am Ufer der Spree ein heidnisches Heiligtum, den „Abgott Flinz“, der auf einem „flinßsteyne“ (Flinzstein) stand. … Die Zerstörung gelang ihnen offenbar nicht vollständig, bzw. das Heiligtum wurde wiederhergestellt oder aber es gab mehrere dieser Heiligtümer, denn die Chroniken berichten:

„Da zog Hertzog Luder und Bischoff Adelgotus zu Magdeburg hin und verstöreten den Abgott aufs Neue. Anno 1124 hat Lotharius II. den Abgott vollends zerstört und aufs Land den Adel, und in die Städte Handwerker und gemein Volk mit allerhand christl. und deutschen Einwohnern gesetzet.“

“Bei ihrer Mission zerstörten sie am Ufer der Spree ein heidnisches Heiligtum, den „Abgott Flinz“, der auf einem „flinßsteyne“ (Flinzstein) stand”

Natürlich hatten diese ganzen militärischen Eroberungszüge wenig mit dem Christentum zu tun. Vielmehr musste die “Christianisierung” als oberflächliche Rechtfertigung herhalten. Außerdem hatten einige Menschen bereits vorher den christlichen Glauben und die griechische Schriftdurch die Heiligen Kyrill und Methodangenommen. Doch jene Apostel standen eher der Orthodoxen Kirche nahe und sie sind in friedlicher Absicht gekommen. – Vereinfacht: Es waren die “falschen Christen” gewesen.