Nicaragua: Inhaftierte Christinnen fürs Beten bestraft

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Christen und Oppositionelle sind zunehmender Verfolgung ausgesetzt

In einem nicaraguanischen Gefängnis unweit der Hauptstadt Managua sind mehrere weibliche Häftlinge dafür bestraft worden, dass sie laut gebetet haben. Das berichtet das Hilfswerk Christian Solidarity Worldwide (CSW). Der Vorfall illustriert die zunehmend schwierige Situation von Christen in dem mittelamerikanischen Land, das 2023 erstmals auf dem Weltverfolgungsindex gelistet wurde.

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Von Open Door

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Nachdem die Frauen laut gebetet hatten, wurden sie in dem Gefängnis „La Esperanza“ mit verschiedenen Strafmaßnahmen belegt. So wurde ihnen der übliche wöchentliche Hofgang gestrichen. Einige der Frauen wurden zudem während Verhören geschlagen, sodass Blutergüsse an ihren Armen und Beinen zurückblieben. Der Besitz einer Bibel oder von Schreibmaterial ist im Gefängnis generell verboten.

Pastoren inhaftiert, christliche Organisationen aufgelöst

Seit es im Zusammenhang mit der staatlichen Rentenreform 2018 zu sozialen Unruhen im Land kam, hat sich Nicaragua immer stärker zu einem totalitären Staat entwickelt. Die Regierung unter Präsident Daniel Ortega hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um jegliche Form von Opposition zu unterdrücken. Im Rahmen dieses harten Vorgehens verhaftet und verfolgt das Regime immer wieder Kirchenleiter und schließt Kirchen und zivilgesellschaftliche Organisationen. So wurden im Januar neun Pastoren unter dem Vorwurf der Geldwäsche inhaftiert; gleichzeitig wurde sechzehn Nichtregierungsorganisationen, darunter zehn christlichen, der Rechtsstatus entzogen und ihr Eigentum lokalen Pressberichten zufolge von der Regierung konfisziert.

Die Tragweite solcher Repressionen wird in einem am 28. Februar veröffentlichten UN-Bericht deutlich, der zur Lage der Menschenrechte im Jahr 2023 feststellt: „Mindestens 342 Organisationen, die mit evangelischen Kirchen, der katholischen Kirche und anderen christlichen Konfessionen verbunden sind, [wurden] aufgelöst und ihr Eigentum und ihre Einrichtungen beschlagnahmt.“

Kirchen von Behörden in die Illegalität gedrängt

Ein lokaler Mitarbeiter von Open Doors, dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden kann, berichtet von unterschiedlichen Reaktionen örtlicher Geistlicher auf den wachsenden Druck der Regierung: Während einige von ihnen sich aus Angst zurückhielten, wollten sich andere dem Druck nicht beugen. Wie riskant letzteres sein kann, zeigte sich unter anderem am Beispiel des prominenten Bischofs Rolando José Álvarez Lagos. Er war Anfang 2023 zu 26 Jahren Haft verurteilt worden, nachdem er sich geweigert hatte, Nicaragua zu verlassen. Nach mehreren Monaten in Haft wurde er im Januar 2024 des Landes verwiesen.

„Die Regierung verfolgt verschiedene Strategien, um Organisationen zu schikanieren“, erklärt der Mitarbeiter. „Sie verlangt z. B. monatliche Aktualisierungen der rechtlichen Dokumente oder mehr Unterlagen als eigentlich erforderlich; dies schränkt die Arbeit der Kirchen ein, sodass einige Pastoren es aufgeben, den Rechtsstatus ihrer Kirche aufrechtzuerhalten.“ Infolgedessen sind mehrere Kirchen dazu übergegangen, sich in Wohnungen zu treffen.

Zwischen 2018 und 2023 sind nach UN-Angaben eine Million Menschen aus Nicaragua geflohen – ein Achtel der Bevölkerung. Die Kirche spürt den Verlust ihrer Mitglieder und macht sich Sorgen um die Zukunft. Im November und Dezember letzten Jahres konnte Open Doors etwa 300 Kirchenleiter mit dringend benötigter Unterstützung versorgen, darunter Lebensmittelpakete sowie Rechtsberatung und geistliche Unterstützung.

Auf dem Weltverfolgungsindex 2024 steht Nicaragua an 30. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.