Präastronomie & Landwirtschaft: “Brauch reicht bis zu den Anfängen der Zeit zurück”

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Innerhalb der Wissenschaft wird das Thema Präastronomie gern mit einem milden Lächeln abgetan. Zu allen Überfluss: Kaum jemand würde einem Zusammenhang mit der Landwirtschaft herstellen. Dabei spiegeln viele archäologische Funde ein ganz anderes Bild wider. Besonders die Himmelsscheibe von Nebra ist mittlerweile zu einer Art von Nationalheiligtum geworden. Nur, was bildet diese Scheibe überhaupt ab? Und was hat es mit den beiden Goldbögen auf sich?

Himmelsscheibe von Nebra: “Bögen markierten dann ihre jeweiligen Auf- und Untergänge zur Sommer- und Wintersonnenwende”

>>Die Himmelsscheibe von Nebra von Harald Meller & Kai Michel (Buch) <<

“Der Archäologe und Bronzezeitexperte Florian Innerhofer hatte zudem eine Theorie, was die beiden Goldbögen links und rechts am Rand der Scheibe anging, von denen einer nur noch als Abdruck vorhanden war. Er schlug vor, sie als Horizontbögen zu deuten, die den Lauf der Sonne im Jahr wiedergeben. Die Enden der Bögen markierten dann ihre jeweiligen Auf- und Untergänge zur Sommer- und Wintersonnenwende. Solche Ausrichtungen kannte man bereits aus Stonehenge oder dem Hügelgrab von Newgrange in Irland, wo die Sonnenstrahlen zur Zeit der Wintersonnenwende genau in die Grabkammer hineinfielen.”

Himmelsscheibe von Nebra: “Solche Ausrichtungen kannte man bereits aus Stonehenge” 

Als sicher kann angesehen werden: Die Scheibe stammt aus der prähistorischer Zeit und stellt astronomische Abbildung des Himmels dar: Damit sind die Kriterien sind Präastronomie erfüllt. Vermutlich sollte den beiden Goldbögen der Himmelsscheibe von Nebra mehr Beachtung geschenkt werden. Denn auch andere archäologischen Entdecken aus prähistorischer Zeit weise ganz ähnliche Eigenschaften auf.

Kreisgrabenanlage von Goseck: “Zwei »Tore« sind auf den Sonnenaufgang und Sonnenuntergang am Tag der Wintersonnenwende um 4800 v. Chr. ausgerichtet”

>>Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien? von Wolfgang Seidel (Buch) <<

“Die Kreisgrabenanlage von Goseck in Sachsen-Anhalt wurde 1991 zufällig auf einem Plateau oberhalb der Saale aus der Luft entdeckt. Goseck wurde vermutlich schon von Bandkeramikern errichtet, die mithin über Kenntnisse der Gestirne verfügten, lange bevor die »babylonische« astronomische Überlieferung einsetzte, die für unsere Kultur durch die antike und biblische Tradition so prägend wurde. Zwei »Tore« sind auf den Sonnenaufgang und Sonnenuntergang am Tag der Wintersonnenwende um 4800 v. Chr. ausgerichtet. Die Kreisgrabenanlage ist also 2000 Jahre älter als Stonehenge, allerdings gab es in Goseck keine Steinbauten, sondern nur Palisadenzäune aus Holz.”

Kreisgrabenanlage von Goseck: “Kreisgrabenanlage ist also 2000 Jahre älter als Stonehenge” 

Inwieweit in der Kreisgrabenanlage von Goseck irgendwer jemals bestattet wurde: Das kann mal unbeantwortet bleiben. Zwar wird jede Verbindung zur Himmelsscheibe von Nebra vehement abgestritten, aber die geografische Nähe und astronomische Funktion wollen sich in diese Annahme nicht so richtig einfügen. Zumal beide vermutlich sehr lange in Nutzung waren. Zu allen Überfluss kommen noch andere Funde der Präastronomie hinzu.

“Reichlich 30 derartige Objekte” – Stonehenge der Lausitz

>>Sächsische.de<<

“Es funktioniert. Für rund zehn Minuten etwa scheint die Sonne jetzt durch das kleine Sichtfenster. Nur in den Tagen um die Sommersonnenwende ist das so. In einer Sichtöffnung auf der anderen Seite der Felsformation passiert das Gleiche zur Wintersonnenwende. Ralf Herold ist davon überzeugt, dass der Kuckucksstein ein prähistorischer Kalender ist, eine Art Stonehenge der Oberlausitz. Reichlich 30 derartige Objekte haben die Archäoastronomie-Enthusiasten inzwischen in der ganzen Oberlausitz entdeckt – Felsengebilde, die seit Tausenden von Jahren die Sommer- und Wintersonnenwenden oder die Tagundnachtgleichen zum Frühlings- und Herbstanfang anzeigen und auf diese Weise unsere Ur-Ur-Ahnen durch die Jahreszeiten wiesen.”

“Felsengebilde” – “Tausenden von Jahren die Sommer- und Wintersonnenwenden oder die Tagundnachtgleichen zum Frühlings- und Herbstanfang anzeigen” 

Sicherlich mögen alle archäologischen Funde sehr unterschiedlich ausfallen: Aber die Sommer- und Wintersonnenwenden taucht überall als zentraler Faktor auf. Die Antwort auf das vermeintlich große Rätsel könnte sich als sehr banal herausstellen.

“Mit der »Lebensrute« versetzte man dem Vieh und auch jungen Frauen zur Wintersonnenwende oder zu Ostern einen kleinen Hieb”

>>Die Sprache der Pflanzen und ihre Heilwirkung von Bettina Hauenschild (Buch) <<

“Die Zweige oder Ruten wurden früher vielfach genutzt: Mit der »Lebensrute« versetzte man dem Vieh und auch jungen Frauen zur Wintersonnenwende oder zu Ostern einen kleinen Hieb, damit sie nach dem Winter aufwachten, gesund blieben und fruchtbar wurden. Die Hirten schnitzten sich ihren Hirtenstab aus einem Haselnusszweig, weil in ihm Zauberkräfte wohnten. Bis heute bestehen Wünschelruten aus einem Haselnusszweig; dieser Brauch reicht bis zu den Anfängen der Zeit zurück und ist eines der wenigen Beispiele dafür, dass das alte Wissen bis heute lebendig ist.”

“Brauch reicht bis zu den Anfängen der Zeit zurück”  – “Bis heute bestehen Wünschelruten aus einem Haselnusszweig”

Noch heute üben Jahreszeiten und Wetter – selbst auf die moderne – Landwirtschaft einem enormen Einfluss aus. Da die allermeisten damaligen Bewohner vermutlich irgendwie als Bauern oder Hirten tätig waren, mussten zwangsläufig Sommer- und Wintersonnenwenden einem bedeutenden Stellenwert einnehmen. Augenscheinlich ist es bis in die Gegenwart in alten Bräuchen lebendig geblieben.