“Wendenabteilung” – “Förderung des Aufgehens der Wenden im Deutschtum” – Gibt es eine Nachfolgeorganisation?

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Lausitzer Sorben – Sorbenfeindlichkeit als sichtbare Botschaft? Es ist bedauerlich, dass es immer wieder zu traurigen Vorfall kommen: Sorbisch bezeichnete Straßenschilder werden beschmiert oder das Cyrill-Methodus-Denkmal bei Schmochtitz wird Opfer von Vandalismus. Doch was noch erschreckender ist, ist die Tatsache, dass kein Täter auffindbar ist. Allerdings weisen die Taten ein frappierend-ähnliches Muster auf, was aus anderen Fällen bekannt ist.

“Das »Heilbronner Phantom« hatte nach den DNA-Ergebnissen von 1993 bis 2009 an mindestens vierzig Tatorten in Deutschland und Österreich zugeschlagen”

>>Das Lexikon der Justizirrtümer von Patrick Burow (Buch) <<

“Das »Heilbronner Phantom« hatte nach den DNA-Ergebnissen von 1993 bis 2009 an mindestens vierzig Tatorten in Deutschland und Österreich zugeschlagen und dabei völlig unterschiedliche Straftaten begangen, vom Einbruch bis zum Mord. »Da passt nichts zusammen«, bilanzierte ein Polizeisprecher. Die Polizei suchte nach etwas, was die vielen Taten verband. Es musste eine Erklärung für das Auffinden der immer gleichen DNA geben. Doch allmählich kamen Zweifel auf, ob das »Heilbronner Phantom« wirklich existierte. Eine Hypothese lautete, die Ausrüstung zur Spurensicherung und –analyse könnte verunreinigt sein. … Doch der Fall zeigt, wie fehleranfällig die vermeintlich sichere DNA-Analyse sein kann.”

“Fall zeigt, wie fehleranfällig die vermeintlich sichere DNA-Analyse sein kann”

Um es klar zu sagen: Das “Heilbronner Phantom” hatte es so nie gegeben. Das Auffinden der DNA geht auf verunreinigte Wattestäbchen zurück, welche ursprünglich nie zum Zwecke der Ermittlungen, sondern eher für medizinische Angelegenheiten vorgesehen waren. Es kann hier auch von keiner Panne keine Rede sein: Denn die vermeintliche Täterin soll alle nur denkbaren Straften über Ländergrenzen hinaus begangen haben, aber “merkwürdigerweise” an der bayrischen Landesgrenze plötzlich halt gemacht haben. – Alleine diese Tatsache hätte frühzeitig stutzig machen müssen. Einfach Erklärung: Polizei ist überwiegend die Angelegenheit der Bundesländer und das Land Bayern hat andere Wattestäbchen verwendet. Doch dahinter hätte man viel schneller kommen können. Es ist schon erstaunlich, wie viel Inkompetenz ein riesiger Behördenapparat hervor bringen kann.

Welche Lehren aus der “Heilbronner-Verschwörungserzählung” zu ziehen sind?

Anhand von Bundeslandgrenzen und unterschiedlicher Zuständigkeiten lassen sich noch heute Ungereimtheiten bei anderen Fällen aufzeigen. Wichtig sind wie bei der “Heilbronner-Verschwörungserzählung” nicht nur die Taten selbst, sondern auch das Umfeld und die Hintergründe. Auch Vorfälle gegen Sorben werfen viele Fragen auf und werfen eine Frage auf: Wo kommt der Hass gegen Sorben her? Die sorbische Kultur hat eine lange Geschichte und verdient Respekt und Anerkennung. Die Sprache, die Traditionen und Bräuche sind ein integraler Bestandteil der Lausitz-Region.

“Wir sind Sorben und gehören damit einer anerkannten Minderheit im Lausitzer Siedlungsgebiet”

>>Change.org<<

“Wir sind Sorben und gehören damit einer anerkannten Minderheit im Lausitzer Siedlungsgebiet der Sorben im Land Brandenburg an. Wir Sorben sind eine anerkannte Minderheit mit schutzwürdigen Interessen im Bezug auf den Erhalt und die Förderung unserer sorbischen Sprache und Kultur, welche durch die Verfassung geschützt ist.”

“Erhalt und die Förderung unserer sorbischen Sprache und Kultur, welche durch die Verfassung geschützt ist”

Knapp 35.000 Menschenbei offiziell 60.000 Sorben – haben eine Petition für den Erhalt des Sorbisch-Unterrichts unterschrieben. Darunter dürften sicherlich auch Nicht-Sorben aus der Lausitz gewesen sein. Das Muster zieht sich an anderer Stelle fort.

“Rund 50.000 Zuschauer verfolgten demnach die neun Prozessionszüge in der Oberlausitz” – Es gibt nur 60.000 Sorben

>>Radio Lausitz<<

“Nach den Prozessionen der sorbischen Oster-, Kreuz- und Saatreiter am Ostersonntag hat die Polizei Bilanz gezogen. Rund 50.000 Zuschauer verfolgten demnach die neun Prozessionszüge in der Oberlausitz. Weitere 4.000 begleiteten den Ausritt der Ostritzer Saatreiter. Darüber informierte am Ostermontag die Polizeidirektion Görlitz.”

“Weitere 4.000 begleiteten den Ausritt der Ostritzer Saatreiter”

Aus dieser Ausgangslage lässt ein Motiv für Sorbenhass nur schwerlich herleiten. Auch gibt es wie bei der “Heilbronner-Verschwörungserzählung” keine verwertbaren anderweitigen Spuren oder Bekennerschreiben. Ein finanzielle Bereicherung kann mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Manchmal können die Nicht-Spuren und Nicht-Tatsachen viel mehr über die Täter aussagen, als alles andere. Auf diese “Merkwürdigkeit” macht sogar der staatliche Rundfunk selbst aufmerksam.

“Sorbisch-wendischen Bezeichnungen auf den Straßenschildern beschmiert”

>>Staatsfunk “Rundfunk Berlin-Brandenburg” <<

“In Cottbus sind in den vergangenen Wochen in rund 15 Fällen die sorbisch-wendischen Bezeichnungen auf den Straßenschildern beschmiert, ganz oder teilweise überklebt worden. … Er gehe von einer gezielten Aktion gegen die Zweisprachigkeit in Cottbus aus,  …. … Bisher seien diese Angriffe auf die Oberlausitz begrenzt gewesen, wo in den Vergangenheit auch Ortsschilder betroffen waren, hieß es.”

“Bisher seien diese Angriffe auf die Oberlausitz begrenzt gewesen”

Ähnlich wie bei der “Heilbronner-Verschwörungserzählung” begehen die Täter alle nur möglichen Straftaten, aber machen plötzlich vor der völlig unkontrollierten Grenze eines Bundeslandes halt. Einen Zusammenhang will ebenfalls keine Ermittlungsbehörde erkennen. Nicht nur die Polizei, auch die Landesämter für Verfassungsschutz sind Angelegenheiten der jeweiligen Bundesländer, was die “Tätersuche” in eine ganz andere Richtung lenkt.

“Er gehe von einer gezielten Aktion gegen die Zweisprachigkeit in Cottbus aus”

Da die Sorben in der Lausitz augenscheinlich einem großen Rückhalt in der Bevölkerung genießen und vieler Lausitzer zumindest Sorbische Wurzeln haben, müssen das offenkundig unhaltbare Zustände für die Geheimdienste sein. Ein kleiner Blick in die lange Geschichte der Sorbenfeindlichkeit dürfte hier Klarheit bringen.

“Wendenabteilung” – “Förderung des Aufgehens der Wenden im Deutschtum”

>>Stadt Bautzen<<

“Zur Überwachung der Sorben wird bei der Amtshauptmannschaft Bautzen die „Wendenabteilung“ gegründet, die bis 1945 besteht. Ihr Ziel ist u. a. die „Aufdeckung jeder wendischen Nationalbewegung als reichsfeindlich“ und die „Förderung des Aufgehens der Wenden im Deutschtum“.

“Wendenabteilung” – “Aufdeckung jeder wendischen Nationalbewegung als reichsfeindlich”

Die sogenannte “Wendenabteilung” wurde bereits kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs ins Leben gerufen und das spätere NS-Regime hat diese geschaffenen Strukturen weiter genutzt. Auch die nachfolgende DDR hat nur sehr oberflächlich die Sorben gefördert, hinter ihren Rücken wurde ebenfalls eine sorbenfeindliche Politik betrieben. Und wie sieht es in der Gegenwart aus?

“Stadt Döbern und der Ortsteil Tschernitz” – “Nicht zum angestammten Siedlungsgebiet der Sorben und Wenden”

>>Berliner Zeitung<<

“Die Stadt Döbern und der Ortsteil Tschernitz der gleichnamigen Gemeinde gehören nach einer Entscheidung des Cottbuser Verwaltungsgerichts nicht zum angestammten Siedlungsgebiet der Sorben und Wenden.”

Sorbisches Siedlungsgebiet: Müssen Städte und Gemeinden die zusätzlichen Kosten alleine tragen?

Jenseits aller Sonntagsreden weicht die Tagespolitik doch erheblich davon ab. Das setzt sich in der Bildungspolitik fort.

„Die Lehrerin kann doch gar kein Sorbisch!“ 

>>Neues Deutschland<<

„Die Lehrerin kann doch gar kein Sorbisch! Sie sagt nur immer: ›Dobry źeń.‹« Das ist Niedersorbisch und heißt: »Guten Tag.« Viel mehr von dieser in der Niederlausitz nur noch wenig verwendeten Sprache der slawischen Minderheit beherrscht die Lehrerin angeblich nicht. Dabei soll sie Niedersorbisch unterrichten.“

Niedersorbisch konnte nur Dank privater Initiativen gerettet werden

Die Schmierereien auf Sorbische Schilder und Angriffe gegen Denkmäler müssen also im Kontext gesehen werden. Es ist daher umso enttäuschender zu sehen, wie diese Werte angegriffen werden. Diese Vorfälle sind also keine isolierten Fälle. Diese senden eine deutliche Botschaft aus: Sorben werden nicht akzeptiert oder respektiert. Dieses Verhalten spiegelt sich in einer generellen Ablehnung ihrer Identität wider.

Lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen gegen Sorbenfeindlichkeit!

An dieser Stelle wäre es vielleicht angebracht ebenfalls eine Botschaft zu senden: Lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen gegen Sorbenfeindlichkeit! Lasst uns zeigen, dass wir als Gemeinschaft zusammenstehen und den Reichtum der Vielfalt feiern wollen. Lasst uns den Dialog suchen und Verständnis füreinander entwickeln. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, eine positive Veränderung herbeizuführen. Nur so können wir die Wurzeln des Hasses gegen Sorben bekämpfen und eine inklusive Gesellschaft schaffen, in der jeder seine Kultur frei leben kann.