Öffentliche Medien & Inflationsberechnung: “Vertrauensschwund in die Problemlösungsfähigkeit der Demokratie beschleunigen”

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Die Inflation ist gesunken. – Oder, die Preissteigerung soll zurückgegangen sein. Für die allermeisten Menschen dürften die Kosten für Wohnen und Energie am wichtigsten sein. Dummerweise hat das Statistische Bundesamt hierzu eine andere Meinung und diese wird durch den Öffentlich-Rechtlich Rundfunk untermauert.

“Bei der Überarbeitung des Statistikamts erhielt zum Beispiel das Wohnen ein geringeres Gewicht”

>>Staatsfunk “Tagesschau” <<

“Bei der Überarbeitung des Statistikamts erhielt zum Beispiel das Wohnen ein geringeres Gewicht, in dem insbesondere die Wohnungsmieten, die Ausgaben für selbstgenutztes Wohnen und Haushaltsenergie enthalten sind.”

Inflationsberechnung: “Gewichtung und Zusammensetzung des Warenkorbes”

>>Staatsfunk “ZDF” <<

“Das Statistische Bundesamt überprüft in der Regel alle fünf Jahre die Gewichtung und Zusammensetzung des Warenkorbes. Denn die Verbrauchs- und Einkaufsgewohnheiten der Menschen ändern sich. Auch die zunehmende Digitalisierung und der demografische Wandel schlagen sich dabei nieder. … Zwar hat der Bereich Wohnen weiterhin das größte Gewicht, es wurde allerdings verringert. Andere Bereiche bekamen mehr Gewicht.

“Hatten Haushaltsenergie und Kraftstoffe bisher ein Gewicht von mehr als zehn Prozent, beträgt dieses nun nur noch knapp siebeneinhalb Prozent.”

Commerzbank-Volkswirt …

“Hatten Haushaltsenergie und Kraftstoffe bisher ein Gewicht von mehr als zehn Prozent, beträgt dieses nun nur noch knapp siebeneinhalb Prozent”

Diese beiden Beiträge sind inhaltlich praktisch identisch. Es wird einfach nur unkritisch die Sichtweise der der Behörde – wie ein amtlicher Regierungssprecher – vermittelt. Zwar wehrt sich der Öffentlich-Rechtlich Rundfunk gegen die Begrifflichkeit “Staatsfunk” – aber in den allermeisten Fällen ist die Bezeichnung gerechtfertigt. Allgemein haben über die Jahre so einige Regierungsbehörden ein recht merkwürdiges Verständnis von Inflation entwickelt.

“EZB erläutert ihren Begriff der gefühlten Inflation”

>>Der Crash ist die Lösung von Marc Friedrich & Matthias Weik (Buch) <<

“Die EZB erläutert ihren Begriff der gefühlten Inflation durch die folgenden Beobachtungen:

»Preisanstiegen wird mehr Beachtung geschenkt als stabilen oder sinkenden Preisen. Laut den Forschern von der EZB bleiben uns Preissteigerungen länger im Gedächtnis, und stabile oder zurückgehende Preise fallen uns weniger auf.«

So weit mag man folgen. Nun führt die EZB weiter aus:

»Häufig getätigte Anschaffungen werden stärker wahrgenommen.«

In den letzten Jahren, so die Forscher, seien die Preise für viele Dinge einigermaßen stabil geblieben oder sogar gefallen. Angestiegen seien sie »nur« bei einigen häufig erworbenen Waren bzw. in Anspruch genommenen Dienstleistungen wie beispielsweise Benzin, Brot oder Bus- und Bahnfahrkarten. So entspreche es nicht dem realen Bild der Preissteigerung, wenn die Verbraucher insgesamt eine Preissteigerung erleben, denn sie haben keinen Überblick über das Gesamtbild, in das die Statistiker die Preise aus quasi allen Marktsegmenten einbeziehen.”

“Häufig getätigte Anschaffungen werden stärker wahrgenommen”

Vielleicht ein kleines Anschauungsbeispiel aus den Untiefen der behördlichen Echokammer: Die Teuerung von Energie ist zurückgegangen und bei der Benennung der Gründe kommt man aus den Staunen nicht mehr heraus.

“Die Teuerung der Energieprodukte hat sich damit deutlich abgeschwächt und lag unterhalb der Inflationsrate”

>>Statistisches Bundesamt<<

“Die Teuerung der Energieprodukte hat sich damit deutlich abgeschwächt und lag unterhalb der Inflationsrate.  … Die Energiepreise werden zudem von den Preisbremsen für Strom, Erdgas und Fernwärme beeinflusst, … . Insgesamt ist die Preisentwicklung bei Energie jedoch durch viele Faktoren geprägt, insbesondere durch die internationalen Einkaufspreise.”

“Energiepreise werden zudem von den Preisbremsen für Strom, Erdgas und Fernwärme beeinflusst”

Die hochgelobten “Preisbremsen” sind nur wenige Monate gültig und inwieweit sie sich wirklich auf die Energiepreise auswirken, diese Tatsache muss mal offen bleiben. Dennoch wurde dieser temporäre Effekt als große Erfolgsmeldung verkündet und in die Inflationsberechnung gleich mit eingepreist. Für diese Informationen des Statistischen Bundesamtes hätte es keinen Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk bedurft: Dies hat die Behörde selbst auf ihrer Webseite mitgeteilt.

“Wirtschaft stagniert, die Inflation stark zunimmt, sich insgesamt die Perspektiven verengen”

Im allgemeinen kann jeder an seiner Energierechnung die Inflation erkennen und solche Kampagnen grenzen eher an Vortäuschen falscher Tatsachen heran. Ab einem bestimmten Punkt werden auch Rufe nach Verantwortlichkeiten laut. Nicht nur die Inflation und die Inflationsberechnung ist in gewaltige Schieflage geraten.

“Der Staat bedient maximal die Zinsen, aber er tilgt in der Regel nicht” – “Und das geht nicht”

>>Sprachlose Elite? von Stine Marg & Franz Walter (Buch) <<

“Der Tenor ist pessimistisch: Heute sei man noch gut aufgestellt – nicht zuletzt dank der Unternehmen als Motor der Gesellschaft –, aber man drohe diesen Status durch hinausgezögerte oder falsche Entscheidungen zu verspielen, wenn man nicht bald gegenlenkt. Auch die Vergrößerung des Schuldenbergs gilt als höchst problematisch: «Der Staat bedient maximal die Zinsen, aber er tilgt in der Regel nicht. Und das geht nicht.» … Unverkennbar entsteht hier eine Haltung, die im Falle einer Krise die Verantwortung für sämtliche Probleme der Politik zuweisen wird und zu einem tiefen Vertrauensverlust führen könnte. Dann, wenn Arbeitslosenzahlen eine kritische Grenze überschreiten, die Wirtschaft stagniert, die Inflation stark zunimmt, sich insgesamt die Perspektiven verengen – dann werden große Teile der Wirtschaftselite, dies deutet sich in den hier geführten Gesprächen an, die Politik dafür verantwortlich machen, werden das Parteiensystem als erhebliche Ursache für den Notstand benennen und auf diese Weise den Vertrauensschwund in die Problemlösungsfähigkeit der Demokratie beschleunigen.”

“Ursache für den Notstand benennen und auf diese Weise den Vertrauensschwund in die Problemlösungsfähigkeit der Demokratie beschleunigen”

Statt Haltung zeigen sollte man zu rechtsstaatlicher Verantwortung zeigen mal übergehen. Der Vertrauensschwund in der breiten Bevölkerung ist kaum zu übersehen und wird durch solche Agieren nur verstärkt.