Nigeria: Christen laut Forschungsbericht im Fokus islamistischer Gewalt

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Entführungen von Priestern häufen sich

Die Beobachtungsstelle für Religionsfreiheit in Afrika (ORFA) hat Ende Juli eine aktuelle Untersuchung der Übergriffe von Islamisten in Nigeria veröffentlicht. Kurz zuvor waren im nigerianischen Lere (Bundesstaat Kaduna) die beiden katholischen Priester John Mark Cheitnum und Denatus Cleopas von Bewaffneten entführt worden; Cheitnum wurde noch am selben Tag ermordet.

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Von Open Doors

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„Christen unverhältnismäßig stark betroffen“

Beobachter, Analysten und politische Entscheidungsträger warnen seit Jahren vor der zunehmenden Unsicherheit in Nigeria, wodurch die Zivilbevölkerung täglich mit Morden und Entführungen konfrontiert ist. Die von der ORFA aktuell zusammengestellten Daten dokumentieren eine Zunahme gewaltsamer Angriffe auf Zivilisten in ganz Nigeria über einen Zeitraum von zwei Jahren (1. Oktober 2019 – 30. September 2021), aufgeschlüsselt unter anderem nach Bundesstaaten. Die Autoren führen aus, dass innerhalb dieser Entwicklung „Christen unverhältnismäßig stark von Tötungen im Zusammenhang mit Angriffen von Boko Haram, ISWAP, bewaffneten Fulani-Hirten und ‘Banditen’ betroffen“ waren. Frans Veerman, Direktor der Forschungsgruppe World Watch Research von Open Doors, erklärt, dass die Relation noch höher ist, wenn man den Bevölkerungsanteil der Christen in den betroffenen Staaten berücksichtigt.

Zu den alarmierenden Ergebnissen des Berichtes passt die zuletzt gestiegene Zahl von Entführungen katholischer Priester wie zuletzt am 15. Juli. Während John Mark Cheitnum noch am selben Tag ermordet wurde, gelang Denatus Cleopas die Flucht. Nach Angaben des katholischen Hilfswerkes Kirche in Not war dies bereits die siebte Entführung von Priestern allein im vergangenen Monat.

Angriffe offenbar gezielt während der Saat- und Erntezeit

In dem ORFA-Bericht wird die Zahl der Tötungen und Entführungen von Christen, Muslimen und Anhängern einer traditionellen afrikanischen Religion sowie von Sicherheitsbeamten und Angreifern in den geopolitischen Zonen und Bundesstaaten Nigerias aufgeführt.

Obwohl viele Gewalttaten nicht gemeldet werden und die Zahlen wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs darstellen, verzeichneten die Forscher die höchste Zahl von Opfern unter Christen und Muslimen: Im Jahr 2020 wurden 3.613 nigerianische Christen wegen ihres Glaubens getötet, im Jahr 2021 waren es 4.303. Die Zahl der getöteten Muslime liegt für beide Berichtszeiträume bei 1.005 bzw. 1.230.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Berichts ist, dass die meisten tödlichen Angriffe während der Saat- und Erntezeit stattfinden. Dies habe zur Folge, dass die Übergriffe „größere Auswirkungen auf das Leben der Opfer haben als Angriffe zu jeder anderen Zeit“, so die Autoren. Und weiter: „Dieser Befund erhärtet den Verdacht, dass die Angreifer darauf abzielen, ihre Opfer, insbesondere die Christen im Norden Nigerias, zu töten oder auszuhungern.“

Jo Newhouse, Sprecherin von Open Doors für Subsahara-Afrika sagt: „Der Kreislauf der Gewalt in Nigeria erfordert dringende Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft. Ganze Gemeinden wurden traumatisiert und entwurzelt, viele Christen sind verzweifelt. Die Situation bedroht die Existenz dieser Nation.“

Auf dem Weltverfolgungsindex 2022 belegt Nigeria den 7. Platz unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.