Unter Beschuss: Wie der „Überwachungsdruck“ die Grundrechte einschränkt

Mit einer Kamera das Nachbargrundstück filmen: Das ist Verboten. Selbst dann, wenn es sich hierbei nur um eine funktionslose Attrappe handele. Alleine das subjektive Gefühl beobachtet zu werden, erzeuge ein „Überwachungsdruck“ – so das Landgericht Koblenz.
Überwachungsdruck: Das subjektive Gefühl beobachtet zu werden
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann sehr weitreichend sein, allerdings mitnichten: Wenn es um staatliche Überwachung geht. Alleine das subjektive Gefühl unter Beobachtung zu stehen: Das kann zu einer Verhaltensänderung führen. Die An- oder Abwesenheit von Kameras oder anderen Überwachungsinstrumenten ist also Entscheidend.
„Handy-Überwachung“ – „Im Umfeld einer Demonstration“
„Landgericht verbietet Handy-Überwachung Umfassende Überwachung, kleine Vergehen: Ermittler hatten im Umfeld einer Demonstration die kompletten Verbindungsprotokolle von Mobilfunkzellen ausgewertet. Das war illegal, urteilt nun das Dresdner Landgericht.“
Videoaufnahmen: Aufruf Kollegen und Bekannte zu denunzieren
„Auf der Seite soko-chemnitz.de fordern die Aktivisten dazu auf, Kollegen, Nachbarn und Bekannte, die vielleicht auf einer der vergangenen Demos waren, zu identifizieren. Es wurden sogar „Kopfgelder“ ausgelobt.“
„Es wurden sogar „Kopfgelder“ ausgelobt“
Neben der klassischen Funkzellenabfragen und gefühlt unzähligen Kameras steht ein ganzes Arsenal an Überwachungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ganze Fahrzeuge inklusive Bedienmannschaften stehen eigens dafür bereit. Was mit den gesammelten Daten später passiert: Das kann eigentlich niemand so recht beurteilen.
Überwachungsfahrzeuge der Polizei
Doch die mittlerweile von Netz genommene Webseite „soko-chemnitz.de“ vermittelte schon mal ein Eindruck davon, wohin die Reise gehen kann. Eine missliebige Demonstration kann sehr schnell zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Unter dem Deckmantel ein „Kunstprojekt“ zu sein, wurde offen zum Denunzieren beim Arbeitgeber aufgerufen. Es bleibt die Frage: Wer will sich unter solchen Voraussetzungen noch auf eine Demonstration getrauen? Auf diese Weise wird sukzessive das Versammlungsrecht ausgehebelt.
Wie das Versammlungsrecht ausgehebelt wird
„Der Deutsche Anwaltverein (DAV) warnt vor dem Einsatz von Gesichtserkennungssystemen an öffentlichen Plätzen und bezweifelt, dass dies den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht. Nach Ansicht des DAV-Präsidenten Ulrich Schellenberg gibt es keine Rechtsgrundlage für diese Maßnahme. … „Wenn massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern an Bahnhöfen gescannt werden, dann greift der Staat schwerwiegend in Grundrechte ein“, sagte der DAV‑Präsident Ulrich Schellenberg … „
„Einsatz von Gesichtserkennungssystemen an öffentlichen Plätzen“
Neben dem Persönlichkeitsrecht ist zugleich auch das Versammlungsrecht tangiert. All diese Überwachungsmaßnahmen zeigen aber auch: Durch Schaffen von Fakten werden die Grundrechte klammheimlich einkassiert und letztlich für Obsolet erklärt.
Durch Schaffen von Fakten werden die Grundrechte einkassiert
In der Praxis stellen sich für jeden Einzelnen hierbei lebenswichtige Fragen. Kann ein Treffen mit einer „falschen“ Person negative Konsequenzen nach sich kann? Könnte die Teilnahme an einer Demonstration meinen Arbeitsplatz gefährden? Kontoabfragen: Führt eine Spende an eine politisch-missliebige Organisation zu Problemen mit dem Behörden?
Überwachungsdruck zeigt Wirkung: Nur ein Minderheit äußert noch frei ihre Meinung
All diese Fragen sind mitnichten einfach von der Hand zu weisen. Denn der „Überwachungsdruck“ zeigt sehr wohl Wirkung: Nur noch eine Minderheit behauptet von sich selbst, seine Meinung noch frei äußern zu können.